Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Titel: Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge , Jackie Kessler
Vom Netzwerk:
hat«, sagte sie leise. »Wir hätten an die Öffentlichkeit gehen und Corp ein für alle Mal fertigmachen können. Nicht bloß ihn.«
    Lester massierte den Punkt zwischen seinen Augen. Die Linien in seinem Gesicht traten scharf hervor, und das Grau in seinen Haaren war jetzt sehr deutlich zu sehen. Starke Anzeichen dafür, dass Arclight nicht mehr der unbesiegbare Schurke von einst war.
    »Callie, ich habe einiges dazugelernt, seit du ein kleines Mädchen warst. Das Wichtigste: Ein Corp wird es immer geben.«
    »Dad …«, begann Callie, aber der Anblick von Gordons Blut, das sich wie ein Heiligenschein unter seinem Kopf ausbreitete, verschlug ihr die Sprache. Sie sah die anderen an, doch Nevermore, Protean und Lionheart blickten nur zwischen dem toten Körper und Iridium hin und her, warteten, wie der Kampf Vater gegen Tochter wohl ausgehen würde.
    »Du weißt, dass das die Wahrheit ist«, fuhr Lester fort. »Ich habe versucht, Corp zu zerstören, und sieh nur, was dabei herausgekommen ist. Die Dinge stehen schlimmer als jemals zuvor. Ja, wir sind frei.« Er deutete auf das Lagerhaus. »Aber der Preis dafür ist das hier. Zerstörung und Verlust und Chaos. Eine Welt in Anarchie. Und Corp gibt es immer noch.«
    Iridium rieb sich die Stirn. »Also gibst du auf, Dad? Willst du damit sagen, dass es dir lieber ist, unter der Knute von Corp weiterzuleben? Nach allem, was sie dir angetan haben?«
    »Ich bin ein alter Mann, Callie.« Lester nahm das Blatt, auf dem seine Begnadigung vermerkt war, aus dem Hefter, faltete es ganz klein und steckte es in seinen Stiefel. »Und ich bin sehr, sehr müde.«
    »Ich glaube, du bist nicht der Held, für den Gordon dich gehalten hat«, flüsterte Iridium.
    »Nicht im Entferntesten«, stimmte Lester zu. »Ich bin nur ein Außermenschlicher, Callie. Wie wir alle, egal ob Held oder Schurke. Der Tag wird kommen, an dem auch du dich entscheiden musst zwischen heroischen Taten und deinem Leben. Ich tue es jetzt.«
    »Wo willst du denn hingehen?«, fragte Iridium und spürte eine plötzliche Leere in sich, die sie in Panik versetzte. Anwesend oder abwesend – Lester war immer ihr Fels in der Brandung gewesen, ihr Leitsystem für richtig und falsch.
    »Wahrscheinlich in die Schweiz. Deine Mutter hat dort ein paar Konten angelegt, bevor sie verhaftet wurde. Corp ist nie dahintergekommen. Europa ist schön. Ich bin schon viel zu lange nicht mehr auf Reisen gewesen.« Er blickte zu Nevermore, Lionheart und Protean. »Ihr könnt natürlich alle gerne mitkommen. Ohne euch hätte ich es nicht geschafft.«
    »Bin dabei, Paps«, sagte Nevermore, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
    Lionheart nahm wieder seine menschliche Gestalt an. Die Brust seines T-Shirts war blutverschmiert. Der Fleck ähnelte einem Muttermal. »Ja, ich auch«, brummte er. »Diese Stadt hat keine Zukunft.«
    »Callie?« Lester zog eine Augenbraue hoch, und der Ausdruck, der auf seinen Gesicht lag, machte sie ganz sicher in dem, was sie sagen wollte.
    »Ich bleibe hier.«
    »Um die Heldin zu spielen«, höhnte Lester.
    Iridium knirschte mit den Zähnen. »Wenn du gewollt hättest, dass deine Tochter eine Superschurkin wird, dann hättest du mich nicht so gut unterrichten sollen, Dad. Du hast mir gezeigt, was es heißt, ein Held zu sein. Das ist ganz allein deine Schuld.«
    Lester seufzte und wandte sich an Protean. »Und was ist mit dir, großer Mann?«
    Protean trat einen Schritt zu Iridium. »Ich bleibe auch. Mir gefällt es hier.«
    Über Lesters Gesicht huschte ein Lächeln. »So sei es. Ich werde im Fernsehen nach euch Ausschau halten.« Mit einem kühnen Schwung seines schwarzen Umhangs machte er kehrt und ging auf die Tür zu.
    »Dad!«, schrie Callie. Sie würde ihn vielleicht niemals wiedersehen, und er ging einfach so davon? Lester blieb stehen und drehte sich noch einmal um. Mit wenigen Schritten war Callie bei ihm. »Ich wollte nur sagen … ahm. Gute Reise.«
    Dann entfuhr ihr ein überraschtes Quieken, als Lester sie heftig in seine Arme zog. »Ich bin stolz auf dich, Calista, mein Mädchen«, wisperte er ihr ins Ohr. »Vergiss das nicht. Sei du der Held, der ich nie sein konnte.«
    Iridium blinzelte die Tränen weg. »Jawohl, Sir.«
    Lester machte sich los. Ihm schien noch etwas eingefallen zu sein. Er nahm seinen Umhang ab und gab ihn Callie. »Pass gut auf ihn auf, Tochter.«
    Dann schritt Arclight hinaus, hoch erhobenen Hauptes und aufrecht wie immer. Iridium blieb stehen, wo sie war. Sie fühlte sich wieder

Weitere Kostenlose Bücher