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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bist ein Teufel von einem Mann«, sagte sie mit rauher Stimme. »Es wird bei uns noch hoch hergehen, wenn du auftauchst. Die anderen Weiber … oh, ich zerkratze sie bis zur Unkenntlichkeit, wenn sie dich anhimmeln!« Sie sah ihn darauf nachdenklich an und bemerkte auch das mokante, wie gefrorene Lächeln um seine Lippen. »Du … so darfst du uns nicht ansehen«, sagte sie leise und strich über seinen Mund, als könne sie damit das Lächeln auslöschen. »Wir haben ein feines Gefühl für solche Dinge. Wir sind Säufer und Huren, jawohl, aber wenn wir lieben und wenn wir Kameraden sind, dann erobern wir die Hölle! Wir merken sofort, wenn uns jemand verachtet oder lächerlich nimmt! Dann kennen wir keine Gnade, verstehst du das?«
    »Ich verstehe alles, Gräfin.« Dr. Linden angelte nach einer Flasche, die hinter ihm auf dem Nachttisch stand. »Wir sollten nicht so viel reden, Gräfin! Die wahre Freude liegt im schweigsamen Genuß.« Er setzte die Flasche an den Mund, trank ein paar tiefe Schlucke und reichte sie dann an Jutta weiter. »Weißt du, daß ich eine wunderschöne Frau besitze?«
    »Ich nehme es an … ein Mann wie du.«
    »Und eine entzückende Tochter.«
    »Natürlich.«
    »Und eine Villa mit Park, Swimming-pool und einem Tennisplatz und einem Reitplatz …«
    »Du bist schon ein toller Kerl, Doktor!« Jutta, die Gräfin, trank und warf dann die leere Flasche aufs Bett. »Aber wo ist das alles? Wo ist deine wunderschöne Frau? Wo deine entzückende Tochter? Wo Villa, Park und all der Klimbim? Ist das alles hier? Nee – nichts ist davon hier. Nur ich bin hier … ich bin da … Faß mich mal an … wie ich da bin!«
    Dr. Linden nickte und zog Jutta an sich. »Ja, du bist da«, sagte er heiser. »Verdammt, man sollte sich immer an das halten, was man hat!«
    Vor der Tür warteten die drei Trinker auf ein Zeichen, ins Zimmer kommen zu dürfen. Doch statt dessen wurde von innen her der Schlüssel 'rumgedreht. Es knirschte laut und unüberhörbar.
    »Kommt, Jungs!« sagte Emil, der Fisch. »Seht ihn euch heute abend an. Jetzt macht der Doktor erst eine Injektion!«
    Sie lachten laut. Polternd stolperten sie die steile Treppen hinunter.
    In einem Zimmer unter dem Dach starb an diesem Abend Karin von Putthausen. An Alkoholvergiftung.
    Das Zimmerchen lag verborgen in dem großen Haus des Handelsherrn und Gutsbesitzers von Putthausen, und an dem Bett der Sterbenden stand nur die alte Martha, die seit dreißig Jahren den Haushalt führte und Karin großgezogen hatte.
    Das klingt wie der Beginn eines feudalen Familienromans: Auf dem Gute derer von Putthausen geschah es unter Eichen und rauschenden Linden, daß das Edelfräulein … Es mag heute befremdend klingen, kitschig und lebensunwahr, aber hier war es noch so. Es gab bei den Putthausens das Rittergut mit dem Eichenwald, es gab eine Martha, die dreißig Jahre lang diente und keine Ahnung von Tariflöhnen und Gewerkschaften hatte, es gab eine eiserne, harte Tradition in diesem Haus, die besagte, daß ein Mädchen wie Karin von Putthausen in einer Gesindekammer unter dem Schieferdach zu sterben hatte, weil ihr Leben nicht des Namens von Putthausen würdig war.
    Und so verging Karin an diesem Abend, eingebettet in Alkohol, zerfressen von Rauschgift, getötet von Leidenschaften, die stärker waren als ihre Lebenskraft. Sie starb in einem Rausch, der ihr höchstes Glücksgefühl vermittelte. Bevor sie in Bewußtlosigkeit fiel und durch das Gift starb, zu dem der Alkohol in ihrem geschwächten Körper wurde, machte sie das Stadium süßester Halluzinationen durch. Sie träumte von den Umarmungen eines Mannes, der einen flammenden Leib hatte und einen mächtigen Phallus, der wie eine Sonne leuchtete. Bei der Vereinigung mit ihm spürte sie auch sich in Flammen aufgehen, die Erde, auf der sie lagen, verwandelte sich in Lava, der Himmel war ein Feuermeer, die Welt war zurückversetzt in den Urzustand der Zeugung, und sie, das Mädchen, und der Sonnengott zeugten eine neue Erde, auf der die Lebewesen nur atmen konnten, wenn sie sich liebten.
    In diesem höchsten Taumel der Wunschbilder ereilte sie der Tod. Himmel und Erde erloschen, die Flammen sanken zusammen, ein Meer überspülte alles, ein graues, stinkendes Meer, das nach Fusel roch …
    Die alte Martha, übriggeblieben aus der Zeit der Sagen, in denen die Dienerin der Gnädigen noch die Hand küßte, drückte Karin die aufgerissenen, in die Seligkeit starrenden Augen zu.
    Dann zog sie ein Laken über das

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