Projekt Atlantis
Sie sich informiert haben, wer die Leute sind, die da draußen auf dem Ozean ihre Roboter in der Tiefe versenken und den Meeresboden kartografieren.«
Walters nickte.
»Dann wird Ihnen aufgefallen sein, dass die Projektunterlagen, die Sie vom WHOI erhalten haben, verhältnismäßig allgemein gehalten sind.«
Walters nickte erneut. Tatsächlich konnte er sich nicht erinnern, ob in den Papieren, die man ihm besorgt hatte, überhaupt eine detaillierte Projektbeschreibung enthalten gewesen war. Falls ja, hatte er sie jedenfalls nicht gelesen. In der Tat wusste er überhaupt nicht, was genau die Forscher dort suchten, außer irgendwelchen Ruinen.
»Wenn Forscher fast eine Million Dollar für eine Hightechuntersuchung ausgeben«, fuhr der Alte fort, »ohne zu erklären, wofür, und wenn sich dann ein Geheimdienst einschaltet, um das Projekt zu stoppen, dann liegt der Schluss nahe, dass das wahre Projektziel geheim bleiben soll. Also: Um was geht es tatsächlich? Ist es richtig, das Projekt zu beenden? Oder ist es falsch? Oder ist es egal? Als Soldat ist es Ihre Aufgabe, Befehle zu befolgen, nicht sie zu hinterfragen. Aber Sie sind nicht nur Soldat, Sie sind auch Stanley Walters, geboren in Boston, Ehemann, Vater, Mensch. Die Frage ist, ob der Mensch Walters die Verantwortung dafür übernehmen kann, was der Soldat Walters tut. Ich weiß, dass Sie sich diese Frage zunehmend stellen, sonst hätte ich Sie nicht aufgesucht. Nur lässt sich dies nicht mit geschlossenen Augen beantworten. Verstehen Sie, worum es geht? Verstehen Sie, was auf dem Spiel steht? Wie können Sie ohne dieses Wissen Verantwortung übernehmen?«
»Dann erzählen Sie mir doch einfach, um was es geht.«
»Die großen Lehrmeister der östlichen Lehren würden nun antworten: ›Ich kann Ihnen nur die Tür zeigen, hindurchschreiten müssen Sie allein‹.«
Walters wollte etwas erwidern, aber Gabriel hob eine Hand und sprach weiter. »Ich weiß, Sie möchten keine weiteren Belehrungen hören. Aber tatsächlich steckt in diesen uralten Überlieferungen eine große Weisheit, wie sie uns heute erst durch den Vergleich mit der Quantenphysik verständlich wurde: Heute wissen wir, dass es Dinge gibt, die wir nicht präzise messen können, da sie so empfindlich sind, dass unsere Methoden, sie zu messen, zugleich ihren Zustand ändern würden. Und genauso ist es hier: Indem ich Ihnen im Detail erzähle, um was es geht, füge ich diesem Sachverhalt etwas hinzu, verändere ihn. Für Sie würde sich mit meinen Worten Ihr Eindruck von mir mischen, was auch immer Sie von mir halten, von den Gründen, die ich haben könnte, Ihnen dies oder jenes zu erzählen – all dies würde Ihre Wahrnehmung verändern, und Sie könnten die Dinge nicht neutral sehen. Daher müssen Sie selbst auf die Suche gehen, selbst Antworten finden. Nur dann wird es zu einer Erfahrung, nur dann können sie vollkommen aus sich selbst heraus Entscheidungen treffen.«
Walters verdrehte die Augen. Etwas Ähnliches hatte er befürchtet. Leere Worte, und wahrscheinlich wusste der Alte selbst nicht, was Sache war. Außerdem....
»Also, wenn Sie schon extra meinetwegen hierherkommen«, sagte er, »dann muss Ihnen die Sache doch wichtig sein. Dann kann es Ihnen doch nicht egal sein, wie ich entscheide.«
Gabriel nickte lächelnd. »Sie haben ganz recht. Aber ein Fluss lässt sich nicht aufhalten. Man kann nur ausreichend Steine hineinwerfen, um seinen Weg zu verändern.«
»Was soll das nun wieder heißen?«
»Es heißt, dass Sie Ihre Entscheidung alleine treffen müssen.«
»Jetzt bin ich genauso schlau wie zuvor.«
»Keineswegs«, antwortete Gabriel, »keineswegs.«
An Bord der Argo
»Es gibt ein Problem, Gentlemen«, sagte der Kapitän, trat zu Peter und Patrick und legte zwei ausgedruckte Seiten vor sie auf den Frühstückstisch.
Schiffscontainer statt Ruinen
Atlantis-Forscher finden Müll
So titelte die Online-Ausgabe des Miami Herald. Zwei Fotos bebilderten den Artikel. Eines zeigte die Argo, offenbar ein Archivbild, das andere war eine Unterwasseraufnahme, auf der einige der schwarzen Blöcke zu sehen waren, die Jason gefilmt hatte.
»Das darf doch nicht wahr sein!«, rief Patrick aus. »Wie kommt dieses Bild in die Zeitung?! Das kann ja wohl nur auf das Konto dieser Reporterin gehen!«
»Fragen wir sie doch einfach«, sagte Peter und deutete zur Tür, wo Kathleen gerade auftauchte.
»Guten Morgen«, grüßte sie die Männer.
»Können Sie sich das erklären?«,
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