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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihn als Trophäe des Sieges an die Hütte zu hängen.«
    »Und was denken sie, wenn so ein Flugzeug über sie hinwegdonnert?« Thea Sassenholtz hob schaudernd die Schultern und blickte hinunter in die unberührte Wildnis.
    »Ich weiß es nicht. Zuerst werden sie wohl geflüchtet sein vor dem brüllenden Gott, inzwischen haben sie sich sicher daran gewöhnt.« Und als man die ersten Siedlungen und Bananenplantagen vor Guayaquil überquerte, sagte er: »Schade …«
    »Was ist schade?«
    »Daß der Flug schon zu Ende ist. In zwanzig Minuten landen wir, ein Händedruck – und wir sehen uns nie wieder. Wirklich schade.«
    »Sie haben mir in meiner Panik sehr geholfen, Señor Garcia. Erst das Schiff verpassen, dann der schreckliche Mensch in der Botschaft und dann allein in dieser fremden Welt … welch ein Glück, daß wir uns im Hotel getroffen haben.«
    »Welch ein Glück! Das sage ich auch! Ich werde übrigens die Behandlung, die Ihre Landsleute Ihnen angedeihen ließen, nicht auf sich beruhen lassen. Das gibt noch ein Nachspiel. Sie mag man einschüchtern, mich nicht! Ich bin Costaricaner, das deutsche Untertanendenken ist mir nicht angeboren.«
    »Lassen Sie das, bitte.« Thea Sassenholtz schüttelte den Kopf. »Was käme denn dabei heraus? Eine Aktennotiz, die in Bonn verstaubt. Wieder so einer, der da meckert, wird man sagen. So'n Halbindianer! Das hab'n wir gern!« Sie sah ihn erschrocken an. »Verzeihen Sie! Das mit dem Halbindianer sollte keine Beleidigung sein.«
    »Auch wenn ich einer wäre: Es würde mich nicht beleidigen. Mein Indianerstolz wäre stärker als die Selbstherrlichkeit der Weißen. Ich wundere mich manchmal, wie geduldig und sanft die Eingeborenen es zulassen, daß man sie von allen Seiten wie seltene Tiere fotografiert, ihre Tempel und Kultstätten betritt, ohne nach den Gebräuchen zu fragen, die Götter beleidigt … es ist unfaßbar.« Garcia lehnte sich zurück. »Was würde wohl ein Weißer sagen, wenn die Indianer und Neger in sein Land kämen, den Weißen mit der Kamera auflauerten, säugende weiße Mütter fotografierten, in den Kirchen die Altäre und Christusfiguren umschwärmten und dabei laut in ihrer Sprache herumredeten, ihre Mützen und Hüte nicht abnähmen, die Gottesdienste mit Blitzlichtfeuern aushellten und mit hundert schnurrenden Filmkameras die Gebete aufnähmen, sich in die Kirchenbank setzten und genußvoll ein Picknick hielten – können Sie sich das vorstellen? Ich habe es in Japan erlebt, in Indien und in Kairo, in China und zuletzt im Hadramaut. Da sind die Touristen ohne zu fragen in die Lehmhochhäuser hineingegangen und haben die Lebensgemeinschaft von Tieren und Menschen fotografiert, als sei das selbstverständlich im Preis inbegriffen. Können Sie auch nur davon träumen, daß ein Indio wortlos eine deutsche Wohnung betritt und dort alles fotografiert? Unmöglich, werden Sie sagen. Das gäbe einen Krach! Aber von den ›Wilden‹ verlangt man, daß sie stillhalten. Sind das denn keine Menschen mit Stolz und mit dem Recht auf die Privatsphäre? Und wehe, wenn sie sich abweisend zeigen! Dann bricht der ganze Hochmut der Weißen durch, dann demonstriert man die ›Herrenrasse‹, dann heißt es: Diese Wanzen müßte man ausräuchern! –« Garcia holte tief Luft. »Ich habe einmal einen Deutschen, der in Jordanien in kurzen Shorts, die Leinenmütze auf dem Kopf, an den Füßen die Schuhe, eine Moschee betreten hatte und das Grabmal eines Heiligen fotografierte, zurechtgewiesen. Wissen Sie, was er zu mir hinbrüllte? ›Verpiß dich, du Nudelfresser!‹ – So ist das.«
    »Ja, so ist das.« Thea Sassenholtz nickte betroffen. »Und deshalb hat es gar keinen Sinn, sich über den Beamten von der Botschaft zu beschweren. Sie sind ein ›Nudelfresser‹. Ich habe es Ihnen ja gesagt: Ihre Beschwerde landet sofort im Papierkorb. Wozu also die Mühe?« Sie blickte aus dem Fenster. Unter ihnen zogen die Zuflüsse des Rio Guayas vorbei, die Siedlungen, das kultivierte und bebaute Schwemmland, die Mangrovensümpfe, die Kakaofelder und auch ein paar Ölbohrtürme. Ecuadors neuer Reichtum wurde hier gesucht. Erdöl … das Zauberwort für Millionen.
    »Jetzt sind wir gleich in Guayaquil«, sagte sie.
    »In wenigen Minuten sehen wir das Häusermeer am Fluß.« Garcia schnallte sich an. Die erste Durchsage von der Chefstewardeß krächzte in den Lautsprechern. Anflug auf Guayaquil. »Wann kommt Ihre Atlantis hier an ?«
    »In zwei Tagen.«
    »Ist es unverschämt, Sie zu

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