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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dachte er. Jetzt gibt er eine kleine Privatvorstellung. Natürlich hat er Durst nach Alkohol! Für einen Alkoholiker ist Wasser ein Gesöff des Teufels. Schon der Gedanke an Wasser erzeugt bei ihm ein Würgen. Er lächelte und beugte sich zu Peter Kaul vor, der langsam von seinem Stuhl aufstand.
    »Soll ich Ihnen eine Flasche Sprudelwasser kommen lassen?«
    »O bitte, Herr Professor.«
    »Sie wird Ihnen gleich gebracht.« Er erhob sich ebenfalls und funkelte Kaul durch die dicken Brillengläser an. »Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Herr Kaul.«
    »Und ich kann jetzt nach Hause gehen?«
    »Um fünfzehn Uhr wird Ihre Frau kommen«, wich Professor Brosius aus. Über Kauls Gesicht zog ein helles Leuchten. Susanne liebe, gute Susanne.
    »Danke, Herr Professor.« Seine Stimme schwankte wieder, diesmal vor Glück und unterdrückter Freude. »Ich wußte, daß Sie mich verstehen.«
    »Dazu bin ich ja da und Sie hier.«
    »Und wo kann ich solange warten?«
    »Wieso warten?«
    »Bis ich abgeholt werde.«
    »Ach so. In Ihrem Zimmer.«
    »In dieser widerlichen Gesellschaft?«
    Prof. Brosius zog das Kinn etwas an. »Herr Kaul«, sagte er, und seine Stimme nahm eine belehrende Tonart an, »es sind arme Menschen. Einer von ihnen ist sogar ein Akademiker. Sie werden sich schon bald eingewöhnen.«
    Peter Kaul hob die Schultern. Dann nickte er. Man soll den Professor nicht verärgern, dachte er. Er war so nett zu mir. »Bis drei Uhr geht's bestimmt …«
    »Na also!«
    Prof. Brosius wartete, bis Kaul gegangen war. Dann verließ er sein Zimmer durch eine andere Tür und kam in eine Art Salon. Dort wartete Pfarrer Merckel und trank in langsamen, vorsichtigen Schlucken ein Glas Rotwein.
    »Was sagen Sie von meinem Schützling?« fragte Pfarrer Merckel und verfolgte die Bewegungen des Professors, der sich mit einem leisen Seufzer ihm gegenübersetzte. Das Seufzen gefiel Merckel gar nicht. Er ahnte Komplikationen.
    »Ein netter, ruhiger, höflicher Mann, bestimmt.« Prof. Brosius griff in die Zigarrenschatulle und schnitt eine Zigarre mit einem Keilschnitt ab. »Aber, wie wir ahnten, bereits durch den Alkohol voller Psychosen und im Beginn einer Halluzinose.«
    »Das ist ja schrecklich«, rief Pfarrer Merckel in ehrlichem Entsetzen. »Er ist ein fleißiger Arbeiter, Herr Professor. Ich habe mich überall erkundigt: Er kann wie ein Panjepferd schuften und wird nicht müde.«
    »Und dann überkommt es ihn.«
    »Ja. Aus Angst und einem Schuldgefühl, das er gar nicht zu haben braucht. Hat er mit Ihnen nicht darüber gesprochen?«
    »Nein.« Brosius steckte seine Zigarre an. »Dann erzählen Sie es mir, Herr Pfarrer.«
    Pfarrer Merckel sah auf seine Hände. Sie zitterten. Jetzt zwei oder drei Steinhäger und ich bin wieder ganz ruhig. Man braucht ja nicht mehr viel, die Nerven sind für jeden Tropfen dankbar.
    »Mein Beichtgeheimnis …«, sagte er leise.
    »Quatsch! Wenn wir Kaul damit heilen können.«
    »Trotzdem. Er muß es Ihnen schon selbst sagen.«
    »Also muß er hierbleiben. Das ist auch das, was ich Ihnen nach dieser ersten Begegnung sagen wollte: Es wird ihm gut tun, einige Zeit hierzubleiben. Vielleicht taut er dann auf, und neben der Entziehung des Alkohols dringen wir auch tiefer in seine Seele und können diesen Schock lösen. Um drei Uhr kommt seine Frau?«
    »Ja. Mit den Kindern.«
    »Sie weiß, daß er hierbleiben muß?«
    »Sie ahnt es. Aber ich werde es ihr nachher sagen.« Pfarrer Merckel stand auf. Seine Sehnsucht nach einem scharfen Schnaps wurde übermächtig. O Gott, was ist aus deinem Diener geworden, dachte er. Wenn sie alle wüßten, wie ich bin. Wenn es Brosius wüßte … »Sie will auch Anzüge und Wäsche mitbringen.«
    »Das reden Sie der guten Frau bitte aus. Mir sind meine Patienten sicherer in der Anstaltskleidung. Sie verstehen, Herr Pfarrer. Im ›Lazarettsportanzug‹, wie wir früher den Pyjama nannten, geht niemand heimlich spazieren.«
    Pfarrer Merckel verabschiedete sich schnell und verließ die Anstalt. In der nächsten Kneipe kehrte er ein, stellte sich an die Theke, bestellte einen Doppelkorn und trank ihn genüßlich, mit schnellen Schlucken. Wie das befreit, empfand er beseligt. Wie das entspannt! Wie das den ganzen Menschen durchrinnt gleich einer feurigen Kraft. Bis in die kleinsten Blutgefäße dringt es.
    Unterdessen war Peter Kaul wieder von Judo-Fritze in Empfang genommen worden. Im Flügel III, auf dem Flur vor Zimmer siebzig, empfing sie ein wüstes Geschrei. Zwei Pfleger zerrten

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