Projekt Babylon
blitzschnell aus und verpasste ihr eine klatschende Ohrfeige. Ihr Kopf wurde kurz zur Seite geschleudert, doch als sie ihn wieder ansah und sich ihre Wange rot verfärbte, zeigte ihr Gesicht noch immer keine Regung.
Ash Modai grinste sie nur an. »Ach, was für ein Fest!« Dann wandte er sich an die Polizisten: »Bringt die beiden weg. Den hier zu dem Alten auf die Empore. Und den kleinen Racheengel zu Alain. Er weiß, was er zu tun hat.«
Peter sah erstaunt auf. »Patrick! Was tun Sie denn hier?«
»Hallo, alter Knabe«, antwortete Patrick. Ein überaus kräftig gebauter Mann in schwarzer Kutte stieß ihn an die Wand, während ihn vom Rand des Absatzes ein Polizist mit seiner Waffe in Schach hielt. »Ich bin gekommen, um Sie zu retten. Das sieht man doch.« Der Mann drückte Patricks Arme an die Wand und umschloss die Handgelenke mit eisernen Manschetten. Dann machte er sich an Patricks Fußgelenken zu schaffen, und kurz darauf war der Franzose ebenso an die Wand gekettet wie sein Kollege, und sie wurden allein gelassen.
»Schöne Scheiße«, konstatierte Patrick.
»Wie sind Sie hergekommen?«, fragte Peter. »Hat man Sie auch entführt?«
»Als Sie verschwunden waren, hatten wir die Brüder hier im Verdacht. Wir haben dann mit Renée telefoniert, die uns den Tipp mit diesen geheimen Kellern unter Albi gegeben hat.«
»Was für Geheimnisse, die jeder kennt! In der Szene weiß man wohl mehr übereinander, als jeder zunächst zugeben würde... Aber wollten Sie denn alleine hier reinstürmen? Und wo ist Stefanie?«
»Natürlich nicht. Wir sind zur Polizei gegangen und haben denen eine Geschichte aufgetischt. Hat auch grundsätzlich geklappt. Es stellte sich nur leider heraus, dass unsere beiden Polizisten ebenfalls diesem Verein hier angehören. Den Rest haben Sie ja mitbekommen. Stefanie haben sie irgendwo anders hingebracht. Ich hoffe, ihr passiert nichts.«
»Das können wir auch nur hoffen! Die bereiten hier nämlich eine schwarze Messe vor.«
»Wie bitte? Dann war es das, was Ash eben meinte mit außergewöhnlichem Schauspiel... Was wissen Sie darüber, Peter, was ist hier los?«
»Sehen Sie den Altar dort drüben? Was da leuchtet, ist frisches Blut. Ich hatte vorhin das zweifelhafte Vergnügen, mit anzusehen, wie sie einen Hahn geschlachtet und den Altar mit seinem Blut geweiht haben, wie sie es nennen. Danach kam unser smarter Dressman, Ash, und hat ein bisschen geplaudert, Sie wollen Belial anrufen und werden zu diesem Zweck nachher eine schwarze Messe abhalten.«
»Belial? War das nicht...«
»Ein Dämon, ja. Der Tradition nach ist er einer der Kronprinzen der Hölle, kommt direkt nach Satan selbst. Er erfüllt Wünsche, verleiht Titel und gibt Antworten. Aber er gehorcht nur kurze Zeit und ist außerordentlich verschlagen und verlogen. Erinnern Sie sich, wie ich Ihnen erzählte, in der esoterischen Tradition würde Satan stets die Wahrheit sagen, ehrlich und ungeschminkt? »Der Herr der Lügen‹ ist nämlich tatsächlich nicht Satan, sondern Belial.«
»Woher wissen Sie das alles? Ach ja, Ihre Bücher...«
»Um ehrlich zu sein nur zum Teil...« Peter zögerte.
»Was meinen Sie? Worum geht es? Hat es damit zu tun, weswegen Sie in der ›Szene‹ so unbeliebt sind?«
»Ja, ich habe... ach, es ist schon so lange her... aber ja, ich habe mich mit Esoterik und Okkultismus befasst... sehr sogar. Damals war ich keine dreißig. Mein Geschichtsstudium hatte mich mit hochinteressanten Menschen in Verbindung gebracht. Gebildete Menschen, Intellektuelle, ich geriet in ihre Kreise, lernte Exzentriker und Künstler kennen. Ich nahm alles in mir auf, las alles, was mir in die Finger geriet, über Nahtoderfahrungen, Tischrücken, transzendentale Meditation, Akupunktur, Rudolf Steiner und Madame Blavatsky. Einmal auf diesem Kurs, war es nur ein kleiner Sprung in die okkulten Gewässer. Sehen Sie, die Grenzen sind fließend. Ich schloss mich zunächst einer theosophischen Loge an und rutschte von dort in eine Sekte, die mit den Lehren des Aleister Crowley sympathisierte...«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Peter.«
»Nun, ist auch nicht so wichtig. Jedenfalls kam ich in die inneren Bereiche der Sekte, lernte ihre Lehren, ihre Geheimnisse – und was viel wichtiger war –, ihre Geschichte und ihre Mitglieder kennen. Durch meine Auffassungsgabe und mein gutes Gedächtnis erweckte ich den Anschein eines besonders strebsamen und hingebungsvollen Schülers. In Wahrheit betrachtete ich alles immer mit
Weitere Kostenlose Bücher