Promijagd
nur, dass wir wissen, was die beiden vorhaben. Möglicherweise jedenfalls. Die Frage ist nur, ob wir uns nun Karten auf dem Schwarzmarkt besorgen, Dr. Narsdorf wird’s schon bezahlen, oder einfach wieder abziehen?«
»Viel spannender ist doch, was die beiden machen«, sagte Orlando. »Haben sie sich Karten besorgt, dann ist anzunehmen, dass das zu ihrem Plan gehört: Sich das nächste Opfer mal aus nächster Nähe ansehen.«
Mannhardt spielte Staatsprüfung mit seinem Enkel. »Herr Kandidat, so ganz befriedigt mich Ihre Antwort noch nicht. Die beiden können durchaus auch Dauerkarten haben, das heißt, sie wären auch zu diesem Spiel gegangen, wenn es keine Erpressungen geben würde.«
Gerade passierten Völlenklee und Corinna die Kontrollen und verschwanden in der Halle.
»Ich möchte zu gerne wissen, ob sie jemanden von den Alba-Spielern auf dem Gang zur Kabine ansprechen«, sagte Mannhardt.
Orlando konnte einen spöttischen Unterton nicht unterdrücken. »Ja, und dem zittern nachher beim Freiwurf die Hände und der Ball geht nur an den Ring.«
»So ist es.«
Mannhardt beschloss, eine horrende Summe zu investieren, und suchte sich einen der Schwarzhändler aus, um zwei Karten zu kaufen.
Es war keine schlechte Entscheidung, denn am Montag lautete im Sportteil der Berliner Zeitung die Überschrift ganz lapidar ›Zitternde Hände‹. Nachdem die Albatrosse die Oldenburger anfangs klar beherrscht hatten, verloren sie nach der Halbzeit völlig den Faden und unterlagen mit 73:79.
Sie rätselten auf dem Nachhauseweg noch lange, ob das wohl an Völlenklee gelegen haben mochte, als jemand Mannhardt an einer Ampel kurz vor dem Bahnhof Schönhauser Allee kräftig in die Hacken trat. Als er herumfuhr und aufbrausen wollte, erkannte er seinen Ex-Kollegen Gunnar Schneeganß.
»Sag mal!«
»Entschuldige, aber du hast plötzlich gebremst.« Mannhardt streckte Schneeganß die Hand hin. »Ich weiß, du wolltest mir in den Hintern treten, hast nur nicht richtig gezielt.«
»Meine Schießleistungen waren immer besser als deine!«
Mannhardt lachte. »Ja, mit der Pistole, aber nicht mit dem Fuß.«
»Dein Sohn?«, fragte Schneeganß mit Blick auf Orlando.
»Nein, mein Enkel, mein Sohn ist nur halb so alt.«
Schneeganß brauchte einen Augenblick, um das auf die Reihe zu bringen. »Ja, ich erinnere mich, dass du noch mal …«
Mannhardt dachte nicht so gern an die Zeit zurück, in der sie gezwungen gewesen waren, miteinander zu kooperieren. Heike gegenüber hatte er von Schneeganß immer nur als ›arrogantem jungen Schnösel‹ gesprochen und eine alte Berliner Wendung hinzugefügt: ›Wat der sich einbildet, det möchte ick sein.‹ Nun konnte er sich versöhnlich geben und den anderen gleichzeitig etwas aushorchen. »Was macht der Dienst? Wie weit seid ihr im Fall Jöllenbeck gekommen?«
Schneeganß zuckte mit den Schultern. »Der Dienst? Immer weniger Leute für immer mehr Aufgaben, aber in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes ist es ja noch viel schlimmer als bei uns. Und Jöllenbeck? Tja … Wir sind bisher keinen Schritt weitergekommen, trotz Video-Aufzeichnung und Zeugenaussagen.«
»Und Selbstmord?«, fragte Mannhardt. »Hat er denn einen Abschiedsbrief hinterlassen?«
»Nein, wir haben nichts gefunden.«
Mannhardt nickte. Damit konnte er zufrieden sein. Wenn Jöllenbeck in einem Abschiedsbrief geschrieben hätte, er würde sich vor den Zug werfen, weil er erpresst werde, wäre das für Narsdorf nicht gut gewesen.
*
›Oma, ich langweile mich …‹ – ›Dann geh auf die Straße runter, zieh deine Sachen aus, leg sie hin und pass auf, dass sie dir keiner klaut.‹
An diesen Scherz seiner Großmutter musste Mannhardt denken, als sie auch heute wieder in der Dieffenbachstraße standen und auf Völlenklee und/ oder seine Freundin warteten.
»Zu vermuten ist ja, dass er sich heute an einen der
Basketballer heranmachen wird«, sagte Orlando.
»Zu blöd, dass Narsdorf nicht so viel Vertrauen zu uns hat, uns alle seine Patienten und ihre Berufe aufzulisten!«, schimpfte Mannhardt. »Wenn er uns schon beauftragt, ihn zu retten, dann auch richtig und nicht nur halb.«
Orlando nahm seinen Doppelpartner in Schutz.
»Er hat Angst, dass es bei uns eine undichte Stelle gibt und er eventuell …«
»Das ist Unsinn! Seine Sprechstundenhilfen kennen doch auch seine Patienten. Konsequent gedacht dürfte ja nicht mal er selbst wissen, wer zu ihm kommt und Hilfe sucht.« Mannhardt redete sich
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