Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht
verblüfft. Er hatte sich überhaupt nicht verändert. Sogar sein Haar trug er noch nach alter Mode, zurückgekämmt im selben Stil, der die Zeitschrift Underground vor Jahren veranlasst hatte, ihn zum Sexiest Superschurken Alive zu küren. Kurz bevor er verhaftet und eingesperrt wurde. Dann nahm er Iri wahr.
»Callie?« Er keuchte. Fast wäre er gegen seinen Bewacher getaumelt, der ihn am Ellbogen hielt.
»Dad!«, jubelte sie. Zum ersten Mal, seit sie Abbie verlassen hatte, spürte Iridium so etwas wie Freude in sich aufwallen. Sie sprang auf und flog auf ihn zu. Doch der Schlagstock der Wache stoppte sie.
»Kein körperlicher Kontakt mit den Gefangenen.«
»Ist ja schon gut, mein Mädchen«, sagte ihr Vater. »Setz dich hin. Wir haben volle zehn Minuten zum Reden.«
Seine Worte trieften vor Sarkasmus und verfehlten nicht ihre Wirkung auf den Wachmann. Der schnaubte und ging rückwärts aus dem Raum. »Freak.«
»Achte gar nicht auf ihn.« Ihr Vater lächelte sie an, die Krähenfüße um seine Augen gruben sich tief ein. »Sie haben dir erlaubt herzukommen. Hätte ich nicht gedacht.«
»Ich wollte kommen. Schon so lange«, sagte Iridium. »Ich vermisse dich, Dad.«
»Und ich dich. Meine Güte, Callie, wie ähnlich du deiner Mutter siehst.«
»Sag das nicht.« Indium rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. »In der Schule sagen alle, ich sehe aus wie du.«
Er lachte. »Und, wie geht es dir so im schicksten KZ der Welt? Haben sie es schon geschafft, dir einzureden, dass du mich hasst?«
»Niemals«, schrie Iridium auf. »Das würde ich niemals tun.«
»Hüte dich davor zu glauben, du wüsstest, was du tun würdest und was nicht«, murmelte er. »Die Akademie hat so eine Art, das umzudrehen. Als ob man in einen dunklen Spiegel schaut.«
»Ich werde dich regelmäßig besuchen.«
»Mal sehen, wie lange sie das zulassen, wenn du erst einmal ein Star auf Heldenkurs bist.« Er lächelte. »Und ich weiß, das wirst du sein. Von mir hast du die Gerissenheit und von deiner Mutter die Zielstrebigkeit.«
»Ich werde nie damit aufhören«, versprach Iridium. »Es ist so schwer, von dir getrennt zu sein, Dad. Jetzt wird mich keiner mehr davon abhalten.«
Lester ergriff ihre Hand. »Das ist mein Mädchen.«
KAPITEL 23
JET
Machen Sie sich eines klar – der durchschnittliche Kriminelle auf der Straße will Sie töten. Die Aufgabe eines Helden besteht darin, als Erster zu handeln, den Gegner außer Gefecht zu setzen und dabei sowohl am Leben zu bleiben als auch seinen Pflichten nachzukommen. Den Kriminellen kümmern all diese Dinge nicht.
Handbuch »Grundlagen der Selbstverteidigung«,
3. Auflage
Jet spürte, dass Lancer hinter ihr war, aber sie ignorierte ihn. Wenn sie ihre Aufmerksamkeit auch nur für eine Sekunde von Klein Schwachkopf abwandte, würde ihm das genau die Gelegenheit für einen Angriff geben, auf die er wartete. Außerdem wusste Jet nach zwei Jahren Selbstverteidigung gegen Familie Schwachkopf (Iri und sie hatten sich angewöhnt, Hornblower und seinen Onkel so zu nennen) genau, was der Ausbilder vorhatte.
Warum ist sein Tun immer so verdammt vorhersehbar?
Ein ernüchternder Gedanke hielt sie davon ab, die Augen zu verdrehen. Hier ging es vielleicht um eine ganz andere Lektion. Jeder, vom höchstdekorierten Helden bis hin zum übelsten Erzfeind, hatte eine spezielle Bewegung, die ihn verriet. Erkenne diese Bewegung, und du erkennst die Schwachstelle deines Gegners.
Vielleicht war Lancer aber auch einfach nur dumm. Bei dem Gedanken musste sie lächeln.
Jet duckte sich tiefer und umkreiste den großen Teenager auf allen vieren wie eine Krabbe. Unter ihrem schwarzen Dress schwitzte sie wie ein Neuling bei der ersten Abschlussprüfung. Das Kostüm bestand aus einem ausgezeichneten Material. Allein, dass sie es trug, gab ihr schon Selbstvertrauen und verlieh ihr ein Gefühl von Gefährlichkeit. Aber musste es so heiß sein? Sie ignorierte den Schweißtropfen, der langsam an ihrer Nase hinunterrann, und machte sich in Gedanken eine Notiz. Sie würde einen der Runner nach atmungsaktiver Unterwäsche fragen.
Hornblower glich seine Bewegungen ihren an. Vermutlich schwitzte er genauso wie sie. Er ließ ein wütendes Knurren hören. Oooh. Wie furchteinflößend. Nein, gar nicht. Jets Meinung nach übte er heimlich, Angst einflößende Grimassen zu schneiden. Niemand konnte seinen Mund auf natürliche Weise so verziehen, dass er wie ein Löwe aussah, der ein Fellknäuel auswürgt.
Um sie
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