Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
glauben, Ted handelte nicht aus eigenem Antrieb, als er in die EDV von Jupiter Electronics eindrang?"
"Ja."
"Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?"
"Vor einer Woche. Ich bin bei ihm vorbeigefahren, weil ich mir Sorgen um ihn gemacht habe. Unsere Unterhaltung war nicht sehr ausführlich. Ted hat mich gleich an der Tür wieder weggeschickt."
"Warum?"
"Er hatte jemanden zu Besuch und war sehr nervös. Das war schon merkwürdig. Wenn er sonst mal Freunde da hatte - was selten genug vorkam - hat er sie nie versteckt. Ich habe dann im Auto gesessen und gewartet. Eine Viertelstunde später kam ein gutgekleideter Mann."
"Wie sah er aus?"
"Dunkler Teint, Schnurrbart und nicht größer als eins siebzig."
Jo lächelte. "Sein Autokennzeichen haben Sie nicht zufällig auch aufgeschrieben?"
"Er hat ein Taxi benutzt. Ich bin dann noch einmal hinauf zu Ted gelaufen und habe ihn zur Rede gestellt. Er hat mich beschworen, ihn in nächster Zeit nicht mehr aufzusuchen. Zu meiner eigenen und seiner Sicherheit. Mehr hat er nicht gesagt." Sie seufzte. "Ich hätte früher zu Ihnen kommen sollen, nicht wahr? Ich mache mir Vorwürfe."
"Machen Sie sich nicht selbst verrückt, Charlene!"
"Übernehmen Sie den Fall?"
"Ich tue immer mein Bestes, aber ich kann niemandem Wunder versprechen."
*
In der Tiefgarage, in der Jo seinen 500 SL abgestellt hatte, herrschte eine Art Dämmerlicht. Er hatte ein paar Leuten, die er bei seinen Ermittlungen in der Hacker-Szene kennen gelernt hatte, einen Besuch abgestattet, aber plötzlich schien niemand mehr mit Kommissar X reden zu wollen.
Vielleicht hatte Ted Hughes' Ableben ihnen einen solchen Schrecken eingejagt, daß sie plötzlich die Sprache verloren hatten. Hughes war ja auch kaum der Einzige von ihnen, der in krummen Sachen drinsteckte.
Es waren ein paar verlorene Stunden für Jo gewesen.
Jo öffnete die Tür des Mercedes und stieg ein.
Er hatte noch nicht einmal den Schlüssel ins Zündschloß gesteckt, da spürte er etwas Hartes im Nacken. Er erstarrte mitten in der Bewegung.
"Nicht umdrehen!" raunte ihm eine Männerstimme ins Ohr. "Sonst haben Sie ein Loch um Kopf!"
"Was wollen Sie?" fragte Jo gelassen.
"Erst einmal nur, daß Sie still sitzen bleiben!"
Jo schielte zum Rückspiegel. Aber der Kerl, der hinter dem Fahrersitz emporgekommen war, trug bis zur Nase einen Wollschal und darüber eine Mütze. Immerhin konnte Jo sehen, daß der Kerl blaue Augen hatte, aber das nützte ihm im Moment kaum etwas.
Eine Hand langte nach der Automatic, die Jo im Schulterholster trug, und nahm Kommissar X die Waffe ab.
"Und nun?" fragte Jo.
"Wir machen eine kleine Ausfahrt. Ich werde Ihnen sagen wohin. Tun Sie einfach nur, was ich Ihnen sage."
Jo zuckte mit den Schultern.
"Ich schätze, mir bleibt ohnehin nichts anderes übrig!"
"Fahren Sie los."
Jo lenkte den Wagen aus dem Parkhaus heraus und reihte sich in die rollende Blechlawine ein.
"Die nächste rechts und dann links!" befahl der Mann mit den blauen Augen knapp.
"Sie sind der Boß!"
"Wenn Sie das einsehen, leben Sie länger, Walker!"
"Oh, meinen Namen kennen Sie auch!"
"Maulhalten!"
"Vielleicht sagen Sie mir einfach, worum es geht!"
"Ich sagte: Maulhalten!"
Dann herrschte eine ganze Zeitlang eisiges Schweigen. Erst als Jo erneut abbiegen sollte, meldete sich der Entführer wieder zu Wort. In der Zwischenzeit hatte er mit seiner freien Hand das Magazin aus Jos Automatic gefingert und ließ die Patronen herausrieseln. Dann warf er die Waffe auf den Boden.
Die Fahrt ging über die George Washington Bridge nach New Jersey hinüber. Und dann waren sie waren sie auch bald am Ziel. Der Mann mit den blauen Augen lotste Jo auf einen offenbar stillgelegten Schrottplatz. Nicht nur die abgestellten Wagen, sondern auch die Kräne und Pressen hatten Rost angesetzt und waren vermutlich kaum noch funktionsfähig.
"Halten Sie an, Walker!"
Jo gehorchte.
"Und was nun? Haben Sie sich diesen Ort ausgesucht, um mich ungestört erschießen zu können?"
"Wäre schon möglich." Er lachte häßlich. "Beunruhigt Sie dieser Gedanke?" Er drückte Jo den Lauf seiner Waffe jetzt besonders heftig in den Nacken. "Denken Sie immer daran, daß Ihr Leben hier nichts wert ist. Ich kann hier mit Ihnen anstellen, was immer mir beliebt. Keiner würde einen Schuß oder einen Schrei hören. Wissen Sie, wie weit der nächste Mensch entfernt ist, der Ihnen helfen könnte? Eine Meile, zwei Meilen... Vielleicht noch weiter."
Unweit der eingerosteten
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