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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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der Leon Völlenklee arbeitete, nannte sich zwar hochtrabend CompWorld und versprach auf ihrer Homepage Softwareentwicklungen und Systemlösungen für große Firmen, war aber in Wahrheit nur eine Klitsche, in der überwiegend Heimcomputer repariert wurden. Der Chef, ein ebenso verschlamptes Genie wie Völlenklee, hatte dazu extra eine Software entwickelt, sodass auch weniger begabte Techniker schnell ans Ziel kamen. Völlenklees Aufgabe war es, schrottreife Rechner, die sein Chef überall einsammeln ließ, wieder so herzurichten, dass man sie vorn im Laden als quasi neu verkaufen konnte und gegen die großen Märkte eine Chance hatte. Er fühlte sich bei dieser Tätigkeit in etwa wie ein Nobelpreisträger für Literatur, der einen Werbetext für die Blutwurst seines Fleischers schreiben sollte, und litt Tag für Tag darunter, hatte jedoch nie die Kraft gefunden, zu neuen Ufern aufzubrechen. Henning Hanke hatte einmal gesagt, dass es, wenn er mit ihm, Leon Völlenklee, als Vorbild einmal einen Roman schreiben würde, nur einen Titel dafür gäbe: Genie und Trägheit. Für Völlenklee war klar, dass er bei SAP im Nu zum Chefentwickler aufgestiegen wäre, wenn er nur gewollt hätte. Allerdings schreckte er vor dem Trubel und den Intrigen in einer Weltfirma zurück wie vor dem Sprung in eine Schlangengrube.
    Was er da mit Dr. Narsdorf und den anderen trieb, war ihm eigentlich wesensfremd, weil er seinen Bau verlassen und agieren musste, zugleich genoss er aber den Ausnahmezustand, in den er sich versetzt hatte, denn seit er Narsdorfs Computer geknackt hatte, war er eigentlich ununterbrochen high. Er hätte nie geahnt, dass es mit solch einem immensen Lustgewinn verbunden war, ein Verbrechen zu begehen. Der Verbrecher konnte sich rächen, er konnte sich am Anblick derer weiden, die ihm Schaden zugefügt hatten und sich nun krümmten, er konnte sich an den Geldscheinen erfreuen, die er im Portemonnaie hatte, er konnte die Spannung genießen, ob er nun gefasst wurde oder nicht, er wuchs zum Titanen, er hatte das höchste Ziel erreicht, das Menschen in diesen Zeiten haben konnten: außergewöhnlich zu sein.
    In dieser Stimmung fuhr Völlenklee nach Feierabend mit der U-Bahn bis zum Fehrbelliner Platz und lief die Barstraße entlang. Hinter dem Friedhof am Krematorium Wilmersdorf überquerte die U3 den Fennsee, eine eiszeitliche Rinne, die unter einer Brücke lag. Auf dieser Brücke wollte er um 18 Uhr mit Dr. Mägdesprung zur zweiten Geldübergabe zusammentreffen. Er lehnte sich an die steinerne Brüstung und wartete.
    Auf die Minute pünktlich hielt Mägdesprung mit seinem BMW am Kantstein und kurbelte das Fenster herunter. Völlenklee machte ein paar Schritte zu ihm hin und ließ dabei seinen Rucksack über die Schulter gleiten. Einmal, um das Geld, das der Chirurg ihm überreichen würde, schnell verschwinden zu lassen, zum anderen, um eine Art Schutzschild zu haben, wenn der andere wider Erwarten die Nerven verlieren und auf ihn feuern würde.
    »Dr. Mägdesprung?«, fragte er.
    »Wollen Sie nicht endlich mit ’ner Therapie anfangen, anstatt mein ganzes Geld für neuen Stoff …«
    Völlenklee hielt ihm den offenen Rucksack hin. »Irrtum, wir sind keine Junkies, sondern nur welche, die wissen, wo’s langgeht. Wie andere auch in diesem Lande.«
    Mägdesprung konnte sich kaum beherrschen und machte die berühmte Bewegung mit der flachen Hand an der Kehle vorbei. »Ich könnte Sie …«
    »Bei Ihnen auf dem OP-Tisch?« Völlenklee konnte nicht anders, als darauf mit beißendem Spott zu reagieren. »Aber bei mir hätten Sie nicht so viel Freude wie bei Ihren Patientinnen. Kehle ist nicht gleich Kehle.«
    »Was weißt du kleines Arschloch denn schon vom Leben? Sieh dich bloß vor … Du … du …« Damit spuckte er Völlenklee mitten ins Gesicht.
    »Danke.« Völlenklee behielt die Nerven und wischte sich den Speichel mit dem Hemdsärmel ab. Einiges blieb an den Fingern kleben. »Prima, kann ich das Geld besser zählen. Jetzt ist Schluss mit dem Vorspiel, sonst …«
    Mägdesprung konnte sich noch immer nicht überwinden, den Umschlag, in dem die Geldscheine steckten, aus dem Handschuhfach zu nehmen. »Lieber zeige ich dich an, als dass ich …«
    »Bitte, tun Sie das.« Völlenklee genoss die Szene. »BILD zahlt für meine Exklusivgeschichte das Vielfache von dem, was Sie mir gleich in die Hand drücken werden. Da wird zwar nur stehen, der Schönheitschirurg Dr. Martin M. mit seiner Schönheitsfarm in der Villenkolonie

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