Projekt Sakkara
beschäftigt. Patrick wollte gerade das Haus verlassen, um loszufahren, als Peter sich zu ihm gesellte. Er trug, wie Patrick auch, nur schwarze Kleidung, damit sie im Dunkeln weniger auffielen.
»Selbstverständlich komme ich mit! Ein Pyramidion werden Sie mit Glück noch erkennen, aber Sie können ja nicht einmal eine altägyptische Dekoration von einer echten Inschrift unterscheiden. Geschweige denn, dass Sie eine Bedienungsanleitung lesen könnten, und wir wollen doch hoffen, dass das Pyramidion eine enthält, nicht wahr? Wie sonst sollen wir die Weisheit der Welt erfahren können?« Sie gingen nach draußen und stiegen in den Mietwagen, den Ahmad besorgt hatte.
Patrick lachte. »Ja, da haben Sie verdammt recht. Ich wusste, dass Sie mitkommen würden!«
»Ich wusste es auch. Und Sie wussten, dass ich es wusste. Deswegen habe ich mich so aufgeregt. Ich bin noch nie irgendwo eingebrochen. Ich bin immer rechtschaffen gewesen, habe weder Anweisungen missachtet noch Gelder veruntreut. Auch wenn es Leute geben soll, die da weniger skrupellos sind ... «
»Autsch«, rief der Franzose mit gespielter Empörung aus. »Das hat aber gesessen!«
»Wenn ich es mir recht überlege, habe ich nur ein einziges Mal etwas gestohlen, es war, glaube ich, ein Karamellbonbon. Da muss ich – lassen Sie mich nachdenken – etwa sieben Jahre alt gewesen sein.«
»Nichts für ungut, alter Freund«, sagte Patrick, »aber das wäre inzwischen sogar verjährt, wenn Sie nur halb so alt wären, wie Sie sind.«
»Na, Ihre Retourkutsche kommt aber zügig!« Peter hob eine Augenbraue und schmunzelte. »Habe ich Sie womöglich härter getroffen, als ich dachte?«
»Wissen Sie: Wenn's nur das ist, dann lasse ich es mir gerne vorwerfen. Ich habe schließlich bitter dafür bezahlen müssen.«
»Tatsächlich? Das wusste ich gar nicht. Waren Sie etwa im Gefängnis deswegen?«
»Nein, das nicht, aber nach dem Schadensersatz war ich so was von pleite, dass ich selbst den katastrophalen Job mit Ihnen in Frankreich annehmen musste.«
Peter lachte auf. »Sie schaffen es immer, noch einen draufzusetzen!«
Patrick stieß seinen älteren Kollegen scherzhaft in die Seite. »Klar doch, Sportsfreund, was wären wir sonst für ein Team? Aber ganz ehrlich: Ich freue mich, dass Sie mitkommen!«
Peter sah den Franzosen an und nickte. »Danke. Ich bin auch froh, dass Sie hier sind. Ohne Sie wäre das Unternehmen schon mehrfach stecken geblieben.«
»Ich denke, wir geben uns da nicht viel. Während Sie alte Papyri und Inschriften entziffern, bin ich der Mann fürs Grobe. Wir gehören zusammen. Wie Scylla und Charybdis.«
»Wohl eher wie Castor und Pollux, meinen Sie?«
»Keine Ahnung. Meine ich das?«
»Vermutlich. Ich erkläre es Ihnen, wenn Sie wollen ... «
»Danke. Nicht heute. Sehen Sie, wir sind fast da!«
Ahmad parkte in einer Seitenstraße und ließ die beiden aussteigen. Patrick nahm einen kleinen Rucksack vom Sitz, hängte ihn sich um und ging voraus, Peter hielt sich dicht hinter ihm. Sie liefen nicht über die Hauptstraße, sondern näherten sich dem Haus von der Rückseite und kamen bald an eine fast drei Meter hohe Mauer, die das Gründstück begrenzte. Im Garten ragten Büsche und Stauden auf, die hier weit über die Mauer hingen. Zusammen mit dem nur spärlichen Licht einer einzelnen Straßenlaterne in einiger Entfernung war man an dieser Stelle recht gut vor Blicken geschützt. Patrick zog ein Paar Fleischerhandschuhe aus dem Rucksack und zog sie an. Es waren kräftige Lederhandschuhe mit weiten Stulpen und einem Netz aus Kettenringen in der Handfläche. Peter fragte sich, wo um alles in der Welt so etwas in Kairo aufzutreiben gewesen war. Patrick holte eine schwere Stabtaschenlampe hervor und klemmte sie hinter seinen Gürtel. Dann sprang er nach oben, ergriff die Kante der Mauer und zog sich hoch. Halb oben zog er die Taschenlampe heraus und schlug mit ihr über die Mauerkante. Peter hörte es klirren und wich einem Regen aus Glassplittern aus. Offenbar waren zum Schutz gegen Einbrecher Glassplitter in die Mauerkante eingelassen. Dafür also die Kettenhandschuhe. Schließlich steckte der Franzose die Taschenlampe wieder weg, packte die Mauer abermals mit beiden Händen und schwang sich in einer eleganten Bewegung ganz nach oben.
»Gehen Sie in fünf Minuten zum Tor«, flüsterte Patrick von der Mauer herab. »Ich sehe zu, dass ich es aufbekomme.«
»Einverstanden!« Peter sah auf seine Uhr. Er würde sich ausreichend Zeit lassen
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