Prinzessin
Mumpitz. Das ist ihr sonnenklar.
Sie ist She. Sie geht. Das genügt.
Zu Mittag hört der Regen überraschenderweise auf, verkümmert nach und nach zu einem unangenehmen Nieseln. Vereinzelt reißt der von Horizont zu Horizont reichende Wolkenteppich auf, entblößt Flecken von nacktem Himmel. Ockerfarben und kränklich ist hinter den trüben Schleiern der Atmosphäre ein verschmierter Ball aus Licht erkennbar.
Sie erinnert sich an wolkenlose Tage und strahlendes Blau, an eine gleißende, heiße, scharf umrissene Sonne. Ein Anblick, den sie vermisst, der ihr seit dem Tag X verwehrt geblieben ist.
Die Hoffnung bleibt, dieses Bild wenigstens noch einmal in ihrem Leben genießen zu können.
She legt eine Rast ein, lässt sich auf einem Stein nieder, nimmt ihr Gepäck ab und bedient sich an ihren Vorräten. Seit der Begegnung mit der Bande schleppt sie reichlich Proviant mit. Kein Grund, sparsam zu sein.
Auch bei sorgfältig präpariertem Schlachtgut empfiehlt sich eine Lagerhaltung nur bedingt. Haltbarkeit ist ein kniffeliges Thema. Wie viele Menschen sind in der Lage, Fleisch zu pökeln? Welchen Unbilden war das Gewebe ausgesetzt, und wie haben sich diese auf die Qualität und auf die Lagerfähigkeit ausgewirkt?
Die Moderne hat das althergebrachte Wissen verdrängt, dem Fortschritt geopfert und damit der Verblödung Vorschub geleistet, was ihr jetzt auf den Kopf fällt.
Herkömmliche Lagerung birgt zahlreiche unberechenbare Gefahren, deshalb besser aufbrauchen, was da ist, solange es gut ist, lautet die Devise. Die Ausbeute ist ohnehin von eher fragwürdiger Qualität. Zum Glück ist sie keine Feinschmeckerin.
Lauer Wind fährt ihr durch das Haar, bewegt die langen, feuer- und rußfarbenen Strähnen, die ungekämmt, ungewaschen, staubig und verfilzt herabhängen. Praktisch, um darin Waffen zu verstecken, aber vom Körpergefühl her nicht so angenehm.
Durchbürsten, entfilzen, sorgfältig färben. Vielleicht schwarz, eventuell rot oder grün. Das würde ihr jetzt gefallen. Träume sind Schäume.
Es ist mild, beinah warm. Sie zieht die schwere Jacke aus, trägt darunter zwei ärmellose Shirts, das obere zerfetzt und grau, verdreckt. Tarnen und täuschen. Sie schnüffelt unter ihren Achseln, verzieht das Gesicht. Verschwitztes, feuchtes Achselhaar, schon länger nicht mehr gewaschen. Baden und rasieren, beides überfällig. Ort und Zeit, ein fatales Duo von Problemen.
Prinzessin .
Das hatte ihre Mutter wiederholt zu ihr gesagt, ihrer Vorliebe für ausgiebiges Duschen wegen, wenigstens zweimal am Tag. Ihr war nichts über das Gefühl der Sauberkeit gegangen.
So, wie sie immer darauf geachtet hatte, auch die verrückteste Frisur stets in Form zu halten. Sie war ebenso penibel gewesen, was das Enthaaren anging.
Ihre Mutter hatte sie als eitle Prinzessin bezeichnet, zwar mit einem Augenzwinkern und im Spaß, niemals vorwurfsvoll, aber doch mit einer Dosis Unverständnis.
Das war, vor ... den merkwürdigen Schrecken, die später die Welt heimsuchten.
Prinzessin. So ein Unfug.
She steht auf, sieht sich um, zuckt mit den Schultern, geht beiseite. Sie zieht die Hosen runter, hockt sich neben ein Gebüsch, drückt und defäkiert. Was aus ihr rauskommt, fühlt sich richtig an, weder Verstopfung noch Durchfall, das stimmt positiv.
Ärgerlich ist nur, dass ringsum nichts Brauchbares zu finden ist, das als Klopapierersatz herhalten kann, also gibt es heute kein Abwischen des Hinterns.
Egal, dann muss es eben ohne gehen. Am Tagesplan steht ohnehin kein Rendezvous mit geilem Arschfick, also spielt das nicht die geringste Rolle. Und das unangenehme Gefühl – sie hat gelernt, damit umzugehen, und sich dafür umso mehr zu freuen, wenn sie über genügend Wasser und Seife verfügt, um sich gründlich zu reinigen.
Welch radikale Abkehr von ihrem vormaligen Verhalten, nach jeder Darmentleerung den Hintern zu waschen. Oh Zeiten, oh Wunder.
Sie uriniert in die hohle Hand – das verursacht eine Spritzerei, so kräftig, wie der Strahl hervorschießt – betrachtet ihren Harn.
Farbe und Geruch des Urins sind ein wenig zu intensiv. Sie tippt die Zungenspitze hinein. Würzig. Klar, sie trinkt zu wenig, die Flüssigkeit ist konzentriert. Mitnichten eine Neuigkeit.
Früher hat sie so viel getrunken, dass ihre Pisse wasserklar und frei von jeglichem Eigengeschmack war. Natursekt wie lauwarmes Wasser. Damit hatte sie zahlreiche lustige Dinge angestellt.
Es hat den Anschein, als wäre alles in Ordnung. Sie zieht die Hosen hoch,
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