Projekt Sakkara
kann«, sagte Patrick grinsend. »Zigarette?«
Guardner lachte und bediente sich. »Sie, mein Freund, sollten erst einmal so alt werden, wie ich aussehe. Um Ihre Neugier zu befriedigen: Ich bin gerade achtundachtzig, habe also das Beste noch vor mir.«
»Das scheint mir auch so«, meinte Patrick und reichte ihm sein Feuerzeug.
»Ich möchte mich noch mal für Ihre Einladung bedanken, Mister Guardner«, sagte Peter.
»Oh, nicht der Rede wert. Sehen Sie: Ich bin es ja, der etwas von Ihnen möchte.«
»Ich dachte, Sie lebten in Kairo«, sagte Peter. »Was führt Sie nach Deutschland?«
»Sie. Ob Sie es glauben oder nicht. Ich bin allein Ihretwegen hier. Und ich habe Ihnen ein ganz besonderes Angebot zu machen. Sie können es unmöglich ausschlagen. Und Kosten spielen keine Rolle.«
»Das habe ich doch schon mal gehört«, sagte Patrick.
»Sie machen uns neugierig«, antwortete Peter.
»Natürlich. So ist es dramatischer, nicht wahr? Was halten Sie davon, wenn wir uns in ein ruhiges Restaurant begeben, und ich erzähle Ihnen alles, was Sie wissen möchten?«
»Mister Guardner«, sagte Patrick, »you just made my day.«
»Vorzüglich!«, erwiderte Guardner. »Wenn Sie sich als Franzose derart elegant in den anglophonen Idiomen zurechtfinden, wird meine ägyptische Schatzsuche sicherlich ein Kinderspiel für Sie werden.«
»Schatzsuche?«
»Ich muss sagen«, erklärte der Alte, während er seine Serviette auf dem Schoß zusammenfaltete und neben den Teller legte, »das Essen war vortrefflich. Und Ihre Weinauswahl, Monsieur Nevreux, exzellent. Ich danke Ihnen.«
»Ich bin gespannt, was Sie uns über Ihr Angebot erzählen werden«, antwortete Peter.
»Ja, natürlich«, sagte Guardner. »Es hat mir Freude gemacht, Sie auf die Folter zu spannen«. Er lächelte, griff zu seinem Kaffee und nippte daran. »Aber nun werde ich Ihnen endlich die Geschichte erzählen, wegen der Sie hier sind. Mein Vater, Sir John William Guardner, war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Ein Importeur, der Anfang des letzten Jahrhunderts mit orientalischen Waren handelte, hauptsächlich Möbeln, Tropenholz und so genannten Antiquitäten aus den Kolonien.« Er machte eine kreisende Handbewegung. »Sie wissen schon, Tische, Stühle, Truhen, Kommoden, Spiegel, alles, was irgendwie exotisch und gebraucht aussah. Statuen aus Polynesien, Papierschirme aus China, Bambuswände aus Japan, aber auch Zebrafelle und ausgehöhlte Elefantenfüße aus Afrika und so weiter.« Er leerte seinen Kaffee. »Den Ersten Weltkrieg verbrachte er in Ägypten, eine zwangsweise ruhige Zeit für ihn, da er mit dem Kriegsgeschäft nichts zu tun haben wollte. Er etablierte sich in Kairo, und 1919 stieg er in einer Reederei ein und arbeitete weiter als Handelsmann. Schließlich fuhren zwei Schiffe unter seinem Namen. Die Route London, Lissabon, Konstantinopel, Alexandria. Zu diesem Zeitpunkt war seine eigene Sammelleidenschaft für Antiquitäten erwacht, und insbesondere Ägypten hatte es ihm angetan. Angesichts der Entdeckungen zu dieser Zeit wohl auch verständlich. Ich ging damals in Brighton zur Schule. Sie müssen wissen, dass er seit meiner Geburt keinerlei Kontakt zu meiner Mutter pflegte. Sie hatten sich einmal zufällig kennengelernt, und mehr als eine Liebesnacht in London war es auch nicht gewesen. Aber sie verbot mir nie den Kontakt zu ihm und gestattete mir, ihn in den Winterferien zu besuchen. Er zeigte mir dann die Stücke seiner Sammlung und erzählte mir ihre Geschichten. Das letzte Mal sah ich ihn im Januar 1930. Ich war damals zwölf Jahre alt, und er saß mit einer Wasserpfeife auf der Terrasse und erzählte mir von seiner Suche. Damals eröffnete er mir zum ersten Mal, dass er keineswegs wahllos antike Einzelstücke sammelte, sondern, dass er einem bestimmten Ziel folgte: Er wollte einen Schatz finden. Nicht irgendeinen profanen Goldschatz, wohlgemerkt, sondern etwas unendlich Größeres, wie er sagte. Er nannte es immer ›Das Wissen der Welt‹ oder ›Den okkulten Ursprung aller Magie‹.«
Peter hob eine Augenbraue. Von derartigen Formulierungen und Anspielungen hatte er sich zuletzt vehement distanziert, nachdem sie nur um Haaresbreite einer satanischen Zeremonie entkommen waren.
Er verdrängte die Erinnerung daran so gut es ging und begann, sich eine Pfeife zu stopfen, argwöhnisch, wohin die Erzählung Guardners führen würde.
»Ich konnte und kann mit solchen Sachen nichts anfangen«, fuhr der Alte fort. »Dafür habe ich nichts
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