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Projekt Babylon

Titel: Projekt Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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sich eine der Gruppen auf, und nur noch Renée Colladon blieb stehen und winkte die beiden zu sich.
    »Ich freue mich, dass Sie der Einladung gefolgt sind, Messieurs. Insbesondere Sie, Monsieur le Professeur. Ich hätte nicht erwartet, Sie wiederzusehen.«
    »Nun, da wir hier sind«, sagte Peter, »wird es Sie nicht verwundern, wenn wir uns unter völlig anderen Voraussetzungen gegenübertreten.«
    »Ich verstehe nicht, wie Sie das meinen.«
    »Als wir uns in Paris trafen, hatten wir mehr Fragen als Sie. Aber nun sind die Karten neu verteilt, und es gibt kein Geheimnis mehr, das Sie mit uns tauschen können.«
    »Monsieur Lavell, das klingt ja, als wären wir auf einem arabischen Teppichbazar und feilschten.« Sie lächelte. »Wenn Sie nichts von mir wissen möchten, weshalb kommen Sie dann zu mir?«
    »Ich habe etwas, das Sie haben möchten. Und ich möchte wissen, was Sie dafür bieten.«
    Sie lachte auf. »Was könnten Sie haben, das ich haben wollte?«
    »Ich weiß, wo sich das Haus des Heiligen Geistes befindet.«
    Patrick sah erstaunt herüber, aber die Großmeisterin erstarrte.
    »Was reden Sie da!«, entfuhr es ihr nach einer Weile tonlos. »Machen Sie sich nicht lächerlich!« An der Zurückhaltung in ihrer Stimme war zu erkennen, dass sie sich keineswegs sicher fühlte.
    »Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen«, hob Peter an, »und dann sagen Sie mir, wer sich von uns beiden lächerlich gemacht hat.«
    »Treiben Sie keinen Spott mit mir«, warnte Renée und verengte die Augen zu Schlitzen.
    »Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts«, begann Peter, »lebte ein Mann aus hohem teutonischem Geschlecht, der bereits im Alter von fünf Jahren in einem Konvent in allen humanitären Wissenschaften ausgebildet wurde. Mit fünfzehn reiste er ins Heilige Land. Als er in Damaskus von einem geheimen Kreis weiser Männer hörte, machte er sich auf den Weg und kam nach Damcar. Dort wurde er bereits erwartet und im Folgenden jahrelang in den geheimsten magischen Künsten ausgebildet.«
    Während Peter sprach, betrachtete Renée ihn mit versteinerter Miene.
    »Nach seinem Studium reiste er über Ägypten nach Fez und erlernte das Beschwören von Elementargeistern. Nach seiner Ausbildung machte sich der junge Mann auf den Weg zurück, erst nach Spanien und dann nach Deutschland. Lange Jahre philosophierte er als Einsiedler und entschloss sich dann, sein Wissen weiterzugeben und Gutes zu tun. Er errichtete das Haus des Heiligen Geistes, heilte und scharte immer mehr Anhänger um sich, die auszogen, um seine Weisheiten in Europa zu verbreiten. Der Mann hieß Christian Rosenkreuz, auch bekannt unter den Initialen C. R. C.«
    Renée sagte kein Wort.
    »Es geht noch weiter: Der Mann starb irgendwann in biblischem Alter und wurde an einem geheimen Ort begraben. Hundertfünfzig Jahre später fand man diesen Ort, eine Höhle, beleuchtet durch die › Sonne der Magi ‹, mit magischen Symbolen beschriftet, und eine völlig unversehrte Leiche.«
    Patrick beobachtete seinen Kollegen mit zunehmendem Erstaunen, während dieser fortfuhr.
    »Mitte des siebzehnten Jahrhunderts kam die ganze Geschichte richtig in Mode, als eine Schrift, die Fama Fratemitatis , veröffentlicht wurde. Jeder, der sich den so genannten Rosenkreuzern anschließen wollte, sollte dies durch eigene Taten und Veröffentlichungen kundtun. Noch heute gibt es einige Geheimgesellschaften und Orden, die sich auf die Rosenkreuzer berufen. Und so hält es auch die Bruderschaft der ›Wahren Erben von Kreuz und Rose‹, ist es nicht so? Vordergründig geben Sie vor, eine einfache Freimaurerloge zu sein, aber in Wirklichkeit betrachten Sie sich als wahre Nachfolger der mystischen Rosenkreuzer. Sogar Ihren Namen haben Sie den Initialen des heiligen Gründers angepasst, nicht wahr, Claire Renée Colladon?«
    Sie holte tief Luft, doch Peter ließ sie nicht zu Wort kommen.
    »Sie möchten gerne wissen, woher wir die Zeichnung der Rose haben und den Spruch › Dies sei ein Beispiel für meine Jünger ‹, richtig? Sie vermuten, dass wir auf der Spur des Christian Rosenkreuz sind. Nun, vielleicht sind wir das. Stellen Sie sich vor: Wir haben möglicherweise eine Höhle gefunden, voller Inschriften, teilweise unleserlich, mit einem unerklärlichen Leuchten, und an der Wand befindet sich die Malerei einer Rose, die Signatur C.R.C. und der lateinische Spruch: › Arcana publicata vilescunt... ‹«
    »› ... et gratiam profanata amittunt ‹«, vollendete Renée Colladon monoton.

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