Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
hineingepaßt.
Tony Willis war alles andere als erfreut, als er Jo hereinplatzen sah. Er erhob sich hinter seinem Schreibtisch. Der Mann, der sich in einen der protzigen Ledersessel geflezt hatte, war wie ein Kleiderschrank gebaut und war vermutlich nicht für die Buchführung angeheuert worden.
Als er Jo eintreten sah, bildeten sich auf seinem konturlosen Gesicht tiefe Furchen, die Schlimmes ahnen ließen. Aber Jo wußte, daß dieser Wachhund nur beißen würde, wenn sein Herr es ihm befahl.
"Was willst du?" fragte Tony Willis. "An deinen letzten Besuch habe keine guten Erinnerungen. Im Endeffekt läuft es doch immer darauf hinaus, daß du mir meine Gäste verscheuchst!"
Jo grinste. "Das könnte auch an den Gästen liegen", meinte er. "Aber wie auch immer . Im Moment ist dein Laden ja leer."
"So etwas spricht sich leider herum."
"Dann machen wir es kurz. Ich will mich mit dir unter vier Augen unterhalten."
Tony Willis atmete tief durch und nutzte diesen Augenblick zum Nachdenken. Dann wandte er sich an den Gorilla. "Geh ein bißchen frische Luft schnappen", wies er diesen an.
Der Gorilla baute sich zu voller Größe auf, unterzog Jo einer kritischen Musterung und gehorchte dann - mit sichtlichem Widerwillen.
"Scheint sich viel verändert zu haben, was das Round Midnight betrifft."
"Ja. Es ist ganz anderer Laden geworden mit völlig verändertem Publikum!"
"Publikum mit mehr Geld, wie ich annehme."
"Da nimmst du richtig an."
"Ich frage mich, woher das Geld für solche Investitionen kommt..."
Willis verzog das Gesicht. "Wer weiß, vielleicht drucke ich es einfach!"
"Jedenfalls muß jemand viel Geld hier 'reingesteckt haben. Wem gehört das Round Midnight jetzt?"
Willis ließ die Frage unbeantwortet und meinte: "Was willst du hier?"
"Glenn Peters und Miles McCarthy - arbeiten die für dich?"
"Seit ein paar Wochen, ja. Sechs Tage die Woche ab acht Uhr abends. Warum?"
"Dann hast du mir die Kerle auf den Hals geschickt!"
"Für wen hältst du mich!"
Walker kramte das Bild von der Yonkers-Toten heraus und hielt es Willis hin. "Kennst du sie?"
"Nein."
"Sie hat nicht zufällig für dich gearbeitet?"
"Nein, bestimmt nicht. Und ich habe sie auch noch nie hier gesehen. Sie wäre mir aufgefallen, so hübsch wie sie ist." Willis hob die Augenbrauen. "Sonst noch was - oder war es das?"
"Peters und McCarthy, haben die vielleicht noch eine Art 'Nebenjob'?" hakte Jo nach.
Willis zuckte betont gleichgültig die Achseln. "Das geht mich nichts an!" meinte er. "Ich kümmere mich nur um meine Angelegenheiten."
Jo lächelte dünn.
"Diese Sache könnte schneller deine Angelegenheit werden, als dir lieb ist!"
"Was meinst du damit?" Und dann fiel sein Blick erneut auf das Bild der Toten. Jetzt begriff er. "Ich vergebe keine Mordaufträge, wenn es das ist, was du meinst."
"Wer dann?"
"Kein Kommentar."
"Kennst du jemanden, dem in letzter Zeit vielleicht etwas abhanden gekommen ist? Schwarzgeld, Stoff, irgend etwas in der Art."
Willis kniff die Augen zu engen Schlitzen zusammen und lehnte sich etwas zurück. Er fühlte sich jetzt sichtlich unwohl in seiner Haut. Jo hatte irgendeine Saite in Willis zum Klingen gebracht. Aber nach dessen Gesicht zu urteilen, mußte es wohl ein Mißton sein.
"Ich kann mich ja umhören", grunzte Willis.
"Tu das", nickte Jo in der Gewißheit, von diesem Kerl nicht mehr zu hören zu bekommen. Es mußte seinen Grund haben, daß Willis auf einmal solche Manschetten bekommen hatte.
Vielleicht lag es daran, daß er besonders nah am Vulkan saß und keine Lust hatte, etwas abzubekommen, wenn er zum Ausbruch kam...
*
Der Mann war klein, aber sehr kräftig. Aber das Auffallendste an ihm waren nicht seine breiten Schultern, die ihn noch etwas kleiner wirken ließen, als er in Wirklichkeit war, sondern sein gelocktes, dunkles Haar.
Der Lockenkopf saß in einem Schnellrestaurant mit Blick auf die Straße und kleckerte Hamburgersauce au die Zeitung, die er vor sich ausgebreitet hatte. WER KENNT DIESE FRAU? stand dort und er dachte mit einem Anflug von Zynismus: Das hat sie nun davon!
Es war viel schneller zu Ende gewesen, als er gedacht hatte. Er hatte sie eigentlich für etwas cleverer gehalten. Aber die Leute, die sie gejagt hatten, waren mindestens so clever und der Lockenkopf wußte ganz genau, daß er sehr auf der Hut sein mußte, wenn er verhindern wollte, daß es ihm genau so erging wie ihr.
Er schlug die Zeitungsseite um. Er konnte dieses Gesicht einfach nicht mehr sehen.
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