Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
bitte!«
Kennen Sie Ihren Seneca? »Wir sollten für das Leben lernen!« Seneca schleuderte die folgende berühmte Anklage in seine damalige Welt: »Wir lernen [nur] für die Schule, nicht für das Leben!« Das war eine schwarzgallige FESTSTELLUNG Senecas über das damalige römische Bildungssystem. Daraus haben die Halbgebildeten seit jeher den umgekehrten Satz gebildet und als vermeintliches Seneca-Zitat verbreitet: »Wir lernen für das Leben, nicht für die Schule.« Leider lernen wir aber immer noch für die Schule! Wollen wir nicht endlich für das Leben lernen?
Es ist also ein uraltes Problem, dass wir für den Lehrer, den Professor und immer die nächste Prüfung büffeln. Wir schauen kaum über die Abschlussprüfung hinaus. Uns fröstelt vor dem Datum, ab dem wir uns bewerben müssen. Die wenigsten von uns freuen sich auf das Abschlussdatum, damit sie endlich etwas Richtiges arbeiten können! Weil wir fast alle diese Bange fühlen, nun im Beruf Fuß fassen zu müssen, kümmern wir uns kaum um die Erwartungen, die man da draußen an uns hat. Wir hoffen, Arbeitgeber zu finden, die Verständnis für etwaige Defizite haben, uns trotzdem einstellen und uns eine faire Chance geben, uns zu bewähren. Mit den etwaigen Defiziten setzen wir uns aber nicht ein bisschen auseinander!
Ich habe als Professor einst auch Lehramtsstudenten betreut. Es war kaum eine Diskussion möglich, ob meine Studenten überhaupt gute Lehrer sein könnten! »Das findet sich dann schon.« Ich hielt ihnen vor, grottenschlechte Seminarvorträge gehalten und nichts richtig erklärt zu haben. »Bekomme ich jetzt den Schein nicht?« Ich wurde mit Studenten böse, die absolut keine Ahnung im Fach hatten. »Ich wollte Deutsch als Fach nehmen, aber ich habe einen zu starken Dialekt und kann keine Rechtschreibung. Aber ich habe Kinder sehr, sehr gern, deshalb werde ich Lehrer. Da habe ich Mathematik als Fach genommen, ist ja egal, außer Deutsch mag ich keins, da nehme ich eins, wo ich eine Stelle bekomme.« Ich habe nun schon viele Jahre meine Familie mit solchen authentischen Fällen beim Abendbrot genervt. Jetzt promovieren beide Kinder und sehen es selbst: Das Leben sehr vieler Studenten hört mental am Datum der Abschlussprüfung auf, bei manchen sogar alle zehn Tage bei der nächsten Klausur.
Eine Vorbereitung auf einen späteren Beruf ist die Ausnahme. Man kann doch als Student Praktika bei Firmen absolvieren, als Werkstudent arbeiten oder im Rahmen studentischer Beratungsfirmen an Projekten mitarbeiten! Man kann ins Ausland gehen und am besten gleich noch eine der anderen Weltsprachen erlernen. Im Grunde steht die Welt offen. Aber die Tür von Schule/Uni zur Welt wird meist nicht wahrgenommen.
Es gibt auch Besessene, die Praktikumsbelege (nicht Praktikumserfahrungen) wie Briefmarken sammeln. Sie sind nicht darauf aus, ihre Persönlichkeit für das Leben zu bilden, sondern sie optimieren ihren Lebenslauf für die vorgestellte erste Bewerbung.
Warum lesen Schüler und Studenten nicht wenigstens die Stellenanzeigen? Warum zwingt sie keiner dazu? Ich stehle als echtes Beispiel einmal eine aus dem Internet – und Sie überlegen bitte, um welchen Beruf es geht:
Erwartet wird eine sichere Anwendung der Standard-Office-Programme, Organisationstalent, Einsatzbereitschaft, Belastbarkeit, selbstständiges und eigenverantwortliches Arbeiten, Kommunikationsfähigkeit, sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift, möglichst Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache.
Na? Eine Universität sucht einen Sekretariatsmitarbeiter. Die Bezahlung ist nicht berauschend. Aber es ist klar, dass auch EQ und VQ nötig sind, oder? Ein zweites Bespiel:
Gesucht wird eine Persönlichkeit mit einem Abschluss als Dipl.-Verwaltungswirt/in (FH) oder vergleichbarer Qualifikation, idealerweise mit Berufserfahrung in dem oben genannten Aufgabenbereich, fundierten betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnissen, einem hohen Maß an Engagement, Verantwortungsbewusstsein, Verhandlungsgeschick, Überzeugungskraft und der Fähigkeit, teamorientiert zu arbeiten.
Dies ist eine Ausschreibung für einen Verwaltungsangestellten des gehobenen Dienstes im Finanzbereich. Sie können alle anderen Stellenausschreibungen nehmen: Da stehen einige harte Anforderungen (passable Note und Fremdsprachenkenntnisse), die wir durch Abschlüsse in unserem Bildungssystem erfüllen können. Und dann stehen da – von Jahr zu Jahr fast inflationär zunehmend – Anforderungen und
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