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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit Herrn Dr. Linden zu lösen, da er in den letzten Tagen Zimmer und Bettzeug beschmutzte und sich so benahm, daß die anderen Gäste unseres Hauses sich beschwerten.
    Nach dem Auszug von Herrn Dr. Linden erlauben wir uns, Ihnen beiliegend eine Rechnung über Sonderleistungen an Reinigungsgebühren vorzulegen, vor allem über die Anschaffung eines neuen Bettvorlegers, da der alte unbrauchbar geworden ist …«
    Brigitte Linden las den Brief mit tränenlosen Augen. Sie benachrichtigte sofort ihren Anwalt, holte ihre Tochter von der Schule ab und zeigte ihr den Brief.
    »Das ist ja Papi …«, sagte das Mädchen leise.
    »Ja. Er ist in Köln. Jetzt wissen wir endlich, wo er lebt. Wir fahren sofort zu ihm …«
    »Aber er ist doch gar nicht mehr in dem Hotel!«
    »Er ist in Köln. Das genügt! Wir werden ihn finden, ganz gleich, wo er sich versteckt hält! Die Kriminalpolizei kennt die Schlupfwinkel. Wir werden ihn zurückholen! Ich weiß jetzt, was geschehen ist … er braucht nicht wegzulaufen.«
    »Und was ist geschehen, Mutti?«
    »Später, mein Kleines. Erst müssen wir Papi finden.« Brigitte Linden nahm den Brief, legte ihn ins Handschuhfach und ließ den Motor an. Minuten später schoß der weiße Sportwagen über die Autobahn nach Köln.
    Es war um die gleiche Zeit, in der Dr. Linden die ›Gräfin‹ küßte und wußte, daß es danach kein Zurück in das sogenannte bürgerliche Leben mehr gab …

8
    Köln erwies sich für Brigitte Linden als der berühmte Heuhaufen, in dem man eine Stecknadel suchen soll. Wenn sich jemand in die Einsamkeit der Wälder verkriecht, auf einen Bauernhof, in eine Heidekate, auf einen Berggipfel, ist es leicht, ihn aufzustöbern. Inmitten von siebenhunderttausend Menschen einer Großstadt aber ist er wie eine in einem Wasserfall tanzende Luftblase, ein winziges Teilchen im brodelnden Schaum der Menschen, ein Gärungsseufzer in der Hefe – weiter nichts! Nirgendwo ist man anonymer und sicherer als in der grauen Masse einer Großstadt. Heuschrecken, Termite unter Termiten …
    Der Hotelier gab eine präzise Beschreibung des Gastes, der bei ihm nur als Betrunkener gewohnt hatte und den er nie nüchtern sah. »Es war furchtbar«, sagte er, als er sah, daß die Frau des akademischen Säufers Haltung genug hatte, die Wahrheit zu hören. »Mein Gott, wir trinken alle gern einen, wir sind keine Engel, o nein – auch ich habe manchmal einen am Ohr gehabt, und meine Frau hat mich ausziehen müssen und hat mich ins Bett gebracht, und hinterher, am Morgen, da habe ich mit meinen Haarspitzen Musik machen können … so etwas ist ja menschlich, gnädige Frau. Aber Ihr Herr Gemahl … ich meine, das war zu toll! Nur saufen und kotzen – Verzeihung, aber anders kann's nicht genannt werden –, nur so im Bett liegen, die Flasche im Arm … mein Hotel ist zwar kein erstrangiges Haus, ich weiß das selbst, aber ein wenig muß ich doch auf den Ruf sehen!«
    »Was muß ich bezahlen?« fragte Brigitte Linden steif.
    »Hundertfünfundzwanzig Mark, wenn's recht ist. Wir haben Ihnen ja eine spezifizierte Rechnung …«
    Brigitte Linden bezahlte und verließ mit ihrer Tochter das kleine, dumpfe Hotel. Auf der Straße setzten sie sich in den Wagen und starrten durch die Scheibe auf das Straßenleben.
    »Warum tut Papa so was, Mutti?« fragte das Mädchen. Brigitte Linden zuckte zusammen.
    »Ich weiß es nicht, mein Kind.«
    »Papa hat doch nie getrunken. Das heißt … so getrunken. Wenn, in Gesellschaft und so, dann war er immer lustig und alle waren begeistert von ihm. Warum hat er denn jetzt plötzlich …«
    »Ich weiß es nicht, Kleines.« Brigitte Linden strich sich über das Gesicht. Wie kann man erklären, was man selbst nicht versteht? »Vielleicht hängt es mit dem Unfall von früher zusammen, vielleicht hatte Papa heimlichen Kummer, er muß einen Schock bekommen haben … das Verschwinden dieses Mädchens Karin hat ihn sehr erschüttert …« Sie hob hilflos die Schultern. »Ich weiß es nicht …«
    Die nächste Fahrt führte zur Polizei. Im Präsidium reichte man sie zunächst von Zimmer zu Zimmer weiter, bis sie an einen Polizeirat gerieten, der bedingt zuständig war. Vorher hatte man sie zur Sittenabteilung geschickt, die auch nicht weiter wußte.
    »So etwas erleben wir gar nicht so selten«, sagte der Polizeirat tröstend. »Ein Mann – oder eine Frau – kommt in einen Rausch, entdeckt in sich den Alkoholiker und rutscht ab! Nach einiger Zeit finden wir sie dann an den uns bekannten

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