Projekt Sakkara
Wir fahren jetzt ein Stück spazieren, und auf dem Weg kannst du darüber nachdenken, was du falsch gemacht hast.«
»Ich bereue nichts!«
»Das glaube ich dir gern. Du solltest von nun an darauf achten, dass das auch so bleibt.« Dann wandte er sich an seine Männer. »Los, wir gehen!«
Widerwillig ließ sich Melissa zu einem Auto führen. Sie hatte die kriminelle Energie dieser Leute unterschätzt. Und während sie ihre Selbstsicherheit verfluchte, malte sie sich aus, was die Männer mit ihr vorhatten. Zum ersten Mal kroch Angst durch ihre Adern, und sie klammerte sich an die schwindende Hoffnung, an Körper und Geist unversehrt aus der Sache herauszukommen.
Kapitel 11
18. April 1941, Nekropole von Sakkara
Obwohl es schon später Nachmittag war, brannte die Sonne noch heiß auf die Ruinen und Grabanlagen von Sakkara herab. James stand neben dem Lastwagen, mit dem sie gekommen waren, und sah auf den markanten Schattenriss der Stufenpyramide des Djoser, die sich vor ihm erhob und dunkel gegen den hellblauen Himmel absetzte. Es war ein eindrucksvolles Bauwerk, deutlich kleiner natürlich als die gewaltigen Pyramiden des Giseh-Plateaus, aber wenn man wusste, dass der Monumentalbau der ägyptischen Grabanlagen hier seinen Ursprung genommen hatte, dann wurde einem die Bedeutung dieses Ortes bewusst.
Während Salah, der Ägypter, der ihm bei den Planungen geholfen hatte, neben ihn trat, kam aus einiger Entfernung ein Mann auf sie zu. Er war in eine Uniform gekleidet und trug ein Gewehr an einem Riemen über der Schulter.
»Es geht los«, sagte James zu seinem Begleiter. »Der erste Wachposten.«
Sie blieben stehen und warteten, bis der Mann herangekommen war. James grüßte ihn, indem er ihm einen Brief entgegenhielt.
»Mein Name ist James McEvoy, ich bin Fotograf und habe eine Genehmigung, hier Aufnahmen zu machen.«
Der Aufseher nahm das Papier entgegen, entfaltete und besah es. Dann steckte er es ein und richtete seine Waffe auf sie. »Sie hierbleiben. Ich werde prüfen.« Er drehte sich um und ging den Weg zurück, den er gekommen war.
James sah Salah fragend an. »Und jetzt? Was soll das heißen? Wann kommt der Bursche zurück?«
Der Ägypter zuckte nur mit den Schultern. »Bukra«, gab er zurück, was so viel hieß wie »morgen«, in Ägypten aber schlicht »irgendwann« bedeuten konnte.
»Na, wunderbar. Gut, dass wir ein bisschen Zeit mitgebracht haben.« James wandte sich ab und spazierte entlang der Geröllpiste, die sie gekommen waren, auf und ab. Es wäre geradezu lächerlich, wenn seine jahrelange Suche, während der er allen möglichen Widrigkeiten getrotzt hatte, nun an der bürokratischen Verstocktheit eines Wachmanns mitten in der Wüste scheitern sollte. Nachdem er den Text übersetzt hatte, war er lange Zeit überzeugt gewesen, dass das Pyramidion die größte Hürde sein würde. Aber wie sich herausgestellt hatte, war es nicht allzu schwierig gewesen, einen Termin mit der Altertümerverwaltung zu vereinbaren. Möglich, dass das unmittelbar damit zusammenhing, dass die Engländer noch immer großen Einfluss auf die Regierung Ägyptens nahmen. James fragte sich häufig, wie lange das noch gutgehen mochte, wo doch der Ruf nach Unabhängigkeit überall in der Luft hing, insbesondere in Afrika. Aber nun, da Krieg war, herrschte auch in den Kolonien hektisches Treiben, und es würde wohl noch ein paar Jahre dauern, bis die Bestrebungen nach Selbstbestimmung wieder die Oberhand gewannen. In diesem Fall aber hatte ihm die politische Lage in die Hände gespielt, denn so hatte er das Pyramidion studieren und dessen Rätsel lösen können.
James blickte die Schotterstraße hinunter, wo sie sich zwischen zwei sandigen Hügeln verlor. Dort parkte ein Auto. Es war dasselbe Modell, das ihnen auch schon in Kairo gefolgt war. Er wusste nicht, wer es war, der sie von dort beobachtete, aber er würde es am ehesten herausfinden, wenn er so tat, als bemerke er es nicht. Also drehte er sich wieder um und schlenderte zurück.
10. Oktober 2006, Guardner Residence, Kairo
»Sie sind sicher, dass Sie mitkommen wollen, Peter?« Patrick sah den Engländer schmunzelnd an. Er hatte es natürlich nicht anders erwartet, aber während er den Tag damit verbracht hatte, die notwendige Ausrüstung zusammenzustellen und fehlende Teile einzukaufen, hatte Peter sich sehr zurückgehalten. Nun war es inzwischen kurz nach neun, das Treffen der Rotarier hatte vor einer halben Stunde begonnen, und Dr. Aziz war
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