Projekt Sakkara
von gestern, aber höchstens ein paar Jahrzehnte alt. In jedem Fall ist sie nicht aus dem Mittelalter.«
»Jemand hat die Stele also in der Neuzeit entdeckt ... «, überlegte Peter.
» ... und vielleicht auch mitgenommen«, vollendete Patrick den Gedanken.
»Aber sie war hier!«, beharrte Peter. »Und vielleicht ist sie es immer noch. Ich wusste es.«
»Na gut, wir können ja noch ein bisschen suchen«. Patrick leuchtete in dem Raum umher. »Da hinten ist ein Durchgang. Wollen Sie das vorher noch abschreiben?«
Patrick zog einen Kugelschreiber heraus und machte sich dann an seiner Zigarettenschachtel zu schaffen. Er riss sie auf, faltete sie auseinander und reichte Stift und Papier an den Engländer. Der nahm die Utensilien entgegen, setzte seine Brille auf und begann mit der Abschrift.
Kurze Zeit später war er fertig, und sie besahen sich den Durchgang im hinteren Teil des Raums. Ein Eisengitter versperrte den Weg. Es war in den ehemaligen Türbogen zementiert worden, aber der Zement war stellenweise abgebröckelt. Ein Schloss hing an der Tür, das mindestens fünfzig oder mehr Jahre alt und dementsprechend verrostet war.
»Wollen Sie das auch knacken?«, fragte Peter.
»Nein«, erwiderte Patrick. Dann holte er aus und versetzte dem Gitter einen kräftigen Tritt. Durch die Wucht lösten sich die Zapfen aus der morschen Wand, und die Konstruktion flog mit lautem Geschepper nach hinten. Der Weg war frei.
»Meine Güte!«, zischte Peter. »Müssen Sie so einen Lärm machen!«
Patrick leuchte in den Durchgang und ging voraus. Sie liefen durch einen Gang, der mit Schutt übersät war.
»Wonach genau suchen Sie denn?«, fragte der Franzose. »Erwarten Sie, dass die Stele hier einfach irgendwo herumsteht?«
»Das sicherlich nicht. Vielleicht liegt sie auch auf dem Boden oder ist in die Wand eingelassen. Ich stelle mir jedenfalls eine Steinplatte vor, höchstens mannshoch, wahrscheinlich kleiner, einige Zentimeter dick, und wenn man den Gerüchten der Tabula Smaragdina glauben darf, dann ist sie tatsächlich aus Smaragd. Sie heißt ja nicht umsonst so.«
»Höchstens aus Malachit«, überlegte Patrick, »oder grünem Marmor. Aber das sind ja schon mal gute Anhaltspunkte.«
Sie leuchteten sich ihren Weg durch die finsteren Katakomben und untersuchten Boden und Wände nach verdächtigen Spuren. Dann betraten sie einen Raum, der an den Rändern mit Geröll und Trümmern angefüllt war. In der Mitte war jedoch eine freie Stelle, als hätte man begonnen, hier aufzuräumen. Oder etwas zu suchen.
»Das sieht sehr gut aus«, sagte Peter. »Leuchten Sie mal hier herüber. Vielleicht verbirgt sich die Stele zwischen diesen Abfallhaufen.«
Im Licht der Taschenlampe erkannten sie bemalte Mauerstücke, Reste zerbrochener Statuen, Bruchstücke weißer Marmorpaneele und andere Teile.
Plötzlich schrie Patrick auf.
»Ich glaube, wir haben sie!«
Er hielt einen flachen Stein hoch, zwei Handflächen groß und etwa fünf Zentimeter dick. Es war der Teil einer Platte mit unregelmäßigen Bruchkanten. Der Stein schimmerte dunkelgrün, und in die glatt polierte Oberfläche waren scharfkantige Hieroglyphen gemeißelt.
24. Juli 1940, Rhodos Stadt
James zuckte zusammen, als er Stimmen durch das Gewölbe hallen hörte. Was um alles in der Welt ging da vor sich? Warum waren Menschen hier im Kellergeschoss?
Im Licht der Kerzenflamme sah er auf seine Armbanduhr. Es war bereits nach Sonnenaufgang, sogar schon kurz vor neun! Und es fehlten noch einige Zeilen des Textes! Wäre er bloß nicht so lang in der Abstellkammer stecken geblieben! Erst als sich der Mann nach längerer Zeit erneut von seinem Stuhl erhoben und auf den Weg zur Toilette gemacht hatte, konnte James aus dem Raum fliehen. Er war mindestens eine weitere Stunde umhergeirrt, immer auf der Hut, nicht noch einmal auf Wachen zu stoßen, bis er einen Abstieg in das Untergeschoss gefunden hatte. Und dann hatte die Arbeit erst begonnen. Mit einer entzündeten Kerze in der Hand hatte er umhergetastet. Mehrfach hatte er die Kerze abstellen und Geröll beiseiteräumen müssen.
Als er die Stele schließlich gefunden hatte, hatte er es erst nicht glauben können. Sie war es tatsächlich! Nach so vielen Jahrtausenden existierte sie tatsächlich noch und lag hier, zwischen Trümmern und Schutt, unbeachtet und doch so wertvoll wie nichts anderes auf der Welt.
Einige Zeit hatte er vor ihr gesessen, ehrfürchtig, hatte das Spiel des Lichts auf dem grünen Stein bewundert,
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