Projekt Babylon
»Ich schlage vor, wir nehmen auch eine Zeichnung des großen Symbols in der Mitte mit.«
»Sie meinen die konzentrischen Ringe?«, fragte Stefanie. »Das sieht mir aber nun wirklich wie ein bloßer Schmuck aus. Wie ein einfaches Labyrinth-Motiv oder so.«
»Es ist wirklich sehr regelmäßig konstruiert«, überlegte Peter. »Das sind klassische Labyrinthe auch. Aber hier führt ein gerader Weg ins Zentrum und je zwei weitere Wege um das Zentrum herum. In klassischen Labyrinthen gibt es immer nur einen einzigen Weg, durch den man die vollständige Fläche durchläuft, bis man im Zentrum ankommt. Das ist etwas ganz anderes.«
»Seit wann gibt es da nur einen einzigen Weg?«, fragte Patrick. »In Labyrinthen soll man sich doch verlaufen.«
»Was Sie meinen, sind Irrgärten «, erklärte Peter. »Ein Labyrinth ist ein viel älteres Symbol. Eine Konzentrationsaufgabe, die den geistigen Weg vom Äußeren zum Inneren darstellt. Aber wenn man sich dieses Zeichen hier genau ansieht, scheint es weder ein Irrgarten noch ein Labyrinth zu sein. Es sieht eher aus wie drei umeinander gelegte Ringe oder Schalen.«
»Sieht ein bisschen aus wie eine Antenne, von der kreisförmige Wellen ausgehen, oder?«
»Ihre Fantasie möchte ich haben, Patrick«, sagte Peter. »Aber es stimmt schon; es wirkt irgendwie fast technisch. Kreise, Spiralen und Labyrinthe sind archaische Symbole, und in meinen Studien habe ich sehr viele davon gesehen und beschrieben. Dieses Zeichen hier ist aber eindeutig anders. Es kann nicht schaden, wenn wir es ein paar Leuten zeigen. Sollte es jemand erkennen, könnte uns das einen wichtigen Hinweis auf seinen Ursprung geben.«
»Dann sind Sie also einverstanden mit Cannes?«, fragte Patrick.
»Ja, lassen Sie uns zum Symposium der Mystiker fahren. Hoffen wir nur, dass sich alle an ihre ›ehernen Gesetze‹ halten und tatsächlich nicht missionieren.«
8. Mai, Büro des Bürgermeisters, St.-Pierre-Du-Bois
Didier Fauvels dicke Finger zitterten unmerklich, als er sich einen Cognac einschenkte. Er zog den Beistelltisch auf den kleinen Rollen hinter sich her und ließ sich dann in seinen Schreibtischsessel sinken. Er leerte das Glas fast bis zur Neige, lehnte sich zurück und ließ die Ereignisse Revue passieren.
Der Besuch war nicht lang gewesen, aber unangekündigt und äußerst unangenehm. Er hatte noch kurz mit Fernand Levasseur gesprochen, bevor dieser die Forscher im Hotel aufsuchen wollte. Dann hatte er sich die Zeitung genommen und auf dem Weg zum Schreibtisch gesehen, wie ein dunkler Mercedes vorgefahren war...
Dem Wagen entstiegen Fahrer und Beifahrer, beide ernsthaft, breitschultrig und in teure Anzüge gekleidet. Der Beifahrer trat an den Fond und öffnete einem Mann mit sportlichem Sakko und einer modischen Brille. Dieser schritt zielstrebig auf das Haus zu, während ihm die anderen beiden folgten. Daran, wie einer der Begleiter einen unsichtbaren Gurt unter seinem Jackett zurechtschob, erkannte Didier Fauvel, dass sie bewaffnet waren.
Er hatte sich kaum hingesetzt, als auch schon seine Sekretärin das Büro betrat.
»Sie haben Besuch, Monsieur le Maire«, brachte sie gerade noch heraus, als sie von einem der beiden Bodyguards beiseite geschoben wurde, der den Fahrgast aus dem Mercedes vorbeiließ. Aus der Nähe betrachtet, wirkte er smart und gebildet. Er trat an den Schreibtisch heran, während seine Begleiter an der Tür stehen blieben.
»Guten Morgen, Monsieur Fauvel.«
»Guten Morgen, Monsieur...?« Er ließ den Satz absichtlich als Frage enden, doch der Mann ging nicht darauf ein.
»Ich komme aus Paris.« Er reichte dem Bürgermeister eine Visitenkarte. »Sie kennen diese Karte?«
O ja, und wie er sie kannte. Er hatte gehofft, dass dies niemals geschehen würde, dass man ihn vergessen würde, ja er hatte es selbst fast vergessen. Aber nun schlug das Schicksal zu. Unerbittlich und höchstwahrscheinlich äußerst schmerzhaft.
»Ja, ich kenne sie.«
»Schön. Dann fasse ich mich kurz. Einige sehr einflussreiche Herren in Paris sind äußerst gereizter Stimmung über bestimmte Nachforschungen, die gewisse Personen in Ihrer Umgebung anstellen.«
»Wie meinen Sie das?« Einen Augenblick lang war er ehrlich verwirrt.
»Ein Franzose und ein Engländer. Sie stochern bisher im Nebel mit irgendwelchen Untersuchungen, die sie anstellen, aber sie erregen damit das falsche Maß an Aufmerksamkeit bei den falschen Leuten. Verstehen Sie, was ich Ihnen sage?«
»Ja, das heißt,
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