Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
Vom Netzwerk:
einzelne Kerze brannte und ein Mann auf dem Boden saß.
    »Chi siete? Che fate qui?!«, fragte der Wachposten.
    James gab gequälte Laute von sich und hielt sich den Bauch, als sei er verletzt. Er wollte unbedingt, dass der Mann die Tür aufschloss und eintrat.
    »Cosa ha? È ferito?«, verlangte der Mann mit der Laterne jetzt, aber James antwortete nicht, sondern ließ sich langsam auf die Seite sinken.
    Der Wachmann untersuchte das Vorhängeschloss und zog einen Schlüsselbund hervor. Er probierte einige Schlüssel aus, bis er schließlich einen fand, der passte, und das Schloss sprang auf. Er trat ein und näherte sich behutsam.
    Als er direkt vor James stand, holte dieser mit dem Holzstück aus und schlug dem Mann mit seiner ganzen Kraft gegen die Beine. Ein herausstehender Nagel bohrte sich in das Knie des Italieners. Er schrie auf und ging zu Boden.
    James sprang auf, packte seine Tasche und rannte los, bis er das obere Ende der Treppe erreicht hatte und, geblendet vom Tageslicht, einen Moment stehen blieb. Es war zwar nur eine kleine Chance, aber vielleicht die einzig sinnvolle, die er hatte: Er würde den Palast verlassen, als sei es das selbstverständlichste der Welt. Er klopfte sich den Staub von der Kleidung und strich sie glatt. Dann bemühte er sich um eine aufrechte Haltung und ging Richtung Ausgang.
    James schritt durch das Tor an der Wache vorbei.
    Der verdutzte Wächter überlegte einen Augenblick, ob er etwas erwidern sollte, aber dann zuckte er mit den Schultern und ließ den Mann gehen.
    Als einige Minuten später helle Aufregung im Palast ausbrach, wurde er sich seiner Nachlässigkeit bewusst und behielt den Vorfall lieber für sich.
     
    5. Oktober 2006, Rhodos Stadt
     
    »Das war ja ein schöner Reinfall«, sagte Patrick, während er seinen Kaffee absetzte und sich zurücklehnte. Nachdem sie aus dem Palast gekommen waren, hatten sie sich von den Menschenströmen auf der Odós Sokrátous treiben lassen und sich schließlich in einem Cafe unter einer großen Platane niedergelassen. Peter hatte seine Pfeife entzündet und sah nun die Einkaufsstraße entlang über die Köpfe der bunten Menge hinweg in die unbestimmbare Ferne.
    »Wenn ich bedenke, wie es uns in Frankreich ergangen ist«, fuhr Patrick fort. »Da haben wir uns vor Hinweisen kaum retten können, überall irgendwelche Spinner, die uns etwas erzählen wollten. Aber hier? Erst ein Artefakt, das uns nicht weiterführt, und nun die Stele. Der einzige Hinweis. Und jetzt ist sie kaputt, und die Geschichte ist zu Ende.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung und schüttelte den Kopf. »Ich meine, immerhin haben wir sie überhaupt gefunden, das war verdammt unwahrscheinlich. Aber wir hätten uns auch denken können, dass sie gar nicht mehr intakt ist. Das ist genauso gut, als wenn sie verschollen geblieben wäre. Oder haben Sie noch eine gute Idee? Peter? Haben Sie überhaupt zugehört?«
    Peter sah ihn an und hob eine Augenbraue. »Doch. Aber sicher doch. Sie halten die Stele für verschollen.«
    »So ähnlich ... «
    »Dabei ist es doch faszinierend, finden Sie nicht? Denken Sie darüber nach!« Peter zeigte mit dem Mundstück der Pfeife auf seinen Kollegen. »Jahrhundertelang blieb das Stück unbehelligt. Wahrscheinlich ist der Stein erst wiedergefunden worden, als die Italiener den Palast neu aufgebaut haben. Plötzlich studiert jemand die Inschrift, kopiert Teile davon und schreibt sie an die Wand. Und es kommen Deutsche her – aus welchem Grund auch immer – und zerstören die Inschrift, so dass niemand sie mehr entziffern kann. Was kann man daraus ableiten?«
    »Nun?«
    »Dass die Stele das ist, wofür wir sie gehalten haben! Was für einen anderen Grund sollte es geben? Es ist doch bekannt, dass die Nationalsozialisten eigene Abteilungen für die Erforschung von mystischen Ursprüngen beschäftigt haben. Die ganze Ideologie des Rassenwahns war durchzogen von esoterischem und pseudohistorischem Gedankengut, die absurden Ideen über eine Herrenrasse und die Allmachtsfantasien, alles war mit Symbolik überladen. Und das bezog sich nicht nur auf die nordische Sagenwelt. Überlegen Sie: der Begriff ›Arier‹. Damit sind Angehörige der indogermanischen Stämme gemeint, die aus dem nahen Osten kommen, dem heutigen Iran und Indien. Man war auf der Suche nach Ursprüngen, die weit in die Frühzeit zurückreichten. Oder das Hakenkreuz, das Swastika, ein arkanes Symbol, das noch heute in östlichen und fernöstlichen Kulturen, sogar im

Weitere Kostenlose Bücher