Projekt Babylon
einem gewissen Abstand. Und irgendwann kam der Zeitpunkt, als ich ausstieg und die Lehren und Geheimnisse der Lächerlichkeit preisgab. Natürlich erwarb ich mir damit keine Freunde, aber durch mein Insider-Wissen blieb ich unantastbar.«
»Daher kommt es also, dass jedermann Sie kennt! Es hat weniger mit Ihren aktuellen Büchern zu tun als mit Ihrer Vorgeschichte. Und weshalb sind Sie unantastbar?«
»Das hat wohl damit zu tun, dass ich einige einflussreiche Leute überzeugen konnte, dass im Fall meines Ablebens gewisse Dokumente veröffentlicht werden, die bei einigen Banken deponiert sind. Seither hat man mich kaum mehr behelligt.«
»Sie erstaunen mich immer wieder, Peter.«
»Nur leider hilft uns das im Augenblick nicht weiter...«
»Der Zeitpunkt kommt ja vielleicht noch. Was wissen Sie über die schwarze Messe?«
»Es gibt da keine einheitliche Vorgehensweise. Nach dem, was Ash erzählte, vermute ich, dass es sich um Rituale aus der Sexualmagie handelt. Er hat die Konjunktion von Mars und Venus erwähnt, deren Energie üblicherweise für derlei Zwecke herhalten soll.«
»Und wie läuft so was ab?«
»Das kann ganz unterschiedlich sein. Es geht im Prinzip darum, die sexuelle Energie zu nutzen, um einen höheren Zustand zu erreichen. Meistens benötigt man dazu also zwei Menschen. Außerdem Musik, Tanz oder andere Hilfsmittel, um in Trance zu verfallen. Beim Höhepunkt soll die Energie des Orgasmus umgelenkt werden. Außerdem hat Ash von einem Geschenk gesprochen, das Belial auf dem Altar gegeben werden soll, eine Art Opfer, vermute ich.«
»Und mit diesem Gehirnfick wollen sie einen Dämon beschwören?!«
»So lächerlich man es auch finden mag, hier nimmt man das sehr ernst. Mit allen Konsequenzen...«
»Ja, da haben Sie wohl Recht... Sehen Sie, dort!« Patrick wies mit dem Kopf in Richtung Ende des Saals, das rechts von ihnen lag. Dort hatte sich eine Pforte mit zwei Flügeln geöffnet, und nun schritt eine Prozession herein. Sie wurde angeführt von etwa einem Dutzend weiblicher Sektenmitglieder, deren schwarze Gewänder aus mehreren Lagen sehr dünnen, fließenden Stoffes bestanden. Es wirkte wie eine finstere Perversion feinster Brautkleider. Den Frauen folgte eine ebenso große Gruppe schwarz gekleideter Männer; sie trugen jeweils eine glänzende schwarze Schärpe, und ihre Häupter waren mit Kapuzen bedeckt. Als Nächstes trat der Rest der satanischen Gemeinde in den Saal, ebenfalls in Schwarz, allerdings ohne Kapuzen und in schlichte, mönchsartige Kutten gehüllt.
Die Menschen gingen den Mittelgang der Halle entlang und verteilten sich dann gleichmäßig. Dabei bildeten die Mitglieder der vordersten beiden Gruppen in der ersten Reihe einen Halbkreis, der zum Altar hin geöffnet war. Nach einer kurzen Weile hatten alle einen Stehplatz eingenommen und verharrten mit gesenkten Köpfen. Dann begannen dumpfe, regelmäßige Trommelschläge, ohne dass ersichtlich war, woher sie kamen. Der Takt war langsam. Daraufhin gesellte sich ein einzelner Ton hinzu. Er war erst kaum wahrzunehmen, wurde jedoch nach und nach deutlicher. Es klang, als würde ein unsichtbares, überdimensionales Horn einen sehr tiefen, endlosen Ton erzeugen. Es war eine merkwürdige Frequenz, sie baute sich immer mehr auf, als ob sie sich ständig selbst überlagerte und verstärkte. Die Luft schien zu vibrieren, als ob der Klang den Stein der Halle selbst zum Schwingen brächte. Plötzlich brachen alle Geräusche abrupt wieder ab. Die Menge hob den Kopf und sah zum Altar. Ein Mann trat von hinten an den weißen Steinblock heran. Auch er war schwarz gekleidet, aber er trug einen weiten, wallenden Mantel, der mit einem breiten Gürtel um den Bauch zusammengehalten wurde. Seine Robe war mit aufwendigen, schimmernden Stickereien versehen. Unter dem Arm trug er ein schweres Buch. Neben dem Mann erschienen zwei weitere Leute, einfacher gekleidet. Einer der beiden stellte eine eiserne Buchstütze auf den feucht glänzenden Altar, der andere setzte eine große Stumpenkerze daneben. Sie wichen wieder zurück, und der Mann im Mantel legte das Buch aufgeschlagen auf die Stütze. Dabei trat er in den Lichtschein der Kerze, und sein Gesicht wurde erhellt.
»Ich hab's geahnt!«, entfuhr es Patrick.
Der Priester, der die Zeremonie leiten würde, war niemand anders als Ash Modai selbst.
Der hob nun die Arme. »Dies ist die Hand von Belial!«, rief er mit kraftvoller Stimme, die von der Akustik des Gewölbes verstärkt und durch die ganze
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