Profit
außen zu vermuten. Ich handle also entsprechend, schütze unseren Kunden, so gut ich kann. Und muss mich dafür prügeln lassen, während das eigentliche Problem hier doch wohl in der mangelnden Kommunikation von oben besteht.«
»Sie lügen«, sagte Hamilton wütend. Auch er hatte das Schlupfloch jetzt entdeckt.
»Wirklich, Philip?« Chris drehte sich um und zeigte auf Mike Bryant. »Fragen Sie Mike. Er ist genauso im Dunkeln getappt wie ich, und er weiß von der Sache mit dem U-Boot-Frachter, weil wir beide gemeinsam heute Morgen versucht haben herauszufinden, was, zum Teufel, da eigentlich abging. Stimmt’s, Mike?«
Bryant rutschte auf seinem Stuhl herum. Zum ersten Mal überhaupt, soweit Chris sich erinnern konnte, wirkte er verlegen.
Notley fasste ihn scharf ins Auge. »Mike?«
»Ja, das ist richtig.« Bryant seufzte. »Tut mir Leid, Phil. Louise. Chris hat Recht. Sie hätten uns das eher sagen sollen.«
Hamilton beugte sich, das Gesicht rot anlaufend, über den Tisch. »Bryant, Sie wussten… «
»Ich wusste, dass eine Strategiesitzung anberaumt war, und, ja, aus den Andeutungen, die Sie machten, konnte ich mir ausrechnen, in welche Richtung es gehen sollte. Aber das war nichts Handfestes, Phil. Und von der Waffenlieferung war überhaupt nicht die Rede. Wissen Sie«, mit einem Seitenblick auf seinen Freund, »ich wusste nicht, was Chris tun würde, aber ich konnte ihm auch nicht sagen, was da ablief. Ich kann nachvollziehen, warum er auf diese Weise reagiert hat.«
Der Raum war still. Ein knisternder Blickwechsel zwischen Hamilton und Hewitt. Niemand sagte etwas. Jack Notley verschränkte seine Finger ineinander.
»Gibt es sonst noch etwas?«, sagte er leise.
Louise Hewitt zuckte die Achseln. »Nur dass wir einen Haufen von Lügen gehört haben, die die Tatsache verschleiern sollen, dass Chris Faulkner plötzlich politisch geworden ist.«
»Irgendwas Konstruktives, meinte ich«, sagte Notley noch sanfter.
»Ja«, sagte Chris. Er dachte an Lopez, in die Arena gezwungen mit einem zwanzigjährigen Messerstecher, den das Leben in den Favelas verroht hatte und der die Chance, diesem Leben zu entfliehen, mit aller Brutalität zu ergreifen versuchen würde. Er dachte an Barranco, von Maschinengewehren niedergemäht an einem verdunkelten Strand, sein Blut in den Sand sickernd unter einem in Millionen Sternscherben zersprungenen Himmel. »Ich bin nicht politisch. Dass ich Barranco unterstütze, hat nicht das Geringste mit Politik zu tun. Und jeder, der das in Frage stellen will, kann das gerne auf der Straße tun.«
DREIUNDVIERZIG
»Du bist ein verdammter Lügner, Chris.« Mike Bryant lief wutschäumend vor dem BMW hin und her. Seine Füße knirschten im Kiesboden des Seitenstreifens. Das Gras neben der Autobahnrampe schaukelte im Wind. Mike blieb stehen und fuchtelte mit dem Zeigefinger. »Du machst jetzt wirklich einen auf politisch. Der verdammte Barranco hat dich weich gemacht, stimmt’s?«
Chris lehnte sich auf die noch warme Motorhaube, die Arme verschränkt. Der Ring erstreckte sich unterhalb ihres Standorts, menschenleer in beiden Richtungen, so weit das Auge reichte. Nach der langen Sitzung in der Beengtheit des Shorn-Turms wirkte die Weite des Himmels umso eindrücklicher. Sie waren weniger als eine Stunde gefahren, aber es war, als stünden sie hier am Rande der Welt.
»Ah, jetzt hör aber auf. Du wirfst mir vor, ich würde Politik machen wollen. Noch vor einer Woche war Barranco das Pferd, auf das man zu setzen hatte. Und jetzt plötzlich ist er nicht mehr profitabel? Was soll das sein, Mike? Etwa nicht politisch?«
»Die Zahlen klingen plausibel«, sagte Bryant.
»Die Zahlen?« Wütend, alle Muskeln angespannt, hüpfte Chris von der Motorhaube herunter. »Die verschissenen Zahlen. Die sind doch getürkt, Mike. Mit Zahlen kannst du alles beweisen, was du nur willst. Was ist mit den Zahlen, die für Barranco sprachen? Wo sind die geblieben? Und wir, sind wir jetzt plötzlich Volkswirtschaftler, oder was? Willst du mir vielleicht irgendwelche Kurven aufmalen? Das hat alles nichts mit der Realität zu tun, Mike. Das weißt du selber.«
Mike sah weg. »Tatsache ist aber, Chris, dass du dich viel zu sehr mit Barranco eingelassen hast. Du musst dich aus dem Vorgang rausziehen. Lass Hamilton übernehmen, und wir sehen dann, was daraus wird.«
»Großartig. Und was wird inzwischen aus Joaquin Lopez?«
»Das ist nicht entscheidend!« Bryant ballte die Fäuste, boxte aufgebracht in
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