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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bernays
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zielgruppengerichtet einsetzen. Die Öffentlichkeit besteht nicht einfach nur aus Demokraten und Republikanern. An Politik sind die Menschen heutzutage nicht sehr interessiert, und ihr Interesse an der Wahlkampagne muss sichergestellt werden, indem man die Anliegen der Kampagne mit den Interessen der Menschen in Einklang bringt. Die Öffentlichkeit setzt sich aus einander überlappenden Gruppen zusammen – ökonomische, soziale, religiöse, kulturelle, rassische, schulische, regionale, sportliche Gruppen und Hunderte andere mehr.
    Als Präsident Calvin Coolidge Schauspieler zum Frühstück einlud, tat er das, weil er verstanden hatte, dass nicht nur die Schauspieler eine Gruppe darstellten, sondern auch das Publikum. Damit konnte er vielleicht die vielen Menschen, die Unterhaltung mögen, und die die Menschen mögen, die sie unterhalten, für sich gewinnen.
    Das Sheppard-Towner-Mutterschaftsgesetz wurde verabschiedet, weil die Menschen, die für das Gesetz kämpften, wussten, dass Mütter, Erzieher und Ärzte jeweils eine eigene Gruppe bilden, die wiederum andere Gruppen beeinflusst; und dass sie alle zusammengenommen stark und zahlreich genug waren, um den Kongress davon zu überzeugen, dieses Gesetz zu nationalem Recht zu machen.
    Wenn die Leitziele und der Basisplan der Wahlkampagne verabschiedet sind und der Hauptansatzpunkt, mit dem an die Gruppen appelliert werden soll, definiert, muss die Botschaft passgenau jeweils über die Medien übermittelt werden, die sie am effizientesten zu den anvisierten Zielgruppen bringen.
    Eine politische Kampagne kann die Haushalte über viele verschiedene, deutlich profilierte Medien erreichen. Man initiiert zu diesem Zweck Ereignisse und Aktivitäten, über die die Ideen in Umlauf gebracht werden, und zwar auf unterschiedlichsten Wegen, vielfältig
    wie die menschliche Kommunikation in all ihren Spielarten. Alles, was öffentlich zugänglich Bilder transportiert oder differenzierte Geräusche macht, eignet sich dafür.
    Heute nutzt der Wahlkampfstratege in erster Linie Radio, Presse, den Bankettsaal, Massenversammlungen und das Rednerpult als Plattformen zur Verbreitung seiner Gedanken. Aber das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was möglich ist. Tatsächlich gibt es unendlich viele Ansätze, eine Kampagne angemessen zu inszenieren und zum Gesprächsthema zu machen. Ausstellungen, Wettbewerbe, politische Institute sowie die Kooperation mit Bildungseinrichtungen, die dramatisierende Zusammenarbeit mit Gruppen, die bis dato nicht aktiv in die Politik eingebunden waren, und vieles mehr kann als Vehikel zur Präsentation von Ideen dienen.
    Aber alles, was in dieser Hinsicht unternommen wird, muss exakt auf die übrigen Formen der Publikumsansprache abgestimmt sein. Nachrichten erreichen die Menschen über das gedruckte Wort – in Form von Büchern, Zeitschriften, Briefen, Plakaten, Rundschreiben und Bannern, Zeitungen; über Bilder – als Fotografien und Filme; über das Ohr – in Form von Vorlesungen, Reden, Tanzveranstaltungen, Radio, Wahlkampfliedern. All diese Mittel muss eine Partei nutzen, wenn sie Erfolg haben will. Jede einzelne Methode der Ansprache ist nur eine von vielen, und in einer Zeit, in der Tausende von Bewegungen und Ideen um die Aufmerksamkeit der Bürger buhlen, sollte man auf keinen Fall nur auf ein einziges Pferd setzen.
    Selbstverständlich können die Methoden der Propaganda beim Wähler nur erfolgreich sein, wenn sie seine Gruppenvorurteile und Wünsche berücksichtigen. Wo spezifische Abhängigkeiten und Loyalitäten existieren, wie überall, wo ein Chef die Führungsrolle einnimmt, werden diese Loyalitäten dazu führen, dass der freie Wille des Wählers neutralisiert wird. In der engen Beziehung zwischen dem Chef und seinen Untergebenen liegt natürlich die politische Macht seiner Stellung.
    Der politische Kandidat braucht sich von den Vorurteilen der Massen nicht zum Sklaven machen zu lassen, wenn er lernt, wie er seine eigenen Vorstellungen von der politischen Ordnung der Dinge so formuliert, dass sie sich mit den vorgefertigten Meinungen der Wähler verbinden lassen. Heute besteht die Herausforderung für einen Staatsmann nicht so sehr darin, die Wähler zufrieden zu stellen, sondern sie in seinem Sinne umzustimmen. Dieser erzieherische Prozess könnte theoretisch mithilfe von informativen Broschüren geschehen, die über anstehende politische Fragen detailliert und erschöpfend, aber trocken Auskunft geben. In der Praxis jedoch muss man

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