Prisma
Einstweilen reicht es wohl, wenn ich erkläre, dass Sie die außergewöhnlichste Erscheinung sind, die mir je unter die Augen kam.«
»Ich bin mir meiner Einzigartigkeit durchaus bewusst«; erwiderte Martine trocken. »Ich denke, die Details der zahlreichen Veränderungen an mir werden Sie noch mehr erstaunen.«
»Zweifellos.« Sein Blick wanderte weiter zu Evan. »Sie sind es also, der hergeschickt wurde, um herauszufinden, was los war. Wir dachten, Sie seien mit den anderen ums Leben gekommen.«
»Wohl kaum.«
Die hochgewachsene Frau daneben meldete sich zu Wort. Ihr Ton war befehlend und unfreundlich, ganz anders als bei Frazier. »Was ist mit Ihren Anzügen passiert?«
»Martines Anzug wurde von einem umkippenden Baum zerschlagen. Meiner wurde – nun, Sie haben ja selbst gesehen, was die hiesigen Lebewesen mit Metalllegierungen anstellen.«
Frazier nickte. »Wir hatten kaum einen Moment Ruhe, seit wir hier gelandet sind. Ich musste überall rund um die Uhr Wächter aufstellen: vor Gebäuden, Vorratslagern, selbst vor dem Raumschiff.
Es gibt hier irgendeine unterirdische Masse, die es auf Landebeine abgesehen hat.« Er schüttelte den Kopf. »Welch eine Welt!«
»Sie kennen sie nur noch nicht«, meinte Martine.
»Die reinste Hölle«, schnappte die große Frau, »aber mit ungeahnten Möglichkeiten.«
»Mehr, als Sie sich vorstellen mögen«, versicherte Evan ihr.
»Ja, ich bin sicher, dass die Firmenspezialisten sich monatelang mit Ihren Informationen herumschlagen und entscheiden müssen, welche Entwicklung zuerst eingeleitet werden soll.«
Frazier schaute Martine an. »Sicherlich können Sie diesen Leuten den Bereich mit dem aussichtsreichsten Profit angeben.«
Sie starrte ihn unbewegt an. »Schon möglich. Aber erst müssen Sie mir eines erklären.«
Lächelnd beugte Frazier sich vor. »Was Sie wollen, Miss Ophemert.«
»Als Sie gerade eben mit Evan redeten, sagten Sie: >Wir dachten, Sie seien mit den anderen ums Leben gekommene So wie Sie es ausdrückten, dachten Sie, dass jeder hier getötet worden sei, ehe Sie landeten. Warum glaubten Sie, dass alle tot seien? Die Station hätte doch lediglich von einem Defekt des Kommunikationssystems heimgesucht werden können.«
Frazier hob die Schultern. »Die natürliche Vermutung, nachdem wir so lange nichts von Ihnen gehört hatten.«
»Tatsächlich? Ich halte es für natürlicher, an einen Defekt der Kommunikation zu denken, ehe ich zu der Vermutung gelange, dass vielleicht niemand mehr da ist, um sich zu melden.«
Eine unbehagliche Stille trat ein. Evan ließ den Blick zwischen Martine und Frazier hin und her wandern, während seine Gedanken rasten. Dieses Lächeln – wirkte es nicht ein wenig verkrampft?
»Wer war Ihr Kontaktmann im Projekt Prisma?« fragte Martine ihn in scharfem Ton. »Wer hat Ihnen den Auftrag für diesen Flug gegeben?«
»Houlton. Gabriel Houlton.«
»Wer hat Ihnen von meinem Besuch erzählt?« fragte Evan leise. »Wer hat Sie beauftragt, nach mir zu sehen, ehe irgend jemand etwas von mir hörte?«
Frazier schaute zu ihm hoch. »Sumner.«
Evan schüttelte langsam den Kopf. »Nicht gut genug, Frazier. Sumner ist ein kleiner Funktionär, der allgemein bekannt ist. Jeder könnte ihn kennen. Er steht ziemlich weit unten auf der Leiter.« Als Frazier weiterhin schwieg, fuhr Evan fort. »Tatsache ist, dass kaum jemand von meinem Besuch wusste. Es wurde so geheim wie möglich gehalten. Nur ein paar Leute von der Firmenspitze wussten, dass ich herkam.«
»Sie hat nach Humula gefragt.« Martine wies mit einem Daumen in Winonas Richtung. »Sie haben nach Humula gefragt. Kein Wort über den Stationskommandanten, über das Forschungsteam – nur Ihr und mein netter Mörder, Aram Humula. Eine Nebenrolle in unserem kleinen Schauspiel – es sei denn, er war einer von Ihnen und umgekehrt.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Ophemert.«
»Ich fürchte, Sie wissen es sehr gut. Komm schon, Evan! Wir müssen uns mal unterhalten.« Sie wandte sich zum Gehen.
Winona stand zwischen ihnen und den beiden Männern, die den Ausgang bewachten. Alle hielten Nadler in der Hand. »Tut mir leid.« Es klang nicht bedauernd, fand Evan. Er wandte sich an Frazier.
»Ihr Schiff trägt das Firmenzeichen.«
»Natürlich. Es hat doch keinen Sinn, ein Risiko einzugehen. Wie Ihre halbmenschliche Freundin unglücklicherweise feststellte, hielten wir Sie alle für tot, aber als wir nichts mehr von Humula hörten, wurden wir nervös. Wir wussten in etwa,
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