Projekt Babylon
Madame Blavatsky, die 1875 die Theosophische Gesellschaft gründete.«
Ash setzte sich wieder in Bewegung und führte sie in einen anderen Raum. Hier standen Glasvitrinen, die jeweils von zwei bewaffneten Sicherheitsleuten flankiert wurden. In den Vitrinen waren aufgeschlagene Bücher oder Pergamentseiten zu sehen.
»Die Dokumente hier kommen aus aller Herren Länder und Kulturen. Sie stehen nicht zum Kauf, sondern sollen Gespräche in Gang bringen. Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?« Ash ging mit ihnen zwischen den Schaukästen hindurch. »Dies sind die Briefe des Paulus an die Korinther und die Galater, neben dem umstrittenen Jakobus-Evangelium. Hier liegen zwei noch ungeöffnete Qumran-Rollen, und hier nebenan wird eine Seite des berüchtigten Necronomicon des Abdul Alhazred ausgestellt. Hier sind Original-Aufzeichnungen des Nostradamus, hier die verschlüsselten Dokumente, die in Rennes-le-Château gefunden wurden, und das dort drüben ist das noch immer nicht entschlüsselte Voynich-Manuskript.«
»Unfassbar«, sagte Peter, setzte seine Brille auf und ging näher an eine Vitrine heran. »Das scheint echt zu sein.«
»Natürlich sind die Dokumente echt. Der Tradition nach hat jeder Eingeladene die Verpflichtung, aber auch das innere Bedürfnis, etwas mitzubringen, um es mit den anderen zu teilen. Es werden dabei keine Kosten und Mühen gescheut. Was mich natürlich zu der Frage führt, wie Sie zu einer Einladung gekommen sind, Messieurs.«
»Wir standen auf der Gästeliste«, antwortete Patrick.
»Natürlich standen Sie auf der Gästeliste. Jeder der hier Anwesenden steht auf der Gästeliste. Andernfalls wären Sie niemals hineingekommen, sondern würden denken, dies wäre eine geschlossene Gesellschaft, die sich mit dem Rezitieren antiker Lyrik den Abend vertreibt.«
»Jedenfalls haben wir keine Einladung bekommen.«
»Erlauben Sie mir, Ihnen zu widersprechen. Ich sehe das ganz anders, Monsieur Nevreux. Ohne Einladung hätten Sie niemals etwas von diesem Treffen erfahren. Ich bin außerordentlich gespannt zu erfahren, was Sie zum Austausch mitgebracht haben.«
»Wir haben tatsächlich etwas dabei«, erklärte Peter, der sich von den Vitrinen abgewandt hatte, und holte die Zeichnung des Symbols der Kreise aus der Höhle hervor. »Wir sind auf der Suche hiernach.«
»Der ›Kreis von Montségur‹!«, rief Ash überrascht aus, und einen Augenblick lang entglitten ihm seine Gesichtszüge und offenbarten blanke, fast zornige Erregung. »Sie sind dem Kreis auf der Spur...« Er kniff die Augen zusammen. »Wo haben Sie das her?«
»Das tut augenblicklich nichts zur Sache«, sagte Peter. »Wir müssen einiges über dieses Zeichen erfahren und suchen jemand, der uns dazu etwas sagen kann.«
Ash machte einen Schritt zurück. »Stecken Sie das bloß sofort wieder ein, Monsieur le Professeur!«, sagte er mit gepresster Stimme und mit Blick auf die herumstehenden Wachmänner.
Peter tat unwillkürlich, wie ihm geheißen, sah den Mann aber eindringlich an. »Was ist denn los?«
»Mit dem Kreis machen Sie sich hier blitzartig so unbeliebt, wie überhaupt nur möglich. Sie mögen sich jetzt auf neutralem Boden befinden, aber der endet unmittelbar hinter dem Ausgang, daher sollten Sie äußerst vorsichtig sein!«
»Verraten Sie uns, was es damit auf sich hat?«, fragte Patrick.
»Sind Sie tatsächlich so unbedarft, wie Sie tun? Der Kreis ist älter und mächtiger als wir alle hier und unser gesamtes Wissen zusammen. Niemand spricht über den Kreis, denn jeder hat bereits seine schlechten Erfahrungen damit gemacht. Und nun lassen Sie uns bitte das Thema wechseln!«
»Erstaunlicherweise schien Renée Colladon das Symbol überhaupt nicht zu kennen.«
»Sie haben es ihr gezeigt?« Ash verdrehte die Augen. »In Drei Teufels Namen! Warum haben Sie es nicht gleich an die Kirchentür genagelt?! Sie werden die Hunde von Tindalos auf Ihren Fersen haben, Professor!«
»Wie bitte?«, entfuhr es Patrick.
»Eine literarische Metapher«, erklärte Peter. »Lovecrafts Vision der Bluthunde der Hölle, die ihre Opfer über Jahrtausende hinweg durch Zeit und Raum bis in die Ewigkeit verfolgen, bis sie sie gestellt haben.«
Patrick wollte eine scharfe, lästerliche Bemerkung machen, aber etwas ließ ihn stocken. Eine Furcht einflößende Mischung aus Raserei und Angst blitzte in Ashs Augen auf. Er mochte nicht ganz richtig im Kopf sein, aber was er sagte, meinte er zweifellos todernst.
»Ich breche jetzt den Kodex der
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