Prinzessinnensöckchen (German Edition)
war der Günther dem Pohland sein billiger Angestellter, die andern wurden rausgeekelt und durch neue Leute ersetzt, die dann für Hungerlöhne schuften mussten. Ich denk mal, das war ne geplante, ganz miese Nummer und...«
Sie hörte abrupt auf zu reden, weil sich die Tür geöffnet hatte und ein zweiter Gast eintrat, seinen Schirm demonstrativ ausschüttelte, in die Ablage steckte, zur Theke hinschaute, neutral zu Carmen, finster zu Clara. Die wandte sich sofort ab und flüsterte: »Wenn man vom Teufel... Also den bedienst jetzt bitte du. Ich such mir ein lauschiges Plätzchen und spuck ihm auf die Marmelade.«
Der neue Gast setzte sich an den Tisch, der, wie es Carmen auffiel, am weitesten von dem Günther Wolffs entfernt war. Die beiden Männer würdigten sich keines Blicks.
Ein großer, robuster Mann, Trenchcoat über korrektem schwarzen Anzug, weißes Hemd, dunkle Krawatte, Trauerkostümierung. Typ graumelierter Kleinstadtking, sah wie ein Sparkassendirektor aus.
Und war auch einer. »Großes Frühstück wie immer«, sagte er und sah sie abschätzend an. Unangenehm, wie auf dem Viehmarkt. »Sie sind neu hier? Gestatten, Völkert, ich leite die Sparkasse hier.« Bingo. Carmen nannte ihren Vornamen, Völkert runzelte die Stirn. »Irgendwo her kennen wir uns. Haben Sie ein Konto bei unserem Haus?« Hatte sie nicht. »Schade«, lachte Völkert, »aber kommt ja vielleicht noch«.
Clara hatte inzwischen das große Frühstück auf dem Tablett zusammengestellt, das Schälchen mit der Marmelade sah tatsächlich irgendwie anders aus als sonst. »Könntest du mir einen Gefallen tun? Schenk ihm Kaffee ein und schütt ihm dabei eine Ladung über die Hose. Dorthin, wo es bei Männern am wehesten tut.« Täuschte sich Carmen oder waren Clara und Völkert nicht die besten Freunde?
»Ein Riesenschwein«, erklärte die Kollegin, als sie beide hinter der Theke standen. »Der Sparkassenchef, mit dem hat Pohland immer zusammengesessen, die haben dort ihre Sauereien ausbaldowert. Dem Günther hat der immer Geld geliehen, obwohl er doch wusste, was damit passiert ist und alles den Bach runterging und obwohl die Gerda, dem Günther seine Frau, den angefleht hat, er soll doch den Geldhahn zudrehen. Hat er aber nicht. Und prompt erscheint der Pohland und dann schlachten sie den Günther gemeinsam, verstehst du?«
Verstand Carmen. Und auch, dass man in Oberwied kein Anzeigenblättchen brauchte. Man hatte ja Clara.
Was sich endgültig zeigte, als wieder die Tür aufging und ein durchnässter Kevin in Uniform und mit einem breiten Lächeln auftauchte. »Oha«, sagte Clara, »da lass ich euch beiden Hübschen mal turteln. Muss sowieso in die Küche, den Joey zurechtstauchen. Der träumt wieder.«
Kleinstadt, seufzte Carmen. Natürlich hatte irgendjemand mitgekriegt, dass sie Kevin besucht hatte, noch dazu, als seine Mama beim Kegeln war und das Schlimmste nicht verhindern konnte. Sie ärgerte sich und ließ es Kevin sehen. Der ignorierte ihren strafenden Blick, sagte korrekt »Guten Morgen« und wies auf den Käsekuchen. »Frisch? Dann hätte ich gerne ein Stück zum Mitnehmen.« Das mit dem »Frisch?« war natürlich eine Unverschämtheit. Sie schnitt ihm ein viel zu kleines Stück ab. Fett werden musste der Bursche ja nicht unbedingt. Packte es sorgfältig ein, sagte »zwei Euro«, strich die Münze ein und musste sich ein »stimmt so« von Kevin anhören. Na warte, Kerl.
Als er gegangen war, kam Clara wieder, den wissenden Blick der Artgenossin ins Gesicht geschnitzt. »Netter Typ, das.« Carmen nickte. Stimmte ja auch.
Günther Wolff erhob sich, legte Münzgeld auf den Tisch und wünschte den Damen einen schönen Arbeitstag. »Mach's gut, Onkel Günther«, verabschiedete ihn die Patennichte und seufzte. »Ich hoffe nur, er war's nicht.« »War was nicht?« Clara legte ihre Stirn in Falten. »Der, der den Pohland abgemurkst hat. Wird schon gemunkelt. Dabei trau ich das eher DEM zu.«
DER stand jetzt auch auf, legte die Serviette auf den leeren Teller, aber kein Geld auf den Tisch. »Der zahlt nie«, flüsterte Clara, »Abkommen mit Pohland. Obwohl... der ist ja jetzt tot.« »Chefin da?«, wollte Völkert von Clara wissen. Die hielt ihn keines Wortes für würdig, nickte nur knapp. Als er endlich gegangen war, trat sie so heftig gegen die Theke, dass die Torten wackelten. »Jetzt macht er sich an die Kati ran. Aber bei der holt er sich ne blutige Nase. Hoff ich jedenfalls.«
Sie hatten gerade nichts zu tun und Carmen ging
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