Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
Sie niedergeschlagen?“, wollte Berringer wissen.
„Das konnte ich nicht sehen. Der Typ war im Schatten, und im Haus war kein Licht.“
„Aber dass es ein Kerl war, da sind Sie sich sicher?“
„Ich bin mir nicht mal hundertprozentig sicher, ob ich nicht einfach nur einen Blackout hatte und mit Krassow gekämpft hab. Wissen Sie, in meinem Kopf vermischt sich das alles. Das, was geschehen ist, das, was geschehen sein könnte, all das Blut, das Messer, die schreiende Frau, die Leiche …“ Martinshörner waren in der Ferne zu hören, und ihr Klang wurde beständig lauter.
Anhand der Personenbeschreibung, die Tanja Runge der Polizei hatte geben können, hatte Kriminalhauptkommissar Anderson wahrscheinlich gleich auf Marwitz als mutmaßlichen Täter getippt. Oder vielleicht wusste Tanja Runge sogar, wie Marwitz aussah, und hatte ihn wiedererkannt, schließlich war er der schärfste Konkurrent ihres Vaters gewesen. Daraufhin war Anderson wohl zunächst mit mehreren Streifenwagen zu Marwitz’ Privatadresse gefahren und nun – weil der Event-Manager dort nicht anzutreffen war – zu dessen Büro unterwegs, um Marwitz unter Mordverdacht festzunehmen.
„Da kommen sie schon“, sagte Marwitz und starte Berringer flehend an. „Holen Sie mich da raus, Herr Berringer!“
„Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber an Ihrer Stelle würde ich schleunigst einen Anwalt anrufen.“
„Wenn die mich festnehmen … Ich habe Termine!“
„Herr Marwitz, in Ihrem Zustand sind Sie sowieso nicht in der Lage, irgendwo aufzutreten. Und wenn Sie sich wie Bonnie und Clyde auf die Flucht begeben, können Sie erst recht nicht auf dem Korschenbroicher Schützenfest den großen Zampano geben!“
„Ich kann nicht …“
Berringer ging mit schnellen Schritten zur Tür und verriegelte sie. Ein paar Minuten würde er damit gewinnen, Minuten, die klug genutzt werden mussten.
„Wie heißt Ihr Anwalt?“, fragte Berringer scharf und in einem Tonfall, der klarmachte, dass er die Antwort sofort brauchte.
„Frau Dr. Behrends. Die hat mich manchmal vertreten. Ob sie allerdings auch Strafrecht macht, weiß ich nicht.“
„Fürs Erste reicht das. Es ist ja noch gar nicht gesagt, dass es zum Prozess kommt.“ Berringer griff zum Telefon. „Nummer?“
„Kurzwahltaste drei.“
Offenbar hatte Marwitz öfter mal Streit vor Gericht, sodass anwaltlicher Beistand notwendig wurde. Das Schrillen der Martinshörner wurde unerträglich laut. Durch die Fenster konnte Berringer sehen, wie drei Streifenwagen auf den Platz vor dem Bürohaus mit der Event Agentur anhielten.
Jetzt musste es schnell gehen.
„Kanzlei Dr. Behrends, Schmidtbauer, was kann ich für Sie tun?“, säuselte eine Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
„Die Chefin bitte! Ihr Mandant Frank Marwitz steckt in großen Schwierigkeiten und steht kurz vor der Verhaftung!“
„Hören Sie mal, mit wem spreche ich da? Sind Sie Herr Marwitz?“
„Ihre Chefin – sofort! “, sagte Berringer, und das offenbar derart nachdrücklich, dass er gleich weitergeleitet wurde. Er hatte genau die richtige Dosis Autorität in seinen Tonfall gelegt. Stark genug, um seinen Willen durchzusetzen, aber nicht zu aggressiv, was vor allem bei Telefongesprächen sehr kontraproduktiv sein konnte, schließlich hatte der Gesprächspartner jederzeit die Möglichkeit, einfach aufzulegen.
Unterdessen klopfte es bereits an der Tür der Agentur. „Herr Marwitz?“, rief eine Männerstimme, die durch die Doppelverglasung wie alle anderen Laute deutlich abgeschwächt wurde.
Im nächsten Moment nannte Rechtsanwältin Frau Dr. Behrends am anderen Ende der Leitung ihren Namen und fragte dann: „Was kann ich für Sie tun?“
„Hier Frank Marwitz“, sagte Berringer.
„Herr Marwitz, was ist los? Ihre Stimme klingt tiefer, haben Sie sich erkältet?“
„Frau Dr. Behrends, ich bin heute Nacht neben einem Toten in dessen Haus aufgewacht und hatte ein blutverschmiertes Messer in der Hand. Jetzt will ich mich der Polizei stellen. Kommen Sie bitte sofort ins Präsidium.“
„Herr Marwitz …“
„Danke.“ Berringer legte auf.
Das Klopfen an der Tür wurde heftiger, ungeduldiger.
„Was reden Sie denn da für einen Mist?“, rief Marwitz, der wie von der Tarantel gestochen aufsprang.
Berringer drückte ihn in den Bürosessel zurück. „Ich habe gerade den ersten Schritt getan, um Ihnen zu helfen. Frau Dr. Behrends wird später bestätigen können, dass Sie nicht vorhatten unterzutauchen, sondern
Weitere Kostenlose Bücher