Promijagd
schön, wenn jemand kommt … Siehe Sex and the City …« Er wartete, bis das Gelächter verstummt war. »Ich freue mich, und es ist mir eine Ehre, Basmath mit ihren Bildern heute bei uns zu sehen. Sie ist unsere Entdeckung des Jahres. Ihre Biografie findet ihr, sofern ihr sie nicht schon kennt, in diesem Flyer. Basmath ist ein Name aus dem Alten Testament, aus dem ganz alten Testament sozusagen, denn der Name findet sich bereits im 1. Buch Mose, 26. Kapitel.«
»Kommt also nicht vom Basmati-Reis!«, rief ein Kultur-Journalist.
»Nein. Und unsere Basmath ist auch keine Inderin, sondern eine autochthone Deutsche aus Neukölln-Nord. Ihr Vater war Tierpfleger im Zoo, genauer gesagt im Aquarium, und Basmath, die ihn oft besucht hat, war schon als Baby fasziniert von Spinnen, Käfern, Fliegen und anderen Haustieren dieser Art. Insekten sind somit früh ›passion and obsession‹ bei ihr geworden, und das ist gut, sonst hätten wir ihre wunderbaren Bilder nicht, die demnächst auch London und New York erobern werden. Aber ihr Start war Berlin. Bevor wir uns nun gemeinsam Basmaths Bilder ansehen und uns nachher auf das Kalte Büffet stürzen, wollte ich euch mit einer kleinen geistigen Vorspeise erfreuen. Ursprünglich hatte ich meinen Freund Henning Hanke zur Lesung einer Kurzgeschichte eingeladen, doch Henning ist ja … Ach, das wisst ihr ja alle. Nun, eingesprungen für ihn ist -ky, der eine Story geschrieben hat, die voll und ganz zum Thema passt. Sie heißt …«, er blickte auf seinen Spickzettel, »›Das Massaker von Wolkenstein‹ und handelt von mörderischen Fruchtfliegen.«
Corinna ließ die Lesung über sich ergehen, musste jedoch mittendrin auf die Toilette. Als sie in den Ausstellungsraum zurückkehren wollte, lief sie Dr. Narsdorf in die Arme. Beide wichen ein Stück zurück.
»Sie hier?«, rief Corinna.
»Ja, der Galerist ist aus meinem Tennisverein, da hat sich das nicht vermeiden lassen.« Narsdorf hatte sich sehr schnell wieder gefangen.
»Ich bin hier, weil Basmath eine alte Freundin von mir ist«, erklärte Corinna, »nicht Ihretwegen.« Das wäre auch schlecht gegangen, weil sie gar nicht hatte wissen können, dass er auch da sein würde. Sie registrierte genau, dass sie wirres Zeug zu reden begann.
»Schade.«
Corinna wusste nichts zu entgegnen. Narsdorf sah sie so an, wie Männer Frauen ansehen, mit denen sie liebend gern ins Bett gegangen wären. Das irritierte sie mehr als der Gedanke, dass er eigentlich ihr Opfer war.
»Wo ist denn der Herr Völlenklee?«, fragte Narsdorf. »Sie haben sich doch nicht etwa von ihm getrennt?«
»Nein, wieso?«
»Weil Ihnen das nur gut tun würde. Mit der Erpressung sind Sie in etwas hineingerasselt, das gar nicht zu Ihnen passt.«
Endlich hatte Corinna ihre Sprache wiedergefunden. »Sie müssen das ja wissen, Sie sind ja Psychologe.«
»Das bin ich, und als ein solcher sage ich Ihnen: Wenn Sie leben wollen, machen Sie sich frei von Völlenklee.«
Corinna lachte. »Sie wollen uns ja nur auseinanderbringen, damit wir aufgeben.«
22
Leon Völlenklee lehnte schwer atmend an der Wand seines Hausflures. Er fürchtete einen Herzinfarkt. Als Bulkowski auf ihn zugerast war, hatte er wirklich geglaubt, der Kugelstoßer würde ihn über den Haufen fahren und töten. Erst in allerletzter Sekunde hatte Bulkowski gebremst und ihn nur leicht mit der Stoßstange am linken Schienbein erwischt. Es schmerzte höllisch. Er löste sich von der Wand, um nach oben zu gehen, kam jedoch nur bis zur Treppe. Zu schlapp, um hinaufzusteigen, setzte er sich zunächst auf die unterste Stufe, um tief durchzuatmen und zu warten, bis sich sein Pulsschlag wieder etwas normalisiert hatte. Allerdings dauerte das, da eben zu viel Adrenalin ausgeschüttet worden war.
Nach kurzer Zeit sah er einen Mieter die Treppen hinuntersteigen und wie er in jeder Hand einen prall gefüllten blauen Müllsack mit sich schleppte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als aufzustehen und den Mann vorbeizulassen. Langsam nahm er Stufe für Stufe und glitt mit der rechten Hand über das Geländer, um schnell zupacken zu können, wenn ihm wieder schwindlig werden sollte. Er hatte nur noch den einen Wunsch, sich oben auf die Couch zu legen, die Beine auszustrecken und den Fernseher einzuschalten. Das Fußballspiel würde ihn ablenken.
Doch was war das? Er bekam den Schlüssel nicht ins Schlüsselloch. Hatte Corinna drinnen den Schlüssel stecken lassen? Nein, unmöglich, sie war ja bei Basmath. Er
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