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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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früh von der Schule gehen und ihre Brötchen als Verkäuferin in einer Bäckerei verdienen. Das ist nun vorbei, und mit dem, was sie von ihrer Plattenfirma überwiesen bekommt, hat sie sich in der letzten Woche ihre alte Bäckerei gekauft. Derzeit ist sie dabei, mit ihrem neuen Song ›Gib nicht auf‹ die Charts zu stürmen.‹
    Corinna steckte die Zeitung, die sie vom Boden aufgehoben hatte, in den Abfallkorb. Was war Wahrheit und was der Fantasie dieses Managers entsprungen, das war hier die Frage. Fakt war jedenfalls, dass über sie selbst und ihre Arbeiten noch kein Blatt etwas geschrieben hatte, und wenn sich jetzt in der Musikabteilung des Kaufhauses vor der kleinen Bühne, auf der Millie Malorny hinter einem kleinen Tisch Platz genommen hatte, an die 100 Jugendlichen drängten, dann konnte sie das nicht mit ansehen, ohne neidisch zu sein. Völlenklee dagegen verfolgte die Autogrammstunde mit demselben Interesse, mit dem er zugesehen hätte, wie sich eine Kuhherde an der Tränke sammelte. Menschen mit einem IQ unter 120 waren für ihn Idioten, und hier hatten sich 100 dieser Idioten zur Andacht getroffen.
    »Wie gehen wir am besten vor?«, fragte Corinna.
    »Soll ich mir ein Autogramm holen und ihr dabei unseren Briefumschlag mit ihrer Krankengeschichte und unserer Forderung über den Tisch reichen?«
    Völlenklee überlegte. »Nein, möglicherweise werfen sie das alles gleich in den Müll.«
    »Dann warte ich, bis sie mal auf die Toilette muss, und spreche sie da im Vorraum an.«
     

20
     
    Jemanden zu beschatten und ihm klarzumachen, wo die Musik spielte, hatte Maik Bulkowski als IM-Athlet früh geübt, und so fühlte er sich bei der Sache mit Völlenklee und seiner Tussi zurückversetzt in die guten alten Zeiten. Er seufzte. Wäre sein Staat nicht untergegangen, hätte er heute eine ruhige Kugel schieben können, so aber … Das vereinigte Deutschland war eine einzige Scheiße. In der DDR hätten sich solche Arschlöcher wie dieser Völlenklee nie getraut, Ärzte und andere Bürger zu erpressen, und wenn, dann hätten sie sich am nächsten Tag im Knast wiedergefunden.
    Er stieg in seinen Wagen, um Völlenklee und Corinna einen kleinen Hausbesuch abzustatten. Klingeln, sie zur Seite stoßen, wenn sie die Tür aufgemacht hatten, ihnen das zertrümmern, was gerade auf dem Tisch stand, mit dem Feuerzeug schnell etwas anzünden und mit dem Ruf »Letzte Warnung!« wieder raus aus der Wohnung, das war sein Plan.
    Als er sich in seinen Sitz fallen lassen wollte, bemerkte er, dass da noch die Tube mit Sekundenkleber lag. Den hatte er sich gestern gekauft, um an seinem Boot etwas zu reparieren, und anschließend vergessen. Er steckte ihn in die Brusttasche seines Hemdes.
    Von Kladow in die Dieffenbachstraße waren es an die 30 Kilometer. Eine Strecke. Idiotisch! Hätte dieser Penner nicht wenigstens in Spandau wohnen können! Zuerst musste Bulkowski durch ganz Gatow hindurch, und da war die Straße so schlecht, dass er Angst um seine angeknackste Bandscheibe haben musste. Danach auf der Heerstraße wurde es besser, jedoch war die so lang und öde, dass es ihn ebenso ankotzte. Am Funkturm ging es endlich auf die Stadtautobahn und auf dieser ungefähr 10 Kilometer bis zur Ausfahrt Tempelhofer Damm. Er fuhr weiter bis zur Gneisenaustraße, bog rechts ab und war nach weiteren anderthalb Kilometern endlich am Südstern. Nachdem er sich ein paar Mal verfranzt hatte, rollte er endlich durch die Dieffenbachstraße. Die Parkplatzsuche ersparte er sich. Für die drei Minuten, die er brauchte, um seinen Auftrag zu erfüllen, konnte er es auch riskieren, in zweiter Spur zu halten.
    Er sprang aus dem Wagen und lief zur Haustür. Das bevorstehende Spiel Deutschland gegen Portugal hatte die Straße ziemlich leergefegt. Bulkowski konnte es recht sein. Er vergewisserte sich, dass die Namen Völlenklee/Natschinski wirklich auf dem Klingelklavier standen, dachte jedoch nicht daran, auf den weißen Knopf daneben zu drücken, da die beiden den Teufel tun würden und ihn reinlassen. Stattdessen klingelte er irgendwo und sagte, als sich jemand meldete: »Werbung, bitte aufmachen!« Es summte und er konnte die Haustür aufdrücken. Im Flur standen etliche Kinderwagen. Am liebsten hätte er die alle angezündet, um das linke Pack, das hier wohnte, auszuräuchern.
    Bulkowski hasste das Treppensteigen. Trotz allen Trainings schnaufte er gehörig, sowie er oben angekommen war. Er musste einen Augenblick warten, bis sich sein Puls

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