Prinzessinnensöckchen (German Edition)
zur Toilette. Dass sie dafür an Kati Pohlands Büro vorbei musste, traf sich gut. Sie musste auch gar nicht ein Ohr an die Tür legen, hinter der ein lebhaftes Gespräch geführt wurde, das sich bestimmt nicht um das Wetter drehte.
»Interessiert mich doch nicht!« sagte die dunkle Stimme Kati Pohlands. »Sollte dich aber!« entgegnete ihr Völkert. »An deiner Stelle würde ich schwer aufpassen was ich tu und ob ich meine Freunde verprelle!« »Freunde? Dazu zählst DU dich hoffentlich nicht!«
Völkert lachte dreckig. »Du wärst noch froh, wenn ich zu deinem Freundeskreis zählen würde! Hältst du die Bullen für so blöd? Die haben dich auf dem Kieker, Alleinerbin, der Mann ein Schürzenjäger und dazu noch einer, der ein bisschen abartig ist. Söckchensammler, ha!«
Für einen Moment lang schien es Kati Pohland die Sprache verschlagen zu haben. Dann sagte sie, etwas unsicherer und leiser als bisher: »Woher weißt du das mit den Söckchen?« Völkert lachte abermals. »Herrschaftswissen, mein Schatz. Ich weiß noch ne Menge mehr, was die Polizei nicht weiß. NOCH nicht. Also mach mal halblang. Ich ziehe die Sache durch und du hältst schön deinen hübschen Mund. Okay? So, keine Zeit mehr. Und sag deiner Bedienungsschnepfe, wenn sie mir noch einmal ihren Killerblick schickt, kann sie sich was anderes suchen. Bei ihrem bekifften Onkel Günther als Leichenwäscherin, ha, ha.«
Schnell weg. Außerdem drückte Carmens Blase jetzt wirklich.
*
Emily hatte erstaunlich gut geschlafen. Okay, die Tür war abgeschlossen gewesen und der alte Teddy, den sie jahrelang achtlos in der Ecke hatte verstauben lassen, lag neben ihr im Bett. Sie hatte ihm direkt in die schwarzen kleinen Knopfaugen gesehen, als sie erwachte, ihm einen Kuss auf die Nase gedrückt, »Teddy« geflüstert. Gut, dass Hanna das nicht mitbekommen hatte. Aber die war ja nicht über Nacht geblieben, leider. »Ich kümmer mich drum«, hatte sie gesagt, aber nicht, um was sie sich kümmern würde.
Na ja, Schule fiel heute aus. Ihre Mutter hatte sich frei genommen, fand Emily ja auch okay so. Nur nicht alleine bleiben. Zur Not wäre sie auch in die Schule gegangen, man glaubte es nicht. Aber nein, der Arzt hatte ihr geraten, noch einen Tag im Bett zu bleiben, heute Nachmittag zu einer Untersuchung vorbei zu kommen. »Ist nichts Schlimmes, Emily, das sind Wachstumsstörungen.«
Wachstumsstörungen! Nichts Schlimmes! Wenn der wüsste! Gestern vor dem Einschlafen hatte sie sich überlegt, alles der Mutter zu erzählen. Die würde zur Polizei gehen, war schon klar. Hätte sie verkraftet. Aber Hanna wäre mit in die Kacke gerutscht. Verräterin. Fräulein Weichei. Nein, konnte sie nicht.
Egal. Sie hatte gut geschlafen, war einigermaßen ruhig, was an den Medikamenten lag, den Tabletten und der Spritze. Sie würde jetzt ins Bad gehen, sich ausgiebig duschen, dann runter mit Mum frühstücken. So tun, als wäre sie wieder auf dem Damm. Sie fürchtete sich schon vor dem ersten Blick in den Spiegel, sie ahnte, was sie sehen würde.
16
»Hat der Käsekuchen geschmeckt?«
Mittagspause. Sie hatte sich mit Kevin, der heute Nachtschicht hatte, zu einem kleinen Waldspaziergang verabredet. Der Regen hatte aufgehört, der Wind sich verzogen, die Sonne kam heraus.
»Prima wie alles, was aus deiner Hand kommt. Nur ein bisschen klein war's schon.« Er lächelte sie von der Seite an, sie tat empört. »Willst du mir unterstellen, ich würde die Kundschaft betrügen? Das war genau die amtlich vorgesehene Standardbreite für Käsekuchen!« Er hob beschwichtigend beide Arme. »Okay, okay, ich bin da nicht so bewandert. Vielleicht hab ich auch nur mehr Appetit als sonst, weil...« Carmen mochte diese Pünktchenpünktchenpünktchentaktik nicht. Sie zwang einen, nachzufragen. »Weil...?«
»Ach nichts«, winkte er ab. War ihr auch recht. Ihr war kalt. Sie gingen auf einem schmalen Weg zwischen dichten Bäumen, Kevin hatte ihre Hand genommen.
»Erzähl mir mal was über diesen Völkert«, forderte sie ihn auf. Er sagte »aha« und dann »Du bist ja schon wieder beim Detektivspielen. Der hat doch heute morgen euer vorzügliches Frühstück genossen, stimmt's? Dein erster Eindruck?«
»Undurchsichtig, hart und schmierig«, sagte Carmen knapp und Kevin grunzte Zustimmung. »Du hättest Psychologin werden sollen. Stimmt nämlich genau. Völkert ist so etwas wie unsere Ortsausgabe des globalen Finanzhais. Sitzt auf der Kohle, gibt Kredit oder gibt keinen Kredit, protegiert
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