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Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen

Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen

Titel: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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werden Sie demnächst an einem andern Ort fortsetzen dürfen. Kieselack, Sie haben hier die längste Zeit auf dem Schlüssel gepfiffen. Sie können nun bald daheim – immer mal wieder – Ihren Mist fahren, von Ertzum. Weit entfernt, diese drei Verruchten in das Kabuff zu verbannen, das für ihre Verworfenheit einen zu edlen Aufenthalt darstellen würde, will ich vielmehr alles daransetzen, damit ihre Laufbahn den wohlverdienten Abschluß in Gesellschaft gemeiner Diebe und Einbrecher finde. Der Gemeinschaft der Anständigen werden sie nicht mehr lange teilhaftig bleiben, ihre Atemzüge unter uns sind gezählt!«
    Zwar erhob sich Lohmann und bat, die Stirne gerunzelt, um eine Erklärung; aber Unrats begrabene Stimme war so voll gewesen von sich sättigendem Haß, seine Miene triumphierte so schaurig, daß alle sich geschlagen fühlten. Lohmann setzte sich wieder, mit bedauerndem Achselzucken.
    In der nächsten Pause ward er, zusammen mit Kieselack und von Ertzum, zum Direktor beschieden. Bei ihrer Rückkehr erklärten sie mit scheinbarer Geringschätzung, es sei wegen des albernen Hünengrabs. Aber sofort bildete sich ein freier Kreis um sie. Kieselack raunte: »O Mensch, wer mag uns woll bloß angesagt haben?«
    Die beiden andern sahen sich angewidert in die Augen und drehten Kieselack den Rücken zu.
    An einem Vormittag fuhren die drei, vom Unterricht befreit, im Gefolge einer Gerichtskommission in den Wald und wurden vor das Hünengrab, den Gegenstand ihrer Gewaltakte, gestellt. Hier erkannte sie der Flurhüter. Die Untersuchung der Angelegenheit trug ihnen noch mehrere schulfreie Tage ein. Endlich betraten sie als Angeklagte das Sitzungszimmer des Landgerichts. Von der Zeugenbank empfing sie Unrats giftiges Lächeln.
    Im Saal befanden sich auch Konsul Breetpoot und Konsul Lohmann, und der Staatsanwaltssubstitut konnte nicht umhin, den beiden einflußreichen Herren eine Verbeugung zu widmen. Er rang innerlich die Hände über die Torheit des jungen Lohmann und seines Freundes, daß sie sich nicht längst gemeldet hatten. Die Anklagebehörde würde es vermieden haben, an die große Glocke zu rühren. Natürlich hatte man geglaubt, es handele sich um lauter Burschen vom Schlage des Kieselack.
    Nachdem in die Verhandlung eingetreten war, fragte der Vorsitzende die drei Angeklagten, ob sie sich schuldig bekennten. Kieselack fing sofort an zu leugnen. Aber er habe es ja selbst seinem Direktor gestanden und auch im Lauf der Voruntersuchung alles zugegeben. Der Direktor trat vor und bestätigte dies ausführlich. Er ward vereidigt.
    »Der Herr Direktor hat gelogen«, behauptete darauf Kieselack.
    »Der Herr Direktor hat es aber beschworen.«
    »O weih«, machte Kieselack, »denn hat er erst recht gelogen.«
    Er hatte die Zügel abgestreift. Davongejagt ward er doch. Und überdies war er erbittert und in seinem Glauben an die Menschen erschüttert, weil er, anstatt die versprochene Belohnung zu erhalten, vor Gericht gestellt worden war.
    Lohmann und Graf Ertzum gaben die Tat zu.
    »Ich bin es nich gewesen«, quäkte Kieselack dazwischen.
    »Aber wir!« entschied Lohmann, peinlich berührt durch diese Kameradschaft.
    »Pardon«, bemerkte Ertzum. »Ich hab es alleine getan.«
    »Bitte sehr«, und Lohmann machte ein Gesicht von müder Strenge. »Meinen Anteil an dieser Beschädigung eines öffentlichen Besitztums oder wie man das nennt, muß ich mit aller Entschiedenheit in Anspruch nehmen.«
    Von Ertzum wiederholte: »Ich hab es ganz alleine kaputtgemacht. Das ist wahr.«
    »Mein Lieber, rede keinen Kohl«, bat Lohmann. Und der andere: »Zum – noch mal. Du warst ja ein ganzes Stück davon weg. Du saßest ja mit –«
    »Mit wem?« fragte der Vorsitzende.
    »Mit niemand – glaube ich«; und von Ertzum war sehr rot.
    »Mit Kieselack, wahrscheinlich«, meinte Lohmann.
    Der Staatsanwaltssubstitut fand es angezeigt, die Schuld auf möglichst viele Köpfe zu verteilen, damit für den Sohn des Konsuls Lohmann und das Mündel des Konsuls Breetpoot wenig davon übrigbleibe. Er machte von Ertzum auf die Schwierigkeit seiner vorgeblichen Tat aufmerksam. »So viel Unfug, wie Sie alleine verübt haben wollen, bringt ja der stärkste Mann nicht fertig.«
    »Doch«, entgegnete Ertzum, stolz und bescheiden.
    Der Vorsitzende forderte ihn und Lohmann zur Nennung der übrigen auf.
    »Sie müssen wohl eine größere vergnügte Gesellschaft gewesen sein«, vermutete er wohlwollend. »Sagen Sie uns nur die Teilnehmer, Sie tun sich und

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