Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Teyendorf sprang auf. »Soll ich das Herrn Dr. Schwarme sagen? Der bekommt einen Tobsuchtsanfall. Nichts! Man muß doch etwas unternehmen!«
    »Was denn, Herr Kapitän?«
    »Ich erwarte einen Vorschlag von Ihnen. Wenn ich ein Rundschreiben an alle Passagiere herausgebe, ihren Schmuck wegen Diebstahlsgefahr nur in den Schließfächern zu verwahren, und wenn Dr. Schwarme von dem Einbruch erzählt – was glauben Sie, welche Unruhe das unter unseren Gästen gibt? Jeder verdächtigt jeden, jeder mißtraut dem anderen. So entsteht eine explosive Atmosphäre.«
    Dabrowski schüttelte den Kopf: »Dr. Schwarme muß über den Diebstahl auf jeden Fall Stillschweigen bewahren. Das Versprechen müssen wir ihm abnehmen. Carducci darf nicht gewarnt werden. Nur wenn er sich sicher fühlt und erneut zuschlägt, haben wir eine Chance, ihn zu entlarven. Eines macht mich stutzig: Carducci ist ein erfahrener Profi und muß damit rechnen, daß jetzt an Bord ein Riesenrummel entsteht und einen zweiten Raub vielleicht unmöglich macht. Andererseits: Bei soviel Schmuck an Bord kann er sich doch nicht mit einem einzigen Beutezug zufriedengeben! So etwas paßt nicht zu ihm.«
    »Ein … ein anderer Dieb?« fragte Willi Kempen stockend.
    »Das fehlte uns noch!« Teyendorf setzte seine Kapitänsmütze auf und ging zur Tür. »Versuchen wir es, Herr Dabrowski. Dr. Schwarme und Frau posaunen ihr Mißgeschick nicht unter die Leute, und Sie haben – wie bei dem Mord an Mrs. White – bis Valparaiso Zeit, den oder vielmehr die Täter zu finden. Ich habe, während Sie die Mannschaft vor der Videokamera vorbeimarschieren ließen, von unserer Vertretung in Acapulco aus mit der Reederei telefoniert: Die stehen dort kopf und überlassen es uns, was wir tun. Sehr einfach. Aber eins wurde mir immer wieder eingebleut: Kein Aufsehen, kein Skandal, das Ansehen von MS Atlantis wahren.« Teyendorfs Stimme klang jetzt bitter: »Nun tun Sie das mal angesichts eines Mordes und eines internationalen Juwelendiebs! Ich kann Ihnen sagen: Als ich noch ein Containerschiff fuhr, lebte ich ruhiger und sorgloser. Das war ein Erholungsjob gegen die Aufgabe, Kapitän eines Musikdampfers zu sein!«
    Zum erstenmal gebrauchte Teyendorf diesen Ausdruck für sein schönes Schiff – ein Beweis dafür, wie tief ihn die Ereignisse der letzten Tage getroffen hatten.
    Dieser Abend gehörte Herbert Fehringer, so war es ausgemacht.
    Nach dem Abendessen mit dem bekannten fliegenden Wechsel auf der Toilette blieb Hans in der Kabine, sah sich das Bordfernsehprogramm an, einen alten Film, und las dann im Bett einen Kriminalroman. Ab und zu dachte er an Sylvia und spürte eine starke Sehnsucht nach ihr, daß er große Lust hatte, aufzustehen, sich anzuziehen und sie zu suchen – aber das hätte alles zerstört, ihr ›Zwillingsspiel‹ verraten und ihnen womöglich Gefängnis eingebracht. »Bis übermorgen!« hatte er zum Abschied gesagt. »Wir dürfen nicht auffallen …«
    Herbert würde jetzt, wie er es versprochen hatte, in der vornehmen Olympia-Bar sitzen, dem Alleinunterhalter am weißen Flügel zuhören, eine Flasche trockenen Wein trinken und alles vermeiden, was zu einem Zusammentreffen mit Sylvia führen könnte. Vor allem würde er vorsichtshalber dem Tanzabend fernbleiben, der heute – Gastspiel einer Folkloregruppe aus Acapulco – im Sieben-Meere-Saal angesagt war; denn mit Sicherheit war anzunehmen, daß Sylvia dorthin ging. Seit jeher galt es als ungeschriebenes Gesetz: Niemals traten die Zwillingsbrüder gegeneinander als Rivalen bei einer Frau an.
    Doch heute tat Herbert Fehringer – diesmal der zweite beim Abendessen – genau das Gegenteil. Er gab Sylvia durch heimliche kleine Zeichen zu verstehen, daß man sich nachher im Saal sehen werde. Sie verstand ihn sofort, nickte unmerklich und wurde gleich viel lebhafter und fröhlicher. Ihr Mann, Knut de Jongh, beschäftigte sich gerade mit einem exzellenten Bordeaux.
    »Du bist plötzlich so aufgedreht, Liebling«, sagte er.
    »Ich freue mich auf den Tanzabend. Ich sehe gern solche exotischen Tänze. Und in den Pausen und hinterher gehen wir aufs Parkett, nicht wahr?«
    »Wenn es dir Spaß macht.« De Jongh nickte. Er liebte das Herumhüpfen, wie er es nannte, nicht. Er war ein miserabler Tänzer, hatte als junger Bursche nie eine Tanzschule besucht. »Den Schmiedehammer mußte ich schwingen«, sagte er, wenn davon die Rede war, »und dann die Werkstatt aufräumen. Von wegen Tanzen lernen! Mein Vater hätte mir eine

Weitere Kostenlose Bücher