Projekt Babylon
irgendwie...«
»Sorgen Sie dafür, dass die beiden ihre Nachforschungen einstellen, was auch immer sie hier gerade tun.«
»Sie untersuchen einige Fälle von Tollwut...«
»Paris ist es egal, was sie untersuchen. Und wenn es die Keuschheit der Jungfrau Maria ist. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie dem Treiben Einhalt gebieten. Die Untersuchungen sind sofort zu beenden.«
»Beenden? Aber wie... die sind von den UN, ich habe keine Befugnis, denen etwas vorzuschreiben.«
»Sie sollen niemandem etwas vorschreiben. Sie sollen einfach dafür sorgen, dâss die beiden nicht weiterarbeiten. Ist das so schwierig zu verstehen?«
»Aber... ich kann die beiden doch nicht einfach verschwinden lassen! Oder...? Oder ist es das? Wollen Sie etwa, dass ich die beiden umbringen lasse, oder wie stellen Sie sich das vor?!«
Der Mann beugte sich gefährlich nahe zu Didier Fauvel herunter. »Lieber Monsieur Fauvel. Ihr fetter Arsch ruht auf einem Schleudersitz, wie Sie selber wissen. Und die Finger, die den Auslöser betätigen, brauchen nur einmal nervös zu zucken. Sie werden sich jetzt nachhaltig um Ihr kleines Problem kümmern, oder Sie haben bald gar keine Probleme mehr. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
»Ja, sehr klar.«
»Gut.«
Ohne weitere Worte hatte sich der Mann umgedreht und mit seinen Begleitern das Büro verlassen. Zurück blieb nur die Visitenkarte.
Didier schauderte es beim Gedanken an die Szene. Bei all ihrer Trägheit hatten die schwergewichtigen Mächte in Paris zu allem Überfluss auch das sprichwörtlich gute Gedächtnis von Elefanten. Er schenkte sein Glas nach und versuchte jene Ereignisse des Sommers 1968 zu verdrängen, die, aufgeschreckt durch die jähe Begegnung mit der Vergangenheit, nun beharrlich in ihm emporquollen. Die an die Oberfläche drangen, emporgewürgt, ausgespuckt und gesühnt werden wollten.
»Monsieur le Maire?«
Die Stimme seiner Sekretärin schreckte ihn aus den Gedanken.
»Was gibt es?!«, herrschte er sie an.
»Monsieur Levasseur möchte Sie kurz sprechen... Soll ich ihm sagen, dass Sie...?«
»Nein, schon gut.« Er winkte ab, froh über eine Ablenkung, wenn seine Stimmung dadurch auch nicht besser wurde. »Lassen Sie ihn herein.«
Mit dem Fuß schob er den Beistelltisch ein Stück außer Reichweite. Sein Glas konnte er gerade noch so hinter einen Stapel Akten stellen, dass es für den Besucher nicht sichtbar war, als der Förster auch schon vor ihm stand.
»Wie war Ihr Besuch bei den UN-Leuten?«
»Nicht sehr aufschlussreich, wie ich aber leider schon vermutet hatte.«
»Weshalb das? Hat man Ihnen denn nicht geholfen?« Es konnte sich als nützlich erweisen, wenn die Forscher nicht kooperativ waren. Vielleicht konnte man ihnen daraus einen Strick drehen.
»Doch, ganz im Gegenteil. Sie waren durchaus hilfsbereit und haben mir ihre bisherigen Ergebnisse gezeigt. Ich muss zugeben, dass ich anfangs misstrauisch war, es ist aber leider tatsächlich so, wie sie sagen. Sie benötigen diese ganzen Wetterdaten. Sie werden sie tatsächlich aus Carcassonne anfordern müssen.«
Der Bürgermeister verzog den Mund. Anstatt einen guten Vorwand zu bekommen, die beiden Männer loswerden zu können, sollte er sich nun sogar noch weiter um ihre Angelegenheiten kümmern.
»Trauen Sie den beiden denn zu, dass sie die Seuche damit in den Griff bekommen?«
»Es sind übrigens inzwischen drei Forscher: Sie haben Unterstützung von einer Biologin bekommen.«
»Ach... das ist ja interessant. Und man hat mich nicht davon unterrichtet?«
»Offensichtlich nicht, Monsieur le Maire, aber ich bin sicher, dass Sie sie kennen lernen werden.«
»So. Nun gut. Und glauben Sie, dass die drei das Problem lösen können?«
»Ja, unbedingt. Sie sind hervorragend ausgerüstet. Auf dem neuesten Stand der Technik.«
»Hm... gut, einverstanden. Ich werde mich um die Wetterdaten kümmern. Vielen Dank für Ihre Einschätzung.« Er wandte sich scheinbar geschäftig einem Stapel Papier zu. »Wenn Sie mich nun entschuldigen möchten...«
»Natürlich. Einen schönen Tag noch, Monsieur le Maire.« Der Förster verließ das Büro, zufrieden, dass er die notwendige Zeit herausgeschlagen hatte, die er benötigte, um das undurchsichtige Geheimnis der Forscher zu lüften, die nun wirklich alles andere taten, als sich mit Tollwut zu beschäftigen.
Kapitel 12
8. Mai, Büro des französischen Präsidenten, Paris
Präsident Michaut legte die Unterlagen beiseite, lehnte sich zurück und massierte seine Schläfen.
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