Projekt Babylon
regulären Kamera. Da es inzwischen dunkel geworden war, war hier währenddessen nur das undifferenzierte Schwarz des Waldes zu sehen. Doch als auf dem Wärmebild-Monitor ein neuer, schnell größer werdender roter Fleck erschien, tat sich jetzt auch hier etwas: Ein gelbes Paar Lichter schien zwischen den Baumstämmen hervor. Ein Auto näherte sich. Da es auf die Position der Kamera zufuhr, blieb das, was die Scheinwerfer anstrahlten, nur als Schatten vor dem Licht auszumachen. Dennoch wurde nun deutlich, dass im Vordergrund ein Mann stand. Er trug offenbar einen Mantel mit Kapuze, denn er bildete nur einen gleichförmigen Umriss, ohne Details erkennen zu lassen. Dieser Mann war auf dem thermographischen Bild überhaupt nicht sichtbar, wohl aber das Bündel, das er über der Schulter trug: einen regungslosen Körper.
Peter!
Der Wagen stoppte. Es war ein kleiner Lieferwagen. Das Licht wurde ausgeschaltet. Nur einer der Bildschirme zeigte noch, was vor sich ging; Der Körper wurde zur Ladefläche getragen und eingeladen. Dann gingen die Lichter wieder an, der Wagen wendete und fuhr den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Zurück blieb der Wald, bewegungslos und dunkel.
»Wir haben bereits ein Spurensicherungsteam da draußen«, sagte der Ranger, »anhand der Wärmesignatur und den Lichtern identifizieren wir gerade den Wagen.«
»Wie konnten Sie ihn nur entwischen lassen?!«, fragte Patrick.
»Er war unsichtbar , Monsieur...«
»Ach, erzählen Sie doch keinen Quatsch! Irgendein Herkules steigt den Berg hinauf, wirft sich den Professor über die Schulter, klettert wie eine Gämse wieder herunter und verschwindet dann wie der Weihnachtsmann? Genauso gut hätten Sie auch eine ganze Marschkapelle vorbeiziehen lassen können!«
»Sie haben doch selbst gesehen...«
»Alles, was ich gesehen habe«, unterbrach ihn Patrick barsch, »ist, dass Ihre Überwachungseinrichtungen ungenügend sind! Und wie lange benötigen Sie, um zu identifizieren, dass das ein VW-Bus gewesen ist? Der ist doch inzwischen bestimmt schon hundert Kilometer weit weg.«
»Monsieur, bei allem Respekt, wir tun unser Bestes.«
»Mir ist Ihr Bestes aber nicht gut genug! Kommen Sie, Stefanie, wir fahren ins Hotel!«
Sie verließen den Container, liefen durch den Regen zum Wagen und waren kurz darauf auf dem Weg.
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Stefanie.
»Wir rufen Elaine an. Die Kameraden da im Wald scheinen ja ganz groß in der Observation der landschaftlichen Idylle zu sein, aber das Lernvideo ›Wie sichere ich ein Gelände – Teil eins' haben sie wahrscheinlich mit einem Porno überspielt.« Grimmig sah er auf die Straße. Er merkte, dass sie ihn ansah.
Flüchtig blickte er zu ihr hinüber. Ihre Augen wirkten traurig, betrachteten ihn jedoch sanft, verständnisvoll, und noch immer kam ihm ihre Erscheinung überirdisch vor, strahlend und voll warmen Mitgefühls, »'tschuldigung«, murmelte er und versuchte, sich wieder auf die nasse Fahrbahn zu konzentrieren und darauf, was er Elaine sagen würde.
Der Förster von St.-Pierre-Du-Bois stand im Foyer des Hôtel de la Grange und unterhielt sich mit der Dame an der Rezeption.
»Nein, es ist doch noch Schonzeit, Nadine. Höchstens Kaninchen. Ich versuche, diese Woche ein paar vorbeizubringen, ja?«
»Das wäre schön, Fernand! Du weißt doch, dass wir uns immer darüber freuen.«
»Sicher... ich werde sehen, was ich tun kann. Aber weshalb ich hier bin: Kannst du mir sagen, wo die Forscher sind?«
»Du meinst den Engländer, die Frau und Monsieur Nevreux, aus der Suite? Die sind heute Nachmittag losgefahren.«
Levasseur blickte auf die Uhr. Es war spät. Draußen war es bereits dunkel geworden.
»Weißt du, wohin? Oder wann sie zurückkommen?«
»Nein, tut mir leid. Willst du ihnen eine Nachricht hier lassen?«
»Hm... ja, warum nicht.«
Die Rezeptionistin reichte ihm einen Block und einen Bleistift. Der Förster wollte gerade ansetzen, als er die Eingangstür hörte und Patrick und Stefanie eintreten sah. Sogleich wandte er sich ihnen zu.
»Madame, Monsieur! Kann ich Sie kurz sprechen?«
»Monsieur Levasseur, das ist gerade ein äußerst schlechter Augenblick!« Patrick wollte an ihm vorbeistürmen, als ihm etwas einfiel. Er blieb stehen. »Moment mal... eine Frage: Sie haben nicht zufällig vor etwa zwanzig Minuten oder einer halben Stunde einen VW-Bus gesehen? Der aus dem Wald kam, die Straße zur Absperrung herunter?«
»Nein, tut mir leid...«
»Na gut. Danke. Kommen
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