Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
lassen. Jetzt nicht mehr. Begreifst du denn nicht, Jet? Zum allerersten Mal habt ihr die Kontrolle, du und die Schwadron.«
Sie blickte ihn finster an. »Du sagtest, es wäre ein geschäftlicher Vorschlag. Was für eine Rolle spielst du in dem Ganzen?«
»Ich? Ich bin der freundliche Söldner aus der Nachbarschaft. Allzeit bereit, die Drecksarbeit zu machen, die euch Saubermann-Helden verboten ist. Betrachte mich einfach als den ultimativen Verhandlungsführer.«
»Der«, sagte Jet, »selbstverständlich seinen Preis hat.«
Er zuckte mit den Achseln. »Selbstverständlich. Der Junge muss ja auch was essen.«
»Ich werde mit den anderen darüber sprechen.« Sie streckte sich und begann ihre linke Schulter zu massieren – ihre Schwach stelle, seit sie sich im Vierten Ausbildungsjahr den Arm ausgerenkt hatte.
Als sie seine Hände auf ihrem Rücken spürte, versteifte sie sich. »Was machst du da?«
»Ich habe immer noch eine Massage-Ausbildung«, murmelte er. »Unter anderem.«
Sie glitt unter seinen Händen weg, drehte sich um und sah ihn direkt an. »Nein.«
»Nein?«
»Nein.«
Er warf den Kopf hoch und ließ seinen Blick über sie wandern, von oben nach unten, von unten nach oben, wobei seine Augen einen Moment lang verstohlen auf ihren Brüsten verweilten. »Du willst mich immer noch, Joan. Versuche nicht, es zu leugnen!«
Sie schluckte schwer. »Ich leugne es nicht.«
»So?« Er lehnte sich nach vorn, streckte die Hand aus und streichelte ihre Wange. »Wo liegt dann das Problem?«
Sie wollte sich hineinschmiegen in diese Berührung. Stattdessen schüttelte sie seine Hand ab. »Das Problem, Bruce, liegt darin, dass du mich gleich am nächsten Tag verraten hast, nachdem ich dir einmal so vertraut hatte.«
»Das war doch nur ein Job.«
Sie stand von ihrem Feldbett auf, schlang die Arme um sich und kehrte ihm den Rücken zu. »Ja, das war es. Das habe ich schon verstanden. Aber es war auch das letzte Mal, dass du mich je bekommen hast.«
Er lachte, leise und glucksend. »Wir werden sehen.«
»Musst du nicht los, Iridium suchen? Sehen, ob du sie vielleicht anbaggern kannst? Oder eine aus dem Dutzend weiblicher Runner, das du ständig im Schlepptau hast?«
»Danke für die Erlaubnis.« Schweigen. Dann: »Ich seh dich, Joan.«
Nachdem er gegangen war, stand sie noch eine geraume Weile so da, die Arme um sich geschlungen. Und dann ging sie endlich unter die Dusche.
KAPITEL 59
IRIDIUM
Am entsetzlichsten finde ich, dass ich genau sagen kann, wie es zu alldem gekommen ist. Wie ich die Welt verändert habe: Ich wollte meine Tochter retten. Stattdessen habe ich die Welt dem Untergang geweiht. Ich habe sie Corp geweiht und seiner Schwadron von Strolchen. Ich habe ein Schleusentor geöffnet, und die Flut hat mich weggeschwemmt.
-Matthew Ikarus, Tagebucheintrag, datiert auf 2020
Als das alte Wrigley-Stadion endlich in Sichtweite kam, fühlte, Iridium sich eindeutig schon nicht mehr so putzmunter.
Diesen Tag hatte sie vermieden, seit sie sieben Jahre alt gewesen war. Seit damals, als Night ihren Vater gefangen genommen hatte, anstatt ihn zu töten. Und jetzt war er doch gekommen. Im Grunde genommen war sie heute zur Waise geworden.
Würde die Schwadron sie überhaupt haben wollen, jetzt, wo sie keine Hilfe mehr gegen eine Herde wild gewordener Tunnelmutanten brauchten?
Würde es überhaupt jemanden interessieren, dass Iridium, die jetzt keine Schurkin mehr war, noch lebte?
»Hallo, Leute«, sagte sie, als sie in den Bereitschaftsraum trat.
»Das hier ist Protean. Protean, das sind Firebug und Meteorite. Taser kennst du schon.«
»Hey, Mann«, sagte Taser und schüttelte Protean die Hand. »Freut mich, dass du dich fürs Hierbleiben entschieden hast.«
Protean nickte und lächelte stumm.
»Ich bin Kai«, sagte Firebug und streckte eine Hand aus. »Willkommen an Bord!« Dabei ließ sie es allerdings bewenden und gab vor, schwer an einer der Konsolen beschäftigt zu sein. Bestimmt ist ihr unbehaglich zumute, dachte Iridium. Hypnotic war nicht der einzige Kinderschreck da draußen. Kai hielt das alles möglicherweise nicht durch, wenn sie dermaßen leicht aus der Fassung zu bringen war.
»Schön, euch beide hier zu haben«, sagte Meteorite, und Iridium bemerkte schockiert, dass bei diesen Worten ein echtes Lächeln über das Gesicht der ehemaligen Wettermächtigen huschte. Sah so aus, als täte es ihr ein bisschen weh. »Wir können immer eine helfende Hand brauchen.«
»Und ich
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