Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
ist und ich mich bewege. Das lässt sich hier im Nullraum nicht mit Gewissheit sagen.«
    »Das ist das Gerede von jemandem, der an seiner Gefangenschaft nichts ändern kann. Du kannst mir nicht weismachen, dass du dich hier in absoluter Freiheit bewegst und glücklich damit bist.«
    Der dunkle Engel sah sie nachdenklich an. Seine schmerzhaft schwarze Aura zerrte an Ashs Sinnen, aber sie wandte ihren Blick nicht ab.
    »Glücklich«, sagte er nach einer Weile. »Das ist ein seltsames Konzept. Bist du glücklich dort draußen?«
    »Natürlich nicht«, sagte sie. »Ich bin tot, Luzifer. Ich stecke in dieser Nichtexistenz fest wie eine Fliege im Bernstein. Ich bin nicht frei, aber ich behaupte auch nicht wie du, dass ich es wäre.«
    Er sagte nichts. Ash fuhr nach einer Weile fort: »Deine andere Hälfte rennt irgendwo da draußen herum und sortiert Akten oder kocht Kaffee. Stört dich das nicht?«
    Die fraktalen Flügelausläufer bewegten sich in verwirrenden Bahnen. Ash schluckte die aufsteigende Übelkeit herunter.
    »Was soll mich daran stören?«, fragte Luzifer. »Ich bin doch hier. Ich bin nicht – geteilt. Alles von mir ist hier.«
    »Wie kann das sein?« Ash sah ihn fasziniert an.
    Der Engel schien zu lächeln, ohne dass sich ein Muskel seines Gesichtes regte. »Dies ist der Nullraum«, sagte er geduldig. »Hier ist alles, immer. Alles existiert gleichzeitig in einem kleinen, konzentrierten Punkt der Raumzeit. Vergangenheit, Zukunft – das sind Konzepte, die hier nicht gelten. Ich zeige es dir.« Er streckte die Hand aus und berührte Ashs nichtexistente Stirn. Ein schwarzer, blendender, schmerzhafter Blitz durchfuhr sie und schleuderte sie mit Macht durch die geschlossene Tür ihrer Erinnerungen. Hier, in der alles umfassenden Gegenwart des Nullraums, konnte Ash sich nicht mehr gegen sie zur Wehr setzen. Sie erlebte erneut in einer einzigen, unmessbar kurzen Zeitspanne alles, was sie sich zu vergessen gezwungen hatte, und die Wucht dieser konzentrierten Erfahrungen zerstörte ihr Gehirn wie einen überlasteten Speicherchip.
    Ihre kollabierten Systeme schalteten sich aus. Sie war bereits tot, deshalb konnte der Schock sie nicht töten, aber er sorgte dafür, dass sie steuerungslos im Nullraum trieb, ihr Geist in unendlich sich verzweigende Fraktale zersplittert.
    Die Zeit hielt an.

Drittes Buch
Verrat

1
    Deiner Untreu trau ich,
nicht deiner Treu!
    D er Lärm und das Geschrei im Vorzimmer störten ihn in seiner Konzentration. Dellinger sah ärgerlich auf und streckte die Hand zur Gegensprechanlage aus, um seinen Sekretär aufzufordern, das Getöse zu unterbinden, als vor seinen Augen die Tür ins Zimmer explodierte. Ein Regen von Holz- und Stahlsplittern, Glasscherben und Teile des Mauerwerks prasselten in einer Wolke von Staub auf den teuren Teppich.
    Dellinger richtete den Annullator, der griffbereit auf seinem Schreibtisch gelegen hatte, auf den Riesen, der sich derart gewaltsam Zutritt verschafft hatte. »Was soll das?«, fragte der Direktor ruhig.
    Der Riese stampfte auf ihn zu und schmetterte die Fäuste auf den Schreibtisch, der erstaunlicherweise dem Schlag standhielt. »Was hast du mit ihr gemacht?«, brüllte er. Es klang wie eine zu Tal donnernde Lawine.
    Dellinger blickte zu der neu geschaffenen Öffnung, die in der Wand klaffte, und winkte den Bewaffneten, die dort standen. »Es ist in Ordnung«, rief er. »Schickt jemanden, der den Schaden repariert. Dinesh, sorge bitte für Ruhe im Vorzimmer!«
    Er legte den Annullator bedächtig beiseite und lehnte sich zurück, um in das über ihm aufragende Steingesicht zu blicken. »Loki, mein Freund«, sagte er besänftigend. »Immer mit der Ruhe. Du hast hier ganz schön für Aufregung gesorgt, alter Junge.«
    Seine Worte erzielten den gewünschten Effekt. Der Riese zögerte, wich zurück. »Was hast du mit Ash gemacht?«, fragte er erneut. Leiser, unsicher geworden.
    Dellinger ließ ihn nicht aus den Augen. »Wo kommst du her?«, fragte er. »Du siehst aus, als hättest du dich um deine Truppen gekümmert.«
    Schrumpfte der gigantische Frostriese, während Dellinger sprach? Schon berührte sein reifgraues Haupt nicht mehr die Decke des Zimmers, verdeckte sein massiger Körper nicht mehr die Aussicht, vor der er aufragte. Er tat einen unsicheren Schritt vom Schreibtisch weg, seine Hand, riesig noch, aber nicht mehr unförmig und kolossal, tastete nach Halt. »Jötunheim«, sagte er stockend. »Ich habe sie mobilisiert, ja. Diejenigen von ihnen, die noch

Weitere Kostenlose Bücher