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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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verbessern kann«, war ihre stehende Wendung. Auch der betroffene U-Bahnfahrer tat ihr nicht leid. »Diese Arschlöcher streiken dauernd, und ick vadiene in die Zeit keene müde Mark.« Obwohl sie tagtäglich mit Cent und Euro umgehen musste, kam sie von der alten Währung nicht los. Was sie nicht verknusen konnte, waren die Mütter, die ihrer Brut immer Puderzucker in den Hintern bliesen und so taten, als sei ihr Gör etwas absolut Einzigartiges. Besonders schlimm waren die Schlunzen mit den Wickeltüchern. »Mann, wir sind hier nicht bei die Hottentotten!«, entfuhr es ihr da mitunter schon mal. Auf ihrer Abschussliste standen auch die alten Weiber, die vor ihrem Kiosk stehen blieben, nüscht kooften, aber fürchterlich schnatterten, ebenso wie die jungen Schnepfen, die alle so aussahen, als würden sie bei Deutschland sucht den Superstar mitmachen und sich den Sieg dadurch erhofften, dass sie mit Dieter Bohlen ins Bett gingen. »Verpisst euch, ihr Nutten!« knirschte sie da. Was sie auch gewaltig nervte, waren die Fahrgäste, meistens Männer, die ruhelos von einem Ende des Bahnsteigs zum anderen liefen. Oft dachte sie, die wollten schnell zu ihr, um was zu kaufen, bevor der Zug einlief, doch denkste! Allerdings pflanzten sich die meisten Fahrgäste irgendwohin oder blieben stehen, wo sie waren, bis der Zug stand. Die guckten dann richtig wie in Trance. Andere wieder, die Fußschwachen, fielen auf die erstbeste Bank und dösten vor sich hin. Es gab aber auch fleißige Menschen, die nutzten die Wartezeit, um Hausaufgaben zu machen, Fachbücher zu lesen oder bedeutsame Daten in ihren Laptop zu tippen. Manche packten auch ihre Stullen aus und mampften oder kamen mit ihrer Currywurst auf den Bahnsteig. »Arschlöcher«, murmelte sie in diesen Fällen immer. »Kooft euch lieba ’n Schokoriegel bei mir.« Ihren größten Spaß hatte sie an den Fahrgästen, denen der Zug vor der Nase weggefahren war. Die einen waren so wütend, dass sie nahe daran waren, mit dem Fuß gegen die Tür zu treten, die sich haarscharf vor ihnen geschlossen hatte, die anderen taten so erhaben wie eine Katze, die gerade ihre Beute verfehlt hatte. Hannelore Velkoborski bedauerte nur, dass der nächste Zug bereits in fünf Minuten kam und nicht erst in 50.
    Groß war ihr Blickfeld leider nicht, denn eine Reihe stabil ausgeführter Mittelstützen zog sich von ihrem Kiosk bis zum Ausgang. Links von ihnen hatte sie den Bahnsteig Richtung Rudow und den Gang zur U4 im Auge, rechts den Bahnsteig der U7 in Richtung Rathaus Spandau und den westlichen Ausgang des Bahnhofs Bayerischer Platz. Links gab es da die Treppenstufen und rechts die nach oben führende Rolltreppe.
    In dem Augenblick, in dem sie wieder einmal Zeit hatte, zum Ausgang zu sehen, kam ein Mann die Treppe herunter, den sie nicht nur vom Fernsehen her kannte, sondern auch von kleineren Plaudereien: der Rechtsanwalt Bernhard Jöllenbeck, der oben in der Aschaffenburger Straße seine Kanzlei hatte und immer mit der U-Bahn fuhr, wenn er fürchtete, bei einem Termin vor einem Gerichtsgebäude wie nach der Heimkehr vor seiner Kanzlei keinen Parkplatz zu finden.
    »Na, wie geht’s, Frau Velkoborski?«, fragte er, nachdem er an ihren Kiosk getreten war, um eine überregionale Tageszeitung und eine Rolle Pfefferminzbonbons zu kaufen, wobei er, da er aus der Nähe von Hamburg kam, das V wie ein F aussprach.
    »Danke, für die jütige Nachfrage, Herr Anwalt: jlänzend! Wie sollt et ooch anders sein, wenn mal eena kommt, der meinen Namen richtig ausspricht.« Die Berliner nahmen bei Namen das V immer als W, denn keinem Jungen konnte man zumuten, Fiktor gerufen zu werden.
    »Aber gerne, ja, an Ihnen ist doch nun gewiss nichts Welkes.«
    Da strahlte sie und erließ ihm, da er es nicht passend hatte, die fehlenden zehn Cent. »Damit Se sich wieder mal ’ne Taxe leisten können.«
    »Das ist es nicht, Frau Velkoborski, aber wenn man als Anwalt die Leute verstehen will, muss man sich immer mal wieder unters Volk mischen.«
    Das gefiel ihr, und sie wünschte ihm noch einen guten Tag und viel Erfolg vor Gericht, ehe der nächste Kunde, der seinen Zug nahen hörte, Jöllenbeck zur Seite drängte.
    Als der Mann wieder abgetreten war, sah sie, dass Jöllenbeck von einem Jungen in Baggy Pants angesprochen, ja, angepöbelt wurde. Es gab einen heftigen Streit, ohne dass sie ein Wort verstanden hatte. Der Junge riss Jöllenbeck am Jackett, der Anwalt wehrte sich.
    Dann, als sie sich umdrehte, um dem eiligen

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