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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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über die temperamentvollen Berliner mit Migrationshintergrund, denn er konnte den Mann mit ›seiner Kastratenstimme‹, wie er das ausdrückte, nicht ausstehen.
    ›Ich kann nicht mehr sehen‹, sang Grönemeyer zum wiederholten Male an diesem Tage.
    »Dann geh doch mal endlich zum Augenarzt, du Idiot!«, schrie Grätz und schaltete das Radio aus.
    Das Telefon klingelte; als Schneeganß abnahm, war einer seiner Vorgesetzten am Apparat und fragte nach, ob es im Fall Jöllenbeck Neuigkeiten gäbe.
    »Nein, auch in der Zeitung stand nichts weiter.« Schneeganß gehörte zu der Generation, die keineswegs automatisch Haltung annahm, wenn sie es mit einem Oberen zu tun hatte.
    »Dann sorge bitte dafür, dass bald etwas reinkommt.«
    »Zu Befehl!«, rief Schneeganß. »Wenn du uns eine Dienstreise nach China genehmigen würdest.«
    »Warum denn das? Wollt ihr an den Olympischen Spielen teilnehmen – beim Beamten-Mikado?«
    »Ha, ha, ha! Dreimal pflichtschuldig gelacht. Nein, in seiner Kanzlei haben uns die Damen erzählt, dass der Mann, der Jöllenbeck am besten gekannt hat, sein ehemaliger Lebensgefährte sein dürfte – und der weilt gerade in Peking und Umgebung.«
    »Und wer ist das?«
    »Ein Ingenieur für Solartechnik.« Schneeganß wühlte in den Papieren, die auf seinem Schreibtisch lagen. »Der Name fällt mir im Augenblick nicht ein.«
    »Schwanz«, sagte Grätz.
    »Nein, das war der Bordellbesitzer, der …« Aber nun zündete es bei Schneeganß. »Schwenz, Werner Schwenz. Wir werden ihn sofort befragen, wenn er wieder in Berlin ist. Ich rufe gleich noch mal in seiner Firma an.«
    Das tat Schneeganß dann auch, und es stellte sich heraus, dass Schwenz vor drei Tagen nach Berlin zurückgekehrt war. Sie machten sich auf den Weg in die Oberlandstraße, wo die Firma angesiedelt war, in der Schwenz arbeitete. Als sie aus dem Dienstgebäude traten, mussten sie zur Seite springen, weil ein Radfahrer direkt auf sie zuhielt. In Berlin hatte es sich bei den Radfahrern eingebürgert, alle Bürgersteige zu Radfahrwegen zu machen und die Fußgänger als Slalomstangen zu betrachten.
    »Arschloch!«, rief Grätz dem jungen Mann hinterher, der ihm um ein Haar die Wade abgefahren hätte. »Und komm gut unter den nächsten Lastwagen!«
    Schneeganß hatte keine Lust, sich Gedanken über die optimale Route zur Oberlandstraße zu machen und tippte ihr Ziel in sein Navigationsgerät ein. »Bis zur Martin-Luther-Straße und dann am Innsbrucker Platz auf die Autobahn rauf.«
    »Was für ’ne Überraschung!«, rief Grätz. »Ohne dieses Dings wären wir doch glatt über den Berliner Ring gefahren, oben in Frohnau rauf und dann unten bei Schönefeld wieder runter.«
    »Besser Hightech als Kirchheim-Teck«, sagte Schneeganß, denn dort war seine Tante Helga an Berlin-Entzug gestorben.
    Sie fanden den Ingenieur Werner Schwenz in einer jener mittelständischen Zuliefererfirmen, die eigentlich nur aus einem grauen Kasten mit unterschiedlich angeordneten Fenstern und einer Eingangstür bestanden.
    »Das ist ein so schöner Mann, dass ich …«
    »Halt’s Maul, Mensch!«, zischte Schneeganß.
    Wie immer, wenn sie auf einen Schwulen trafen, hatte er Angst, dass Grätz mit einer seiner gefürchteten Bemerkungen ins Fettnäpfchen trat und ein Disziplinarverfahren heraufbeschwor.
    Sie stellten sich vor, und Schwenz ging mit ihnen in den Konferenzraum, wo sie ungestört miteinander reden konnten.
    »Wir sind wegen Bernhard Jöllenbeck hier«, sagte Schneeganß. »In seiner Kanzlei hieß es, Sie sollten am besten über ihn Bescheid wissen. Ansonsten habe er sehr zurückgezogen gelebt.«
    Schwenz lachte. »Zurückgezogen ist gut – bei seinen dauernden Auftritten als Politiker.«
    »Sie meinen in der NeoLPD?«, fragte Schneeganß.
    »Ja.« Schwenz verzog angewidert das Gesicht. Schneeganß hakte nach. »Die Partei war dann auch der Grund, dass Sie sich getrennt haben?«
    »Nein, das waren die kleinen Jungs, von denen er nicht lassen konnte.«
    »Kennen Sie vielleicht zufällig den hier?« Schneeganß zog ein Foto heraus, das ihnen ihre Techniker anhand der Videoaufzeichnung der BVG angefertigt hatten.
    Schwenz nahm das Bild und betrachtete es mit zusammengekniffenen Augen. »Nein, auf den ersten Blick nicht … Das ist auch alles zu klein und grobkörnig. Vielleicht ist es auch gar kein Junge, sondern der Vietnamese, der Rache geschworen hatte.«
    »Auch ein Stricher?«, fragte Grätz.
    »Nein, ein Zigarettenhändler, bei dem Jöllenbeck den

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