Prinzessin oder Erbse
verliebt wäre, dann würde er mich doch anrufen.«
»Warte doch erstmal ab. Vielleicht meldet er sich ja heute.«
Den ganzen Tag liege ich auf unserer Couch und gebe vor, ein Buch zu lesen, doch in Wirklichkeit starre ich nur stundenlang auf ein und denselben Satz und warte auf eine Nachricht von David. Jedes Mal, wenn mein Handy klingelt, falle ich fast vor Schreck vom Sofa, nur um jedes Mal wieder enttäuscht zu werden. Entsprechend ist meine Stimmung, als ich am Montagmorgen zur Arbeit fahre. Mit Ach und Krach bringe ich den Vormittag hinter mich und bin gerade dabei, die neuesten Klatschzeitschriften ganz unten in das überquellende Regal zu stopfen, bevor ich in die Mittagspause gehe, als ich aus Richtung der Tür Davids Stimme höre.
»Hallo, Matthias.«
»Hey, David. Alles klar?«
»Bestens.« Wie aus weiter Ferne dringt das Gespräch an mein Ohr, während mir alles Blut in die Füße sackt und ich mich mitten auf den Boden setze. »Sag mal, ist Fanny noch hier?« Habe ich da gerade meinen Namen gehört?
»Da unten ist sie doch. Sie hat mir übrigens erzählt, dass du ein begnadeter Musiker bist, und mir deine CD vorgespielt. Respekt. Da können wir was draus machen.«
»Super! Allerdings nur unter der Bedingung …«
»Ja, ich weiß schon. Keine Sorge. Keine Coverversionen mit Boyband-Gehüpfe. Wir reden später darüber, ich muss los.« Matthias verlässt den Raum, während ich noch immer regungslos und von meinem Schreibtisch verdeckt auf dem Boden hocke.
»Fanny?«
»Äh, ja, hier.« Noch ehe ich mich aufrichten kann, steht David in voller Größe vor mir und schaut auf mich herunter.
»Was machst du denn da unten?«
»Ich … äh …«, David leibhaftig vor mir stehen zu haben, überschwemmt mich mit einer Welle von Erinnerungen an unsere gemeinsame Nacht und hält mich davon ab, ihm eine witzige und ungemein schlagfertige Antwort zu geben. Bevor ich irgendwas Blödes sage, halte ich lieber den Mund und ergreife stattdessen seine Hand, die er mir hilfreich entgegenstreckt. Wieder könnte ich schwören, die Funken dabei förmlich fliegen zu sehen. Kann aber auch reine Einbildung sein. Kaum stehe ich einigermaßen sicher auf meinen Füßen, entreiße ich David meine Hand.
»Danke.« Würdevoll gehe ich in Richtung Tür davon. Wenn Julia mich jetzt sehen könnte, sie wäre so stolz auf mich. Wer ist jetzt hier die Erbse?
»He, warte doch mal.«
»Worauf?« Ich bin so kühl wie Sharon Stone in »Basic Instinct«.
»Na, auf mich.«
»Und warum sollte ich das tun?« Gekonnt drehe ich mich auf dem Absatz zu ihm um und hebe fragend eine Augenbraue in die Höhe. Gerade will er zu einer Antwort ansetzen, als plötzlich Felix atemlos in der Tür erscheint.
»Fanny«, keucht er, »so, da bin ich. Können wir los?« Verwirrt sehe ich ihn an. »Zu unserer gemeinsamen Mittagspause«, hilft er mir auf die Sprünge und rollt verschwörerisch mit den Augen.
»Richtig, unsere Verabredung«, schalte ich geistesgegenwärtig. »Ja, ich bin so weit. Oder war noch etwas, David?« Dieser sieht mit einem ganz merkwürdigen Gesichtsausdruck von mir zu Felix und wieder zurück. Ich frohlocke innerlich. Was für eine brillante Idee von Felix. Wahrscheinlich hat er David in mein Büro kommen sehen und blitzschnell geschaltet. Und jetzt ist der mächtig eifersüchtig, das kann ich ihm ansehen. Geschieht ihm ganz recht. Wenn er glaubt, er kann mit mir schlafen und sich dann einfach nicht mehr melden. Er soll bloß nicht denken, dass ich ihm hinterherweine.
»Nein, nichts«, sagt er knapp. »Viel Spaß.«
»Danke.« Mit einem strahlenden Lächeln gehe ich auf Felix zu und gebe ihm einen Kuss auf die Wange, als ich plötzlich seine Hand auf meinem Hintern spüre.
»He, was soll das?«, fahre ich ihn an, denn das geht ja nun wirklich etwas zu weit.
»Deine Hose ist ganz staubig.« Eifrig klopft er mir die Kehrseite ab.
»Oh, danke«, sage ich und werde puterrot. Mein Blick trifft den von David, dessen Gesichtsfarbe sich ebenfalls merklich verändert, während er das Schauspiel betrachtet.
»Ich denke, das reicht jetzt«, bremse ich Felix, und er lässt grinsend von mir ab. »Also, tschüss, David.«
»Ja«, sagt der wütend. »Tschüss.«
Wir suchen uns einen Sitzplatz an einer der Fensterwände, wo die Frühlingssonne hereinscheint und die karge Atmosphäre der Studiokantine wenigstens ein bisschen erwärmt. Felix beginnt mit gutem Appetit, seinen überquellenden Salatteller zu leeren, während ich in
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