Projekt Sakkara
bisherigen wirtschaftlichen Zentren Theben, Memphis und Karnak ihre Bedeutung und der einflussreichen Priesterschicht sämtliche Macht.«
»Tja, das klingt so, als hätte er alles darangesetzt, sich unbeliebt zu machen.«
»Was ihm auch gelungen ist. Nach seinem Tod regierte einer seiner Stiefsöhne, Semenchkare, für einige Jahre, und ihm folgte ein anderer Stiefsohn: Tutanchaton. Man vermutete, dass Tutanchaton von der Amun-Priesterschaft dirigiert wurde, die wieder an die Macht wollte. Jedenfalls änderte er seinen Namen bald in Tutanchamun. Und zwanzig Jahre später, unter Haremhab, wurden die alten Zustände, Götter und Machtverhältnisse vollständig wiederhergestellt. Haremhab ließ den Aton-Tempel in Theben schleifen, und in einem erneuten Bildersturm wurden sämtliche Zeugnisse von Echnaton und der Amarna-Zeit von den Tempelwänden und aus der Geschichte gestrichen. Es blieb nur die Erinnerung an einen bösen Pharao und Ketzer.«
»Ihre Kenntnis ist wirklich hervorragend«, sagte Guardner. »Sind Sie mit allen Aspekten der ägyptischen Geschichte derart vertraut?«
»Nein, beileibe nicht«, sagte Peter. »Aber da ich mich mit Religion und Mystik beschäftigt habe, war Echnaton für mich von besonderem Interesse. Den letzten Stand der Forschung kenne ich allerdings nicht. Meines Wissens ist seine Mumie bisher nicht gefunden worden. Es gibt lediglich Spekulationen.«
»Und der Papyrus hat also mit Echnaton zu tun?«, fragte Patrick.
»Ja«, sagte Guardner, »Und wenn er wirklich aus dem Grab von Tutanchamun stammt, wie mein Vater behauptete, dann ist das auch wahrscheinlich, denn schließlich waren sie verwandt. Aber Sie werden es ja gleich selbst sehen.«
Nach dem ausgiebigen Frühstück führte Guardner seine Gäste zum Arbeitszimmer seines Vaters. Vor der Tür blieb er stehen und kramte mit umständlichen Bewegungen einen Schlüssel aus einer Hosentasche.
»Hier ist es«, sagte er, während er aufschloss. Dann öffnete er die Tür und übergab Peter den Schlüssel. »Behalten Sie ihn, solange Sie hier sind, aber vergessen Sie nicht, den Raum immer wieder abzuschließen.«
Sie traten ein. Patrick schlenderte an den Buchregalen vorbei zum Schreibtisch, während Peter beeindruckt von der Fülle an Büchern und gerahmten Dokumenten stehen blieb. Guardner trat neben ihn.
»Es ist eine beachtliche Menge Material, nicht wahr?«, sagte der Alte. »Ich hoffe, dass Ihnen diese Bücher bei Ihren Nachforschungen helfen werden. Vermutlich finden sich hier alle Hinweise, denen mein Vater nachgegangen war. Auch Nachschlagewerke sind ausreichend vorhanden. Aber wenn Sie dennoch etwas Besonderes benötigen, sagen Sie Bescheid.«
»Das ist eine außergewöhnliche Sammlung!«, sagte Peter. »Die Gemälde und antiken Dokumente an den Wänden scheinen echt zu sein.«
»Höchstwahrscheinlich sind sie es, ja. Mit weniger hätte er sich nicht zufrieden gegeben. Und er konnte es sich leisten.«
»Was ist denn das hier?«, fragte Patrick und deutete auf eine kleine Statuette auf dem Schreibtisch. »Ein Reiher mit Lendenschurz?«
Peter kam zum Schreibtisch und sah sich die steinerne Figur an. »Es ist der Gott Thot«, sagte er dann. »Er wird oft ibisköpfig dargestellt und ist einer der größten und ältesten Gottheiten. Er symbolisiert Weisheit und Wissen und hat der Legende nach den Ägyptern ihre Schrift, ihre Mathematik und letztlich ihre gesamte Wissenschaft und Kultur gebracht.«
»Wie Sie sich erinnern«, erklärte Guardner, »war mein Vater dem Ursprung allen Wissens und aller Kulturen auf der Spur. Daher interessierte er sich ganz besonders für die Gottheit Thot. Er war der festen Überzeugung, dass in den Legenden ein wahrer Kern steckte.«
Patrick hob die Augenbrauen und warf Peter einen skeptischen Blick zu. »Nichts für ungut, Mister Guardner«, sagte er dann, »aber Sie erwarten hoffentlich nicht, dass wir uns mit solchem esoterischen Unsinn abgeben? Und als Nächstes sollen wir ein Stargate suchen?«
»Aber nein«, Guardner lachte, »wo denken Sie hin! Nichts Okkultes, nichts Pseudoarchäologisches. Es geht noch immer um einen ganz konkreten, anfassbaren Papyrus. Und zwar den hier.«
Guardner hatte sich in der Zwischenzeit an einem Schrank zu schaffen gemacht und holte nun eine übergroße Ledermappe hervor, die er auf dem Schreibtisch aufklappte. Mehrere Dutzend Bogen Papier kamen zum Vorschein, alle über und über mit sorgfältig gezeichneten Hieroglyphen, Zeichnungen und Skizzen
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