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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Kerze in die U-Bahn hinunter.
    Bis zum Bayerischen Platz waren es nur zwei Stationen. Er stieg aus und blieb etwa zehn Meter hinter dem Führerstand stehen. Hier musste es geschehen sein. Als der Zug den Bahnhof verlassen hatte, kniete er nieder, legte die Rose auf den Boden und entzündete die Kerze. Mehrere Fahrgäste beobachteten ihn. Keiner sagte etwas.
    Mit einem Mal standen zwei Uniformierte vor ihm. Sie trugen Baretts wie schneidige Panzerjäger, waren allerdings jeweils Dick und Doof in einer Person.
    »Was soll das?«, fragte der erste Mann von der Security.
    »Mein bester Freund ist hier ums Leben gekommen«, antwortete Schwenz.
    »Ihr Freund?«, rief der zweite Mann von der Security, und Schwenz sah ihm sein Bedauern an, dass die Zeiten vorüber waren, in denen man Schwule ins KZ gesteckt hatte.
    »Ja, er ist hier ermordet worden«, wiederholte Schwenz.
    Der Erste stieß die Blume zur Seite und trat die Kerze aus. »Das ist Transportgefährdung! Da stolpern Leute drüber und stürzen auf die Gleise. Nehmen Sie das weg!«
    Da kam Hannelore Velkoborski aus ihrem Kiosk gestürzt und schrie die Securitymänner an, dass sie sich was schämen sollten. Sie bückte sich und hob Blume und Kerze auf.
    »Kommen Sie, Herr …« Sie zog Schwenz mit in Richtung Kiosk. »Hier bei mir können Sie …Schön, dass einer so an Herrn Jöllenbeck denkt. Das war ein feiner Mensch. Und ich bin immer noch der Ansicht, dass ihn dieser Junge vor den Zug gestoßen hat.«
     

24
     
    Nicole Leckscheidt war froh, dass endlich Halbzeit war. Sie selbst interessierte sich kaum für Fußball, hatte dahingegen als Millie Malorny ständig Statements abzugeben, dass sie ›unsere Jungs‹ total verehrte und durch die Bank geil fand. Gleich nachdem ihr Corinna den Erpresserbrief in die Hand gedrückt hatte, war sie zu Steve, ihrem Manager, gefahren, der jedoch viele Gäste zum Deutschland-Spiel eingeladen hatte und erst jetzt Zeit für sie fand. Er wohnte in einem Loft am Spreeufer und war mit ihr ins Schlafzimmer gegangen, wo man ungestört miteinander reden konnte.
    Sie reichte ihm den Ausdruck ihrer Krankengeschichte hinüber. »Hast du alles gelesen?«
    Steve nickte. »Was meinst du, was mit dir los wäre, wenn du Kunstgeschichte studiert hättest oder Anglistik? Meinst du, du hättest keine Probleme im Museum oder als Lehrerin? Wenn du überhaupt eine Stelle bekommen hättest, was zu bezweifeln ist.«
    »Ich wollte Jura studieren und Richterin werden«, wandte sie ein.
    »Da wärst du mit Sicherheit auch bei Narsdorf gelandet, aber mit Hartz IV und nicht mit Aussicht auf einen Platz in den Charts und Zehntausenden Euros auf dem Konto.« Er begann das Lied zu singen, von dem er annahm, dass es Millie Malorny endlich ganz weit nach vorne bringen würde. »Siehst du einen Mann, und er blickt dich nicht an – gib nicht auf, du wirst es schaffen! Willst du ein großer Star sein, und die Jury sagt dir: Nein – gib nicht auf, du wirst es schaffen!«
    »Ich bin nicht meine Zielgruppe«, sagte sie und schwieg.
    Unten auf der Spree zogen Schiffe vorbei, die Leute auf dem Deck schienen allesamt glücklich zu sein. Nur sie war es nicht. Weil sie auf dem falschen Dampfer saß. Mit dem vielen Geld auf dem Konto wurde es zudem nichts, falls sie den Erpressern regelmäßig etwas überweisen musste.
    »Du bist nicht deine Zielgruppe«, wiederholte Steve. »Aber deine Zielgruppe kann dir goldene Eier legen. In fünf Jahren hast du so viel Geld beisammen, dass du 20 Semester Jura studieren kannst.«
    »Bis dahin bin ich eine Art Prostituierte.«
    Steve lachte. »Was du von deinen Verehrern in die Hand nehmen musst, ist nur ihr Kugelschreiber – zum Autogramme schreiben – und nicht ihr Ding.«
    »Komm, das ist nicht mein Niveau.«
    »Nein, Frau Leckscheidt, ich weiß.«
    Sie starrte weiter auf den Fluss hinunter. »Sollen wir nun zahlen oder nicht?«
    »Nein, wir zahlen nicht, wir treten die Flucht nach vorne an.«
    Nicole Leckscheidt runzelte die Stirn. »Du willst Völlenklee und seine Freundin doch nicht etwa …?«
    »Zur Strecke bringen? Klar will ich das. Aber nicht mit dem Messer oder dem Revolver, sondern mit Hilfe unserer Medien.«
    »Wie das?«
    »Indem ich meine Kontakte nutze. Wir geben es an die Presseagenturen weiter, dass du erpresst wirst, und ich sorge dafür, dass jemand für viel Geld die Exklusivrechte bekommt.«
    »Ich will nicht, dass das ausgeschlachtet wird!«, rief Nicole Leckscheidt und zerriss ihre Krankengeschichte.
    Steve

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