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Prinzessin oder Erbse

Prinzessin oder Erbse

Titel: Prinzessin oder Erbse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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dran?«
    »Es ist Fanny«, antwortet mein Vater mit Grabesstimme. »Sie will nicht mehr schreiben.« Er tut gerade so, als würde die Welt untergehen. Dabei wird sie doch nur von einer weiteren untalentierten Möchtegern-Schriftstellerin befreit, denke ich sarkastisch. Julia würde mir jetzt wieder eine Standpauke halten, weil ich zu viele negative Gedanken hege und damit ungewollte Bestellungen an das Universum herausschicke. »Mit deinen Gedanken erschaffst du dein Leben. Jeden Tag. Also bemühe dich, das Richtige zu denken.« Als ich allerdings noch dachte, meine Romane würden Bestseller werden, hat das meine Verkaufszahlen schließlich auch nicht positiv beeinflusst. Ein spitzer Aufschrei meiner Mutter reißt mich aus meinen Gedanken.
    »Gib her, Karl-Heinz. Schätzchen, bist du endlich schwanger?« Wie kommt sie denn auf diese Idee?
    »Nein.« Woher auch?
    »Aber warum willst du denn dann aufhören zu arbeiten? «

    »Ich will nicht aufhören zu arbeiten. Ich werde nur keine Romane mehr schreiben«, korrigiere ich sie.
    »Und du bist nicht schwanger? Ganz sicher nicht?«
    »Mama, ich habe doch seit drei Jahren keinen Freund mehr gehabt«, seufze ich.
    »Ja, eben«, kommt es vorwurfsvoll zurück. »Meinst du nicht, dass es langsam mal Zeit wird? Dein Bindegewebe wird schließlich mit den Jahren auch nicht straffer.«
    »Ute!«, ruft mein Vater empört.
    »Ich meine das ja nicht böse«, gibt sie zurück, »aber es stimmt doch. Schließlich hat sie auch fünfzig Prozent von deinen Genen mitbekommen und hast du dir mal die Oberschenkel deiner Schwester angeschaut? Ich möchte nur nicht, dass meine Tochter mit Ende dreißig plötzlich dasitzt, mit nur noch einer Handvoll befruchtungsfähiger Eier und ohne Mann.«
    »Gören kann jeder Hans und Franz produzieren. Aber meine Tochter könnte Literaturgeschichte schreiben«, gibt mein Vater zurück.
    »Was ist denn mit dem Sohn von Meyers von gegenüber? Ihr habt euch doch als Kinder so gut verstanden. Wäre der denn nichts für dich?«, wendet sich meine Mutter wieder an mich.
    »Er ist schwul«, erkläre ich ihr zum etwa zwanzigsten Mal, und wie jedes Mal seufzt sie:
    »Ach ja, richtig. Das hatte ich vergessen.«
    »Sie findet schon den Richtigen, wenn es sein soll«, ruft mein Vater im Hintergrund.
    »Genau. Mach dir keine Sorgen, Mama. Ich fühle mich noch ziemlich fruchtbar.« Gerade will ich ihr erzählen, dass die Mutter von Sarah Connor mit fünfzig Jahren Zwillinge bekommen hat, beschließe dann aber,
dass diese Geschichte ähnlich hinkt wie das Kafka-Argument meines Vaters.
    »Das ist gut. Und was willst du jetzt machen?«
    »Ich fahre morgen zum Arbeitsamt. Immerhin habe ich ein abgeschlossenes Studium.«
    »Sehr schön. Dann sitzt du auch nicht immer nur alleine zu Hause herum. Vielleicht bekommst du einen Job in einem schönen großen Unternehmen.«
    »Jetzt hör aber auf, Ute«, wirft mein Vater ein.
    »Wieso? Ich habe doch gar nichts gesagt.«
    »Ich weiß, Mama, Hochzeitsbörse Arbeitsplatz«, gehe ich dazwischen.
    »Das meinte ich wirklich nicht«, beteuert sie.
    »Schon gut. Wer weiß, vielleicht lerne ich ja wirklich jemanden kennen«, sage ich friedfertig und kann förmlich spüren, wie sie über das ganze Gesicht zu strahlen beginnt.
    »Das wäre so schön. Fanny, wir wollen doch nur, dass du glücklich bist.«
    »Ich weiß, Mama.«
    »Ja, doch, ich gebe sie dir ja … Darf ich mich wohl noch… Also wirklich, Karl-Heinz. Schätzchen, dein Vater möchte dich noch mal sprechen.«
    »Fanny, was ich dir erzählen wollte, gerade letzte Woche hat die Frau Breuer von nebenan dein Buch gekauft. Und sie war ganz begeistert davon.«
    »Das freut mich.«
    »Wirklich, sie fand es richtig toll. Und sie hat gefragt, wann sie dein nächstes Buch kaufen kann.«
    »Karl-Heinz, jetzt hör endlich auf.«
    »Schon gut, schon gut«, sagt mein Vater hastig. »Ich wollte dir ja nur sagen, dass du Fans hast.«

    »Danke, Papa«, sage ich gerührt.
    »Und ich freue mich auch immer, etwas von dir zu lesen.« Gedankenversunken starre ich vor mich hin, nachdem wir das Gespräch beendet haben. Bestens. Meine Mutter möchte Enkelkinder von mir, und mein Vater den Literaturnobelpreis. Und von beidem bin ich meiner Einschätzung nach etwa gleich weit entfernt.
     
    Am nächsten Tag ist meine trübe Stimmung erstmal verflogen, denn direkt im Anschluss an meinen Besuch beim Arbeitsamt habe ich ein Vorstellungsgespräch für einen wirklich interessant klingenden Job. Ich dachte

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