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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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beobachtet, wie die Hieroglyphen scheinbar lebendig wurden und Geschichten von längst vergangenen Zeiten und von grenzenlosem Wissen erzählten, einem Wissen, das älter als die Menschheit war.
    Nach einer angemessenen Weile hatte er begonnen, den Inhalt der Stele Zeichen für Zeichen abzuschreiben. Ein Großteil des Textes erschloss sich ihm bereits bei dieser Arbeit. Dennoch musste er absolut sicher sein, durfte keine andere Interpretationsmöglichkeit übersehen, keine unbedeutend scheinende Kleinigkeit ignorieren.
    Und nun, kurz bevor seine Abschrift fertig war, waren da plötzlich Stimmen, und sie kamen näher! Er hörte es jetzt im Gang rumoren und poltern. Sie räumten Steine beiseite. Das verschaffte ihm noch einige Minuten. Hastig wandte er sich wieder dem Text zu, kopierte das nächste Zeichen, und dann ein weiteres. Er konnte auch noch die ganze Zeile schaffen, wenn er sich beeilte!
    »Was zum Teufel ... !«
    Die harte deutsche Stimme und der plötzliche Lichtschein ließen James zusammenfahren. Mit erhobener Laterne stand ein Fremder im Eingang des Raums, und hinter ihm waren weitere Männer zu sehen.
    »Was machen Sie da?«, herrschte der Deutsche ihn an und wiederholte seine Frage dann auf Italienisch.
    James konnte die Ironie des Augenblicks kaum fassen. Da hatte er sich in das Land des Feindes geschlichen, war allen Kontrollen ausgewichen, in den Palast eingedrungen, um Haaresbreite den Wachen entgangen, und ausgerechnet in dieser einen Nacht durchstreifte ein Trupp Nazis den Keller und erwischte ihn dort, wo er sich am sichersten gewähnt hatte! Fieberhaft versuchte er, sich ein paar italienische Sätze zurechtzulegen. Wenn die Deutschen ihn als Engländer erkannten, würden sie ihn garantiert fertigmachen. Doch als er aufstand und dabei den Blick auf die Stele freigab, wich die Aufmerksamkeit des Mannes einem atemlosen Staunen.
    »Die Tabula!«, rief er aus. »Sie ist es. Die Tabula Smaragdina!«
    James verstand die Worte. Der Deutsche hielt die Stele offensichtlich für die mystische Smaragdtafel. Aus dieser Perspektive hatte er selbst es noch nie betrachtet. In der Tat, wenn man darüber nachdachte, konnte die Stele durchaus der Ursprung der Legende sein. Vielleicht war der Mann doch nicht einfach ein Soldat, sondern ein Gelehrter, ein Wissenschaftler oder Forscher.
    Der Deutsche trat an den Stein heran und fuhr langsam mit einer Hand über die gravierten Hieroglyphen. James beobachtete ein erregtes Funkeln in den Augen des Mannes.
    »Rosner!«, rief der Deutsche jetzt mit einem Blick zur Seite, »schaffen Sie den Mann dort weg! Und durchsuchen Sie ihn.«
    Nun stürmten die anderen Männer in den Raum. Bei ihnen handelte es sich allerdings ganz offensichtlich um Soldaten. Einer packte James und zerrte ihn beiseite. Er widerstand dem Drang, sich zu wehren. Gegen die Übermacht hätte er keine Chance. Er hob die Arme, als seine Taschen durchwühlt wurden.
    »Was ist denn das?« Der Deutsche bückte sich und hob die Papiere und Zeichenutensilien auf, die James verwendet hatte. »Er hat die Stele kopiert, das nenne ich Glück.« Er wandte sich an den Fremden. »Sie haben mir viel Arbeit erspart. Was haben Sie hier überhaupt zu suchen?«
    James schwieg.
    »Können Sie mich verstehen? Rosner, wo kommt er her?«
    »Er hat keine Ausweispapiere bei sich, Doktor Morgen.«
    Morgen musterte den Festgenommenen. Er schien ein Westeuropäer zu sein. Der hellen Haut und den blonden Haaren nach zu urteilen war es unwahrscheinlich, dass er ein Italiener oder Südeuropäer war. Vielleicht ein Skandinavier, ein Ire oder Engländer. Was zum Henker hatte der Mann hier zu suchen? War er auch auf der Spur der Tabula, oder suchte er bloß zufällig nach antiken Artefakten? So oder so durfte er kein Risiko eingehen und jemand anderem die Tabula überlassen.
    »Suchen Sie ein ruhiges Plätzchen hier unten, und sperren Sie den Mann dort ein«, wies er Rosner an.
    Dann wandte sich Morgen wieder der Stele zu. Er bewunderte die handwerkliche Kunstfertigkeit, mit der die Zeichen im Marmor ausgeführt worden waren. Jede noch so feine Linie war präzise herausgearbeitet, und der Stein sah aus, als hätte er gerade erst die Werkstatt eines Meisters verlassen. Es war ein Objekt vollkommener Schönheit und darüber hinaus die Manifestation absoluter Macht!
    Er verglich die Abschrift des Fremden mit dem Original und stellte fest, dass sie überaus sorgfältig war, ja, sie ließ sogar erkennen, dass sich der Mann mit der ägyptischen

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