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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er sich selbst um die nächtliche Einlieferung kümmerte und nicht bloß den Bericht seines Oberarztes durchlas und abzeichnete. Bei dem ständigen Wechsel der Belegungen war es unmöglich, sich um jeden einzelnen zu kümmern. Nur die schweren Fälle hatte sich Brosius reserviert, die Schaupatienten, mit denen er seinen Ruhm als Wissenschaftler demonstrieren konnte. In dieser Beziehung war der sonst honorige Mann eitel wie jeder andere Ordinarius. Wer einen Lehrstuhl besetzt hält, muß dafür sorgen, im Gespräch zu bleiben.
    »Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Kaul«, sagte Prof. Brosius und wies auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    Kaul setzte sich. Welche Begrüßung, empfand er wohltuend. Herr Kaul, sagte er. Sogar freundlich war seine Stimme, väterlich fast. Eine Stimme, zu der man Vertrauen haben konnte.
    Peter Kaul atmete auf. Der innere Druck, die Scheu des kleinen Mannes vor dem Titel Professor und vor der Würde und Höhe dieses Namens wich. Er setzte sich, klemmte die flachen, aneinandergelegten Hände zwischen die Knie und sah Brosius vertrauensvoll an.
    Prof. Brosius musterte Kaul durch seine stark geschliffenen Brillengläser. Leptosomer Typ, stellte er nüchtern fest. Unsicher, gehemmt, seelisch verkrampft. Allein die Haltung seiner Hände ist typisch. Eingeklemmt zwischen den Knien. Die ganze Unsicherheit einer getretenen Kreatur kommt da zum Ausdruck. Dieser Mann weiß, was mit ihm los ist. Das erleichtert die Unterhaltung wesentlich.
    »Es ist mir ein Bedürfnis, mich mit Ihnen zu unterhalten, Herr Kaul«, begann Brosius sein psychiatrisches Examen. »Zunächst eine Frage: Haben Sie einen Wunsch?«
    »Ja. Ich möchte hier heraus, Herr Professor!« Brosius nickte.
    »Das werden Sie auch, Herr Kaul.«
    »Danke, Herr Professor«, sagte Kaul glücklich.
    »Bitte, bitte. Was war eigentlich gestern?«
    »Gestern …«
    »Ja.«
    »Da wollte ich nicht mehr, Herr Professor.«
    »Und das kam ganz plötzlich?«
    »Ja.« Peter Kaul stierte auf den Teppich. Wie war das eigentlich? Susanne hatte mich angesehen, als wäre es das letztemal. Ich gehe für immer weg, hatte sie gesagt. Ich halte es mit dir nicht mehr aus. Und Gundi ist blöd, sie wird immer blöd bleiben. »Ich wollte die Welt von mir erlösen, Herr Professor.«
    »Kommen Sie sich so wichtig in dieser Welt vor?«
    Kaul zögerte mit der Antwort. Bin ich wichtig, dachte er wieder. Das habe ich mir nie überlegt. Für Susanne bin ich vielleicht wichtig, denn ich bin ihr Mann. Und für die Kinder bin ich wichtig, denn ich bin ihr Vater. Aber sonst? Für einen anderen? Macht es denen etwas aus, wenn ich nicht mehr da bin? Ändert sich etwas, wenn ich in der Ruhr ersoffen wäre? Wären die Ratenkassierer weggeblieben aus Mitleid? Hätte man die Kredite gestrichen, weil Susanne nun eine arme Witwe ist? Nein, o nein! Sie hätten alles wieder herausgeholt aus der Wohnung. Wie die Leichenfledderer wären sie über die Hinterbliebenen Kauls hergefallen. Sie hätten die Kinderbetten unter den schlafenden Kindern weggezerrt, sie hätten Susanne den Mantel vom Körper gezogen.
    »Es ist alles so schrecklich, Herr Professor«, sagte Peter Kaul leise. Seine Stimme schwankte. Prof. Brosius machte sich einige Notizen auf dem Block, der vor ihm lag.
    Neigt zu weinerlichen Ausbrüchen, schrieb er.
    »Was ist schrecklich, Herr Kaul?«
    »Das Leben.«
    »In Ihrer Sicht?«
    »Überhaupt.«
    »Warum trinken Sie?«
    »Zuerst aus Verzweiflung, dann aus Angst. Jetzt muß ich trinken. Es ist alles so wundervoll, wenn man getrunken hat. Sie sind vielleicht der einzige Mensch, der mich versteht …«
    »Bestimmt …«
    »… man kann eine Hexe schön finden …«
    »Ich kenne das.«
    »… man sieht gegen die Zimmerdecke und fühlt sich wie auf einer Wiese. Das harte Bett ist weich wie eine Welle, die einen fortträgt. Es ist nicht kalt, und es ist nicht warm. Es ist alles so vollkommen …«
    Prof. Brosius nickte wieder. Halluzinose, 1. Stadium, notierte er auf seinem Block. »Seit wann haben Sie das?« fragte er milde.
    Peter Kaul sah erstaunt zu ihm empor.
    »Was habe ich?«
    »Dieses Glücksgefühl nach dem Trinken.«
    »Schon immer. Schon beim erstenmal.«
    »Und jetzt?«
    »Ich verstehe Sie nicht, Herr Professor.«
    »Wie fühlen Sie sich jetzt?«
    »Elend.«
    »Brechreiz?«
    »Ja. Und Durst.«
    »Nach Alkohol …«
    »Nein. Nach Wasser. Nach schönem, klarem Wasser. Eiskalt könnte es sein.«
    Prof. Brosius legte seinen Kugelschreiber auf den Block. Jetzt simuliert er,

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