Projekt Babylon
Sie war lebendig in ihm. Sie würde ihn sein Leben lang anklagen. Er konnte einzig verhindern, dass darüber hinaus noch andere Umstände sein Leben schwer machten. Und deswegen musste er seine weltliche Schuld an diejenigen abbezahlen, die ihn dazu aufriefen. Es war das Einzige, was er tun konnte.
Der Bürgermeister betrat das Hotel und erkundigte sich an der Rezeption nach den Forschern. Er erfuhr, dass sie neben drei Einzelzimmern auch eine Suite belegten, die ihnen als Büro diente.
»Finden Sie heraus, ob sie da sind«, wies er die Frau an der Rezeption an. »Ich möchte sie umgehend sehen.«
Die Frau überprüfte einen Computermonitor. »Sie sind noch nicht beim Frühstück gewesen. Möchten Sie, dass ich Sie mit einem der Zimmer verbinde, Monsieur le Maire?«
»Ich bitte darum! Am besten mit diesem Franzosen.«
Die Empfangsdame reichte ihm einen Telefonhörer, durch den er bereits das Klingeln am anderen Ende der Leitung hören konnte. Kurz darauf meldete sich eine Stimme: »Nevreux.«
»Guten Morgen, Monsieur Nevreux. Bürgermeister Fauvel hier. Ich muss Sie dringend sprechen.«
»Mich allein? Worum geht es?«
»Sie alle drei. Ich muss mich leider mit Ihnen über Ihre weitere Arbeit unterhalten.«
»Gibt es ein Problem?«
»Ich bin im Foyer, ich komme zu Ihnen hoch.«
»Nein! Wir kommen herunter. Wir treffen Sie im Salon Vert.«
»Gut.« Er legte auf.
»Guten Morgen, Monsieur le Maire«, grüßte Peter den Bürgermeister. »Darf ich vorstellen: Stefanie Krüger.«
Sie gaben sich kurz die Hände, doch der dicke Mann machte sich nicht die Mühe, dabei zu lächeln. »Sie werden das Hotel bis zum Ende der Woche verlassen müssen.«
»Aber warum denn?«, fragte Peter.
»Ich erwarte wichtigen politischen Besuch aus Paris. Das Hotel muss hierfür vollkommen zur Verfügung stehen.«
»Aber es ist noch nicht einmal ausgebucht! Sind Sie sicher, dass Sie die Herrschaften hier nicht unterbringen können?«
»Glauben Sie etwa, ich hätte das nicht bedacht?!« Fauvels Gesichtsausdruck erstickte jeden Widerspruch im Keim.
»Können Sie uns Ausweichquartiere besorgen?«, wollte Peter wissen.
»Nein.«
»Ohne Unterkunft und Büroräume können wir unsere Untersuchungen nicht fortsetzen!«
»Ich bin mir dessen bewusst, Monsieur le Professeur. Und ehrlich gesagt, macht das überhaupt nichts. Monsieur Levasseur hat die Situation alleine völlig unter Kontrolle.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie uns rausschmeißen?!«, fragte Patrick.
»Es ist mir gleichgültig, wie Sie es nennen wollen, Monsieur Nevreux. Tatsache ist, dass Sie bis Ende der Woche das Hotel geräumt haben müssen.«
»Das ist doch eine Frechheit!«, entfuhr es Peter, aber der Bürgermeister ignorierte ihn, drehte sich um und verließ sie.
»So ein widerlicher Fettsack!!«, fluchte Patrick. »Das haben wir mit Sicherheit diesem Förster zu verdanken.«
»Der machte mir eigentlich nicht den Eindruck, als würde er derart drastische Mittel einsetzen«, wandte Stefanie ein, »schließlich wollte er doch herausbekommen, was wir hier tun.«
»Ich glaube auch nicht, dass der Förster etwas damit zu tun hat«, sagte Peter. »Welcher Hafer den Bürgermeister sticht, ist mir allerdings ein Rätsel... Ich finde, wir sollten das dringend mit Elaine besprechen.«
»Dann lassen Sie uns ins Büro gehen und sie anrufen«, sagte Stefanie. »Und danach wird es Sie sicherlich auch interessieren, was ich gestern herausfinden konnte!«
»Einverstanden«, sagte Patrick. »Mir ist im Augenblick sowieso der Appetit auf Frühstück vergangen.«
»Kein Problem, Herr Professor Lavell.« Die Stimme klang genauso streng aus dem Hörer, wie er ihre Auftraggeberin in Genf in Erinnerung hatte. »Ich werde mich um alles kümmern. Machen Sie einfach Ihre Arbeit weiter. Ihr erster Zwischenbericht gestern war sehr vielversprechend. Ich hoffe, bald wieder von Ihnen zu hören.« Damit war das Gespräch abrupt beendet.
Sie saßen um ihren Konferenztisch und sahen sich an. Patrick hatte sich eine Zigarette angesteckt, und Stefanie hatte ihm wortlos einen Aschenbecher hinübergeschoben. Trotz Fauvels Auftritt schien sie guter Laune zu sein.
»Wie war es in Cannes?«, fragte sie schließlich.
»Gemessen an der Dauer unseres Besuchs war es vor allem ein wahnwitziger Aufwand«, sagte Peter. »Wir haben Renée Colladon wiedergetroffen und ihr auf den Kopf zugesagt, dass ihr Freimaurerorden lediglich vertuschen soll, dass sie in Wirklichkeit den Lehren und Rätseln der
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