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Profit

Profit

Titel: Profit
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nichts sehnlicher, als sich still zu verabschieden und nach Hause zu fahren.
    Seit fünf Tagen im neuen Job? Kann nicht angehen, Kumpel.
    Aus lauter Langeweile ging er zur Bar, um sich nachschenken zu lassen, obwohl er eigentlich gar nichts mehr trinken wollte. Während er wartete, stieß ihn jemand an. Er drehte sich um. Mike Bryant grinste ihm breit ins Gesicht, hatte einen Liz-Linshaw-Klon im Schlepptau und ein Tablett voller Getränke in den Händen.
    »Hallo, Chris.« Bryant musste die Stimme erheben. »Wie hat Ihnen Hewitt gefallen? Mitreißende Rede, wie?«
    Chris nickte unverbindlich. »Ja, sehr inspirierend.«
    »Das kann man wohl sagen. Sie trifft wirklich den Nerv. Als ich sie das erste Mal reden hörte, dachte ich, ich wäre persönlich ausersehen, einen verdammten heiligen Kreuzzug für die globale Kapitalanlage zu führen. Den Simeon Sands des Finanzsektors geben.« Mike legte eine passable Parodie des weltweit sendenden Fernsehdemagogen hin. »Halleluja, ich bin bekehrt! Ich glaube! Im Ernst, Sie sollten sich mal die Produktivitätskurven nach jeder ihrer Quartalsansprachen ansehen. Schießen glatt durch die Decke, Mann.«
    »Kann man sich vorstellen.«
    »He, wollen Sie nicht zu uns kommen? Wir sitzen da hinten an den Tischen beim Fenster. Da sind ein paar der ausgeschlafensten Analysten versammelt, die zurzeit rumlaufen. Hab ich nicht Recht, Liz?«
    Die Frau an Bryants Seite kicherte. Bei näherem Hinsehen stellte Chris plötzlich fest, dass sie gar kein Klon war.
    »Ach ja, Mensch, tut mir Leid. Liz Linshaw, Chris Faulkner. Chris, Sie kennen Liz, nehme ich an. Es sei denn, Sie besitzen keinen Fernseher.«
    »Miss Linshaw.« Chris streckte ihr die Hand entgegen.
    Liz Linshaw lachte und beugte sich vor, um ihn auf beide Wangen zu küssen. »Sagen Sie Liz zu mir«, erwiderte sie. »Jetzt erkenne ich Sie auch. Aus den App & Prom-Unterlagen von dieser Woche. Sie sind der, der ’41 Edward Quain erledigt hat, nicht wahr?«
    »Äh, ja.«
    »Vor meiner Zeit. Ich war damals noch freie Korrespondentin bei einem Piratensatellitensender. Mann, das war ein Abschuss. Ich glaube, so was hat es in den letzten acht Jahren nicht mehr gegeben.«
    »Hören Sie bloß auf, ich fühle mich immer älter.«
    »So, ihr beiden, nun lasst mal das Geflirte und fasst lieber hier bei den Gläsern mit an«, forderte Bryant. »Ich muss ein Dutzend durstiger Tiere da hinten tränken. Chris, was möchten Sie da reinhaben?«
    »Ähm, Laphroaig. Ohne Eis.«
    »Alles klar.«
    Gemeinsam trugen sie die Gläser zu den Tischen und stellten sie dort ab. Bryant drängte und schob, pöbelte und frozzelte, bis er Plätze für Liz und Chris an seinem Tisch freigeschaufelt hatte. Er hob das Glas.
    »Kleine Kriege«, sagte er. »Lange mögen sie schwelen.«
    Zustimmung in Chorstärke.
    Chris sah sich neben einen großen schlanken Manager gezwängt, dessen Stahlrandbrille ihm etwas von einem Wissenschaftler verlieh, der die ganze Welt durch sein Mikroskop betrachtet. Chris sah es mit einem gewissen Widerwillen. Affektierte Sehhilfen waren etwas, das Carla absolut nicht ausstehen konnte. Beschissener Armutsschick, erregte sie sich jedes Mal, wenn sie die entsprechenden Anzeigen sah. Miese Vorspiegelung von körperlichen Mängeln. Demnächst wird es als cool gelten, wenn man in einem Scheißrollstuhl durch die Gegend fährt. Das ist doch widerlich. Chris stimmte ihr mehr oder weniger zu. Sicher, man konnte sich ein Datadown-Uplink auf die Innenseite der Brillengläser projizieren lassen, aber darum ging es nicht. Carla hatte schon Recht, es war obszöner Zonenchic. Und warum, zum Teufel, sollte man so tun, als könne man sich keine chirurgische Korrektur leisten, wenn alles andere, was man am Leibe trug, lauthals das genaue Gegenteil verkündete?
    »Nick Makin«, sagte das schmale Gesicht hinter den Gläsern, während ein langer Arm sich quer über den Körper zu Chris hinstreckte. Der Händedruck strafte die Schmächtigkeit des Körpers Lügen. »Sie sind Faulkner, stimmt’s?«
    »Richtig.«
    Mike Bryant lehnte sich über den Tisch. »Nick war letztes Jahr unser Analyst mit der höchsten Provision. Hat die Wende in Guatemala im Sommer vorausgesehen. Obwohl er damit quer stand zu allen Modellen für Guerillakonflikte, die wir zur Verfügung hatten. Das war ein echter Coup für Shorn.«
    »Glückwunsch«, sagte Chris.
    »Ah.« Makin winkte ab. »Das war letzte Saison. Auf solchen Lo’beeren kann man sich nicht ewig ausruhen. Jetzt haben wir ein ganz
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