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Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Titel: Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge , Jackie Kessler
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musste sich nur erst ein wenig beruhigen und wieder nüchtern sein. Dann konnten sie vernünftig miteinander reden.
    Morgen.

KAPITEL 42
    ANGELICA
     
     
    Im Nachhinein betrachtet hatten wir großes Glück, dass Angelica so lange durchgehalten hat.
     
    - Aus dem Tagebuch von Martin Moore, Eintrag Nr. 185
     
     
    Sie hatte schon wieder diesen Traum gehabt. Bebend setzte Holly sich in ihrem Bett auf und wünschte, George wäre da, um sie zu trösten. Aber er war nicht im Schlafzimmer.
    Sie schlang die Arme um sich und versuchte sich einzureden, dass es nur ein Traum gewesen sei, dass Hai immer noch im Blackbird saß. Dass er niemandem mehr wehtun konnte. Dass das, was er ihr gesagt hatte, eine verzweifelte Lüge gewesen war.
    Zitternd stemmte sie sich aus dem Bett und zog langsam ihren Bademantel an. Sie knotete den Gürtel zusammen und schlüpfte in ihre Pantoffeln. Dann tappte sie aus dem Schlafzimmer. Zuerst sah sie nach Joannie – die Kleine lag sicher in ihrem Bettchen und schlief den Schlaf einer völlig erschöpften Fünfjährigen nach einem Tag voller Spiel und Spaß. Ja, Joan hatte Spaß gehabt mit Callie, auch wenn sich Holly und Valerie beinahe gegenseitig an die Kehle gegangen wären.
    Nein. Darüber würde sie jetzt nicht nachdenken. Und Valerie Bradford konnte sich zum Teufel scheren.
    Holly schloss die Tür zum Kinderzimmer. Als sie leise den Korridor hinunterging, bemerkte sie die geschlossene Tür zum Arbeitszimmer. George war wach, um … nun, um zu tun, was immer er dort drin auch tun mochte. Holly hatte schon lange gelernt, dass sie ihn auf keinen Fall stören durfte, wenn die Tür geschlossen war.
    Auf ihrer Schulter war immer noch die kleine, kreisförmige Narbe zu sehen, die von jenem Tag stammte, an dem er sie diese Lektion zum ersten Mal gelehrt hatte.
    Holly betrat die kleine Küche und stellte den Teekessel auf den Herd. Reglos stand sie da, während sich das Wasser erhitzte. Als der Kessel pfiff, schüttelte sie sich schnell aus ihrer Starre und unterbrach das Geräusch, bevor George es hören konnte.
    Sie machte sich eine Tasse Kamillentee und nahm sie mit an den Küchentisch. Vorsichtig, jedes laute Geräusch vermeidend, zog sie einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich hin.
    In kleinen Schlucken trank Holly ihren Tee und schmeckte rein gar nichts.
    Als Blackout in die Küche kam, um sich etwas zu essen zu holen, bemerkte sie ihn nicht. Sie saß mit dem Rücken zum Flur und dachte über ihren Traum nach – denselben Traum, den sie nun schon seit sechs Jahren immer wieder träumte.
    Falls sie die Kälte überhaupt bemerkte, die der Blick ihres Mannes auf ihren Rücken warf, so tat sie es als kühlen Schauer ab und nippte weiter an ihrem Tee.
    So blieben sie beide etwa zwanzig Minuten lang: Holly dachte an einen anderen Mann, während sie in regelmäßigen Abständen winzige Schlucke von ihrem Tee nahm, und ihr Ehemann stand in der Tür, von wo aus er seine Frau mit schattenumwölkten Augen anstarrte.
    In Hollys Traum geht gerade die Belagerung von Manhattan zu Ende. Jener Moment, in dem Hai ihr sagt, dass sie benutzt worden ist, dass man sie gezwungen hat, ihn zu verlassen und Blackout zu lieben. Angelica hat gerade ihren letzten, verzweifelten Trumpf ausgespielt: Sie hat Doctor Hypnotic geküsst.
    Doch in ihrem Traum hört der Kuss niemals auf. Es gibt keinen Verrat, keinen Blick in Hals Augen, der von Niederlage kündet und von Trauer. Es gibt nur sie und Hai.
    Holly ist nicht bewusst, dass sie weint. Auf ihren Lippen spürt sie immer noch das Prickeln einer Berührung, die jetzt schon sechs Jahre zurückliegt. Sie weiß, dass das nicht real ist, sondern nur ein Traum. Aber das spielt keine Rolle. Die Gefühle sind immer noch da – die Leidenschaft, dann das Entsetzen.
    In ihrem Traum verführt Hai sie, oder sie verführt ihn, und sie beide sind die Herrscher der Welt, lieben sich auf einer Woge von Blut. Als sie einer Tochter das Leben schenkt, opfert sie das Baby dem Schatten, tief unten bei den Grundfesten der Erde, an der Grenze zur Hölle. Aber es ist nicht genug – der Schatten erhebt sich, ist immer noch hungrig.
    Und er greift nach ihr.
    »Was machst du hier, Schatz? Warum bist du wach?«
    Holly fuhr von ihrem Stuhl hoch. Tee schwappte über den Rand der Tasse und benetzte ihre Finger. Sie wandte sich zu George um -nein, zu Blackout, denn er trug immer noch seine Arbeitskleidung …
    Ihr Mann stand vor ihr und blickte auf sie hinunter. Die Dunkelheit, die in seinen

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