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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beste Zimmer, muß man wissen!), ein Nachttisch, ein Spiegel, so gehängt, daß man das Bett darin sehen konnte (wie gesagt, das beste Zimmer war Nummer zehn), eine Wäschekommode, darauf eine Figur aus Porzellan. Nacktes Mädchen. Sylphidenhaft. Nur hatte es jemand bemalt … mit Lippenstift rot die Brustwarzen, mit Schuhcreme schwarz den Schoß. Emmerich Blades hatte sich darüber schiefgelacht. Verdammt, hatte er fröhliche Gäste!
    Dr. Linden setzte sich wieder und schob die Beine aus dem Bett. Er war in Unterhosen, sein Anzug lag über dem Stuhl. Emmerich hatte ihn ausgezogen.
    »Sie wissen also, wer ich bin?« fragte Dr. Linden. »Ich nehme an, daß Sie nicht fragen werden.«
    »Nee, dat dünn mer nich«, sagte Blades freundlich.
    »Ich möchte ungestört sein! Stört es Sie, wenn ich trinke?«
    »Aber nä! Wenn Sie dat Jerammel aus den anderen Zimmern nich stört, Herr Doktor …«
    Linden schüttelte den Kopf. Hier also bin ich, dachte er. Ein Studentenlied fiel ihm ein, das allerdings in keinem Kommersbuch stand: Gehn wir in ein Hurenhaus – hinten 'rein, vorne 'raus! Nun war er drin. Einquartiert zwischen quietschenden Betten und schnaufenden Mäulern, bezahlten Seufzern und ehrlich erarbeitetem Schweiß.
    »Können Sie mir ein paar Flaschen holen?« fragte er. Emmerich nickte beifällig.
    »Ist alles im Haus, Herr Doktor. Vom Sekt bis zum Kümmel!«
    »Dann Sekt!«
    »Sekt?« Emmerich schien Erfahrung mit Trinkern zu haben. Ein echter Säufer verabscheut Sekt, er schmeckt ihm wie sauer gewordenes Sprudelwasser.
    »Jawohl. Schampus!« Dr. Linden sprang aus dem Bett. Er schwankte ein wenig auf unsicheren Beinen, und Henny, die Gute, stützte ihn, holte die Hose, hielt den Bund auf und half Dr. Linden, einzusteigen. Da seine Finger noch ohne Tastgefühl waren, knöpfte sie ihm sogar den Hosenschlitz zu. Dienst am Kunden in der Pension Blades.
    Emmerich eilte, um den Wunsch nach Sekt zu befriedigen. Unterdessen rasierte sich Linden unter den Augen Hennys, stellte fest, daß sie nach der Klassifizierung Prof. Hollermanns eine ausgebildete Scheibenbrust hatte, der sie durch einen spitzen Büstenhalter etwas Wehrhaftes gab, lächelte sie im Spiegel an und fragte sie: »Wie alt sind Sie?«
    »Zweiunddreißig!«
    »Sehen noch gut aus, trotz Ihrer Spritzen.«
    »Finde ich auch. Und Sie sind ein eleganter Mann, Herr Doktor. Wir zwei sollten uns mal unterhalten, wenn Emmerich wieder besoffen ist.« Ihre starren Augen glühten auf.
    »Dann bin ich es auch, Puppe!«
    »Dann sauf hinterher!«
    »Man sollte sich das überlegen.«
    Blades kam mit zwei Flaschen Sekt zurück. Er entkorkte eine, stellte sie ins Waschbecken und rieb sich die Hände.
    »Vierzig Mark, Herr Doktor.«
    Ohne zu handeln, warf Dr. Linden zwei Scheine hin und ergriff die Flasche. Die ersten Schlucke waren wie ein Bad in einem eisigen Gebirgssee … aber dann durchrann ihn die Wärme und entspannte seine nächtliche Verkrampfung. Er tippte mit den Fingerspitzen an den Flaschenhals, strich leicht über die Wölbung … er spürte jede Unebenheit im Glas, jede Welle – er hatte seinen Tastsinn wieder.
    Zwei Stunden blieb Dr. Linden allein und trank nur eine Flasche leer. Unruhig ging er im Zimmer hin und her, hörte nebenan durch die dünnen Wände das nilpferdähnliche Prusten eines morgendlichen Erotikers, stellte sich ans Fenster und sah hinunter in den schmutzigen Hof, wo ein Kind auf einer Mülltonne saß und ein Butterbrot aß.
    Ein Klopfen an der Tür riß ihn herum. Sein erster Gedanke war: eine polizeiliche Kontrolle. Dann redete er sich Ruhe und Vernunft ein, sagte laut: »Bitte!« und blieb am Fenster stehen.
    Eine Frau trat ein. Eine schöne Frau. Ihr Gang war wiegend, der Rock kurz, die Beine lang, das Kleid eng, um Brust und Hüften modelliert. Darüber trug sie einen Flauschmantel. Ihre falbenfarbig gefärbten Haare trug sie in leichten Wellen bis zur Schulter. Auf den ersten Blick war man versucht, sich zu verbeugen und ihre Hand zum Handkuß hoch zu nehmen. Aber dann waren die Lippen da mit den steilen Falten in den Mundwinkeln, die Augen, schwarz umrandet und rötlich, die Form des Gesichtes, die an einen halbgefüllten Luftballon erinnerte, glatt, aber doch schlaff.
    Dr. Linden wartete ab. Er schwieg.
    »Ich heiße Jutta«, sagte die Besucherin. »Man nennt mich allgemein ›Die Gräfin‹.« Ihr Lächeln war schön, wenn ihre ordinären Lippen nicht gewesen wären. »Ich war einmal mit einem Grafen verheiratet, wissen Sie. Graf de

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