Private Games - Der Countdown des Todes
sich mehr als die drei Kinder von Hunter Pierce. Die beiden Mädchen und der Junge in der ersten Reihe trampelten mit den Füßen und stießen die Fäuste in die Luft, als ihre Mutter breit grinsend wieder auftauchte.
Dies war Pierce’ vierter Versuch gewesen – und, wie Knight ihn einschätzte, ihr bester. Nach drei Sprüngen stand sie auf dem dritten Platz nach Südkorea und Panama. Die Chinesinnen mussten sich überraschenderweise mit Platz vier und fünf begnügen.
Sie steuert auf eine Medaille zu, dachte Knight. Sie spürt es.
Wie den größten Teil der vergangenen zwei Stunden stand Knight neben dem Eingang gegenüber vom Zehnmeterturm und beobachtete die Zuschauer und den Wettkampf. Fast vier Tage waren seit Teeters Tod vergangen – vier Tage ohne einen weiteren Anschlag – und ein Tag seit der Entdeckung des Softwareprogramms auf Selena Farrells Rechner, das dazu gedient hatte, die Steuerung der elektronischen Anzeigetafel im Olympiastadion zu übernehmen.
Alle sagten, jetzt sei es vorbei. Die durchgeknallte Professorin zu finden sei wegen der Großfahndung nur noch eine Frage der Zeit. Alle weiteren Ermittlungen wurden eingestellt.
Doch Knight fürchtete sich dennoch vor einem weiteren Mord. Er hatte die ganze Nacht über den Ablaufplan der Wettkämpfe überprüft, um vorherzusehen, wo Kronos als Nächstes zuschlagen könnte. Es müsste ein Wettkampf mit hohem Medieninteresse sein, wie hier im Wassersportzentrum, wo Pierce versuchte, den Altersrekord der Medaillengewinnerinnen in dieser Disziplin zu brechen.
Hunter Pierce hievte sich aus dem Wasser, schnappte sich ein Handtuch und rannte zu den ausgestreckten Händen ihrer Kinder, bevor sie zum Warmwasserbecken ging, in dem sie ihre Muskeln geschmeidig halten wollte. Noch bevor sie dort angekommen war, brach in der Halle die Hölle los: Auf der Anzeigetafel wurden nur Achter und Neuner angezeigt. Pierce hatte sich gerade die Silbermedaille ersprungen.
Auch Knight klatschte noch begeisterter. Die Olympischen Spiele brauchten eine Geschichte fürs Herz als Gegengewicht zu dem Leichentuch, das Kronos über sie geworfen hatte. Pierce war dieses Gegengewicht. Sie trotzte ihrem Alter, ihrer eigenen vertrackten Lebenssituation und den Morden. Sie war sogar so etwas wie die Sprecherin der US -Mannschaft geworden und zog über Kronos her. Und jetzt war sie nicht mehr weit von einer Goldmedaille entfernt.
Mann, was bin ich glücklich, dass ich jetzt hier bin, dachte Knight. Trotz allem sollte ich mich wohl in vielerlei Hinsicht glücklich schätzen, vor allem weil ich diese Marta gefunden habe.
Marta kam ihm wie ein Geschenk des Himmels vor. Seine Kinder waren in ihrer Gegenwart wie verwandelt, als wäre sie eine Rattenfängerin. Luke redete sogar davon, dass er das » Klo für große Jungs« benutzen wolle. Und Marta war unglaublich professionell. Seine Wohnung war noch nie so aufgeräumt und sauber gewesen. Alles in allem war ihm eine große Last abgenommen worden. Somit konnte er sich in Ruhe der Jagd nach dem Verrückten widmen.
Gleichzeitig allerdings hatte seine Mutter angefangen, sich in ihre alte Vor-Denton-Marshall-Welt zurückzuziehen. Sie hatte entschieden, nach den Olympischen Spielen eine Gedenkfeier für Denton abzuhalten, und war in ihre Arbeit abgetaucht. Ihre Stimme hatte wieder etwas Bitteres bekommen.
» Gehen Sie irgendwann an Ihr Mobiltelefon, Knight?«, beschwerte sich jemand.
Erschrocken drehte Knight den Kopf. Pope stand neben ihm am Eingang. » Eigentlich schon, aber ich hatte Probleme damit«, erklärte er.
Das stimmte. Seit ein paar Tagen rauschte es in der Leitung, wenn Knight telefonierte, doch er hatte noch keine Zeit gehabt, das Telefon überprüfen zu lassen.
» Dann besorgen Sie sich ein neues Telefon«, schnauzte Pope. » Ich stehe unter tierischem Druck, und ich brauche Ihre Hilfe.«
» Auf mich wirkt das aber so, als kämen Sie ganz gut allein zurecht«, merkte Knight an.
Sie hatte nämlich in der Sun nicht nur über das berichtet, was auf Farrells Privatrechner gefunden worden war, sondern auch einen Artikel mit den detaillierten Ergebnissen zu Teeters Obduktion veröffentlicht. Teeter hatte einen Cocktail nicht aus Gift, sondern aus Medikamenten erhalten, der seinen Blutdruck und Herzschlag in die Höhe schnellen ließ, was dazu geführt hatte, dass eine Lungenarterie geplatzt war. Das hatte zu dem blutigen Schaum auf seinen Lippen geführt.
Für denselben Artikel hatte Pope interne Infos von Mike Lancer
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